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Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig

Titel: Gestatten, Bestatter! - Bei Uns Liegen Sie Richtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Wilhelm
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dass ihr wohl niemand wirklich helfen könnte, solange sie das glaubte.
    Noch eine Stunde lang erzählte sie, und ich hatte den Eindruck, dass ihr das guttat. Dann mahnte ich zum Aufbruch, und sie nickte nur. Ich wollte sie nicht alleine lassen, weshalb ich mir keine Jacke von oben holte, sondern eine unserer Dienstjacken von der Garderobe im Flur nahm. Sie war mir etwas zu groß, aber es war ja späte Nacht, kurz vor zwei.
    Vor dem Haus hängte sich die Frau einfach bei mir ein, und ich hatte den Eindruck, dass sie fröhlich war; das Gehetzte war völlig von ihr gewichen. Ich sagte zu ihr: »Kommen Sie, wir gehen da drüben, da gibt es keine Kanaldeckel.« Sie strahlte mich an.
    Bis zur Hausnummer 29 war es nicht besonders weit, etwa zehn Minuten. Es war ein Mietshaus mit vier Klingeln. »Wo muss ich da klingeln?«, fragte ich: »Oder haben Sie einen Schlüssel?«
    Sie klingelte, und ich schaute auf den Namen an der Klingel. Den Namen kannte ich, wusste aber im Moment nicht, woher. Wenige Sekunden später ging das Licht im Treppenhaus an, und jemand kam herunter. Die Tür ging auf – und jetzt wusste ich auch, woher ich den Namen kannte: Der Mann war ein bekannter Stadtrat und ehemaliger Bürgermeisterkandidat. Mit einem Blick hatte er die Situation erfasst, nahm seine Frau und führte sie ins Haus. Mit einer Kopfbewegung bedeutete er mir, ihnen zu folgen. In der Wohnung sagte er: »Gehen Sie doch bitte geradeaus durch und nehmen Sie Platz, ich komme gleich.«
    Etwa fünfzehn Minuten dauerte es, bis er wiederkam: »Sie wird gleich einschlafen. Wenn sie ihre Mittel nimmt, dann geht es. Ich hoffe, sie hat Ihnen keine Umstände gemacht?«
    Ich verneinte, und er setzte sich mir gegenüber. Bis um halb vier erzählte er mir von seiner Frau und ihrer Erkrankung – eine leidvolle Geschichte voller Kummer und Aufregung. Sie hatte einmal Medizin studiert, und kurz vor dem Examen war das losgegangen mit den Wahnvorstellungen, nicht schleichend, sondern Knall auf Fall in voller Stärke. Seitdem gebe es nur zwei Zustände, berichtete mir der Mann. Entweder dämmere sie unter Medikamenteneinfluss wie ein Zombie dahin, oder sie lasse die Medikamente weg, dann habe sie einige Tage, an denen sie völlig normal scheint, bis es wieder so ist wie heute Nacht.
    »Aber was soll ich machen, ich liebe Katja eben«, sagte der Mann, und in diesem Moment hörte ich zum ersten Mal ihren Namen.
    Er tat mir leid.

Schwanenhals
Wenn ich etwas nicht ausstehen kann, dann ist das, wenn jemand über einen Toten despektierlich spricht. Das gilt umso mehr, wenn dieser Jemand in einem Bestattungshaus beschäftigt ist. Würde da einer meiner Angestellten über einen Verstorbenen scherzen, bekäme er es mit mir zu tun. Jeder hat es verdient, dass wir uns seiner mit Würde und Achtung annehmen. Deshalb erntete Fahrer Manni auch ein Stirnrunzeln von mir, als er eine Verstorbene als Giraffe bezeichnete. Aber er hatte recht.
    C hef, das ist ’ne Giraffe.«
    Das sagt Manni und meint es wirklich nicht despektierlich. Die Verstorbene hat wirklich einen ausgesprochen langen Hals, der darüber hinaus auch noch recht dünn ist. Ich glaube, man nennt das auch Schwanenhals. Ich weiß nicht, was sie zu Lebzeiten getragen hat, um das möglicherweise zu kaschieren, aber die Angehörigen haben uns ein etwas weiter ausgeschnittenes Nachthemd mitgebracht, und ich muss Manni zustimmen, das sieht unmöglich aus.
    Also ruft Sandy bei den Angehörigen an und erklärt vorsichtig die Situation, da muss man feinfühlig sein, schnell wird da auch was falsch verstanden.
    Ja, die habe immer Rollkragenpulis und Schals oder Tücher getragen, sagt der Witwer.
    Wir sollen halt irgendwas nehmen, Hauptsache sie sieht gut aus.
    »Ich habe bestimmt zehn Jahre nicht an der Nähmaschine gesessen«, brubbelt Frau Büser vor sich hin, Sandy ist sofort stiften gegangen, Nadel und Faden sind Fremdwörter für sie, und Antonia winkt nur ab, sie hasst Nähen. Dabei kam die Idee von unserem Dickerchen, Antonia hatte nämlich vorgeschlagen, einfach von einem preiswerten Totenhemd den Spitzenkragen mit den Rüschen abzutrennen und noch oben an den Rüschenkragen eines anderen Talars sozusagen als Verlängerung anzunähen.
    Bis Frau Büser den Faden in die Nähmaschine eingespannt hat, vergeht fast eine Viertelstunde, und dann sitzt sie verwirrt vor den vielen Schaltern und fragt nach der Bedienungsanleitung.
    Antonia legt ihr Schinken-Käse-Croissant aus der Hand, leckt sich die Finger ab,

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