Gestern fängt das Leben an
den ganzen Abend lang keinen Hehl aus ihrer gegenseitigen Abneigung machten. Nach unserer Flucht saßen wirhysterisch lachend im Auto und erinnerten uns gemeinsam an dieses schräge Lächeln von Henry.
«Sei nicht albern», sagt Jack und streicht mir über den Rücken. «Am 9. April heiraten wir. Könnt ihr euch schon mal merken! Wir laden jeden ein, den wir kennen!»
«Nicht jeden», widerspreche ich und fühle mich neben Jack plötzlich ganz klein.
«Also, im Country Club haben vierhundert Leute Platz», erzählt er Henry und Celeste, als sei dies ein hart errungenes Verdienst, mit dem man prahlen dürfe.
«Klingt ja toll», bringt Henry schließlich heraus.
«Ich würde es mir ja eigentlich etwas intimer wünschen», mische ich mich jetzt ein. Es ist mir so peinlich, dass ich zu Boden schaue. Ich möchte Henrys Blick lieber nicht begegnen.
«Also, wenn ich mal heirate, dann will ich die größte, dekadenteste Sause, die die Welt je gesehen hat», erklärt Celeste.
«Siehst du, Jill? Genau davon rede ich die ganze Zeit», lacht Jack. «Man tut es schließlich nur einmal, also was soll der Geiz?» Nach einer kurzen Pause fragt er: «Und? Wie lange seid ihr schon zusammen?»
Henry schüttelt beinahe unmerklich den Kopf, aber Celeste antwortet für sie beide: «Ach, erst seit ein paar Wochen. Wir haben uns bei einem Blind Date kennengelernt. Wir konnten es selbst kaum glauben, stimmt’s, Hen?» Sie pikt ihn in die Seite. «Ich meine,
endlich!
Endlich mal ein Date, auf dem ich mich nicht zwischendurch heimlich verdrücken musste.»
«Das stimmt», sagt Henry, der offensichtlich langsam seine Fassung zurückgewinnt, und legt ihr den Arm umdie Schultern. «Ich habe genug miese Dates hinter mir. Das musste sich doch irgendwann mal lohnen. Bei dem Einsatz.»
«Das ist wunderbar!», sage ich und lächle gezwungen. «Einfach wunderbar!» Ich klatsche sogar in die Hände.
«Ja, das finde ich auch.» Celeste wirft mir einen verschwörerischen Blick zu, als würden wir ein Geheimnis teilen. «Ich habe wirklich die Nase voll vom Suchen.»
«Und jetzt geht ihr schon gemeinsam Möbel kaufen?» Ich kann mich einfach nicht beherrschen.
«Nein, nein.» Celeste winkt mit der freien Hand ab. Die andere scheint an Henrys Hintern festgewachsen zu sein. «Ich brauche ein neues Sofa, und weil wir das Wochenende gemeinsam verbringen, hat Hen mich begleitet.»
Ich komme zu dem Schluss, dass ich sie verabscheuen würde, wenn sie nicht so zwanglos wäre.
Wahrscheinlich gehört sie zu den freien Geistern, die sich im Bett in ein wildes Tier verwandeln
, denke ich und schaue dann erschrocken in die Runde, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich meine Gedanken nicht vielleicht aus Versehen laut ausgesprochen habe. Aber scheinbar hat niemand etwas mitbekommen, denn Celeste nimmt die Hand aus Henrys Hosentasche (
wurde aber auch Zeit!
) und stellt sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.
«Jetzt komm», sagt sie und zieht an seiner Gürtelschlaufe. «Wir müssen mein Traumsofa finden, ehe es zu spät wird. Wir gehen doch nachher noch zu Darrens Party, schon vergessen?»
Darren? Wer zum Teufel ist Darren?
Ich lächle noch breiter. Wahrscheinlich sehe ich jetzt aus wie ein irregewordener Schimpanse. Meine Unterarmesind klebrig und heiß, und bestimmt haben sich schon Schweißflecken auf meinem Sweatshirt gebildet.
Beim Abschied beugt sich Henry vor, um mich auf die Wange zu küssen. «Gratuliere», sagt er. Mein Puls klopft so heftig an meinem Hals, dass er es auch spüren muss. «Ich bin mir sicher, wir sehen uns bald wieder», fügt er noch hinzu und schüttelt lachend den Kopf. «Denn wohin ich auch gehe, dir entkomme ich offenbar nicht, Jillian Westfield.»
«Das Gleiche könnte ich von dir behaupten», antworte ich und streiche mir unbewusst mit den Fingern über die Wange.
Henry und Celeste verschwinden um die Ecke, und ich sehe noch, wie er sich zu ihr beugt, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. Sie kichert, und ihre rote Haarpracht schwingt dabei herum, dass man meinen könnte, ihre Fröhlichkeit würde auf sanften Schwingen zurück bis zu der Stelle schwingen, wo Jack und ich jetzt stehen und den beiden nachsehen.
«Also gut, zurück zum Geschäft», sagt Jack und zeigt auf das sandfarbene Sofa vor uns. «Willst du das?»
Ohne zu zögern, setze ich mich hin und lasse die feuchten Hände unter meinen Oberschenkeln verschwinden.
«Ja.» Ich kann Jack nicht in die Augen sehen. «Das ist das Richtige für
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