Gestohlene Liebe - Naughton, E: Gestohlene Liebe
weiß.«
»Und, verdammt noch mal, wenn du dann rauskommst, hast du gar nichts.«
Das wusste Pete auch. Seine Zukunft war eine riesige schwarze Leere. Alles, wofür er gearbeitet hatte, dahin. Er hatte keine Ahnung, wie lange sie ihn hinter Gitter bringen würden, doch eins wusste er mit Sicherheit: Er schuldete ihr viel. Das hier war seine einzige Chance, zu versuchen, alles wiedergutzumachen. Wenn er die Sache mit ihr nicht so dermaßen verbockt hätte, würde sie jetzt nicht in diesem Schlamassel sitzen.
Er rutschte auf seinem Stuhl hin und her und hoffte, es seinem Freund begreiflich machen zu können. »Eine Frage, Rafe. Wenn es hier um Lisa ginge, wenn sie die Wahl hätte, entweder für den Rest ihres Lebens davonzulaufen oder von den Behörden fertiggemacht zu werden für etwas, das sie nicht getan hat, was würdest du tun?«
Schweigen.
Schließlich seufzte Rafe. »Ich würde alles tun, um sie zu schützen. Ich würde dafür alles aufgeben, was ich habe. Ich würde sogar meine Freiheit für sie opfern. Keine Frage.«
Pete schloss die Augen und unterdrückte den aufwallenden Gefühlsrausch. Sein Leben war bisher vielleicht ziemlich daneben gewesen, doch es gab zwei Menschen, die es zum Besseren verändert hatten. Einer davon schlief ein Stockwerk weiter oben. Der andere befand sich am anderen Ende der Leitung.
»Ich muss dich um noch einen Gefallen bitten.« Pete massierte sich den Nasenrücken und kniff die Augen fest zusammen, um sich nicht wie die sentimentale Heulsuse anzuhören, zu der er allmählich wurde. »Ich werde nicht da sein, um dafür zu sorgen, dass sie keine Schwierigkeiten bekommt. Und sie hat ein gewisses Talent dafür.«
»Ich werde ein Auge auf sie haben. Sie könnte Odyssey verkaufen«, gab Rafe zu bedenken.
Pete ließ die Hand sinken. »Sie gehört ihr, und sie kann damit tun, was sie will. Wenn sie verkaufen will, versuche nicht, sie davon abzuhalten. Es ist mir egal.«
»Großer Gott, Pete! Du warst nur zwei Tage mit ihr zusammen.«
Sechs Jahre, sechs Monate und zweiundzwanzig Tage, um genau zu sein. Pete wünschte nur, er könnte die letzten zwei Tage noch einmal zurückdrehen.
»Du musst sie wirklich lieben«, sagte Rafe ruhig, als Pete nicht antwortete.
Pete blickte zur Decke, dahin, wo er sich Kat schlafend vorstellte. Und sein Herz wurde fest zusammengedrückt. »Du denkst, ich verhalte mich wie ein Vollidiot, stimmt’s?«
»Nein, ich denke, du verhältst dich menschlich.«
Pete rechnete es Rafe hoch an, dass er nicht versuchte, ihm seine Entscheidung wieder auszureden, und als sie ein paar Minuten später auflegten, wusste Pete, dass sein Freund alles tun würde, worum er ihn gebeten hatte. Selbst inmitten der Turbulenzen aufgrund der Krankheit seiner Mutter gehörte Rafe zu der Sorte Freunde, auf die man sich verlassen konnte. Selbst wenn er der Meinung war, dass man sein bisschen Verstand verloren hatte.
Es war lange nach zwei Uhr morgens, als Pete schließlich das Licht ausmachte und auf die Treppe zuging. Nachdem er seine Entschlüsse gefasst hatte, gab es noch eine Person, mit der er reden musste, ehe der Morgen hereinbrach und sein Deal mit Slade Wirklichkeit wurde.
Hanif Busir blickte von dem schäbigen Sofa auf, auf dem er saß, und beäugte Minyawi am anderen Ende des Raums. Durch den Schlafmangel der letzten Tage, viel zu viele Fahrten und Flüge und vergebliche Versuche, eine lächerliche Ägyptologin auszutricksen, war er mit seinen Nerven völlig am Ende.
Sie hatten sich in einer Absteige von einem Motel irgendwo in Newark verkrochen und warteten auf Neuigkeiten von Kalim. Die Zimmerwände waren von einem schmuddeligen Gelb, und der schale Gestank von Zigarettenkippen schien allmählich in Busirs Poren einzusickern. Aber das war es nicht, was ihn bis aufs Blut reizte. Nein, es war der Blick nackter Boshaftigkeit in Minyawis kohlschwarzen Augen, während er Lauren Kauffman betrachtete, die, geknebelt und an Händen und Füßen gefesselt, auf dem Boden in der Zimmerecke lag, mit einer tief auf den Hüften sitzenden Stoffhose und sich stramm über die selbstbewusste Brust spannenden Bluse.
Ein widerliches Verlangen stand in seinem Gesicht, gepaart mit der Art von Rausch, der Vergewaltiger und Serienmörder antrieb. Busir hatte gehört, was Minyawi mit Frauen und Kindern gemacht hatte, die ihm im Laufe der Jahre in die Quere gekommen waren. Ebenso anschauliche wie abstoßende Schilderungen darüber, wie Minyawi sich daran ergötzte, andere zu quälen.
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