Gestohlene Stunden des Glücks (Julia) (German Edition)
Kindern. Er ist Teil der Abmachung. Jetzt geh und rede mit deinem Großvater, sonst erledige ich das. Und ruf mich nicht mehr an, wenn es nicht wirklich wichtig ist.“ Er legte auf, und Fia, die sich vorkam wie ein hilflos im Netz zappelnder Fisch, ging zornig auf den Fremden zu.
„In zwei Stunden herrscht hier Hochbetrieb. Ich will nicht, dass meine Gäste denken, wir hätten ein Problem.“
„Solange ich hier bin, gibt es kein Problem.“
„Ich will Sie aber nicht hier haben. Sie fallen auf. Die Gäste werden beunruhigt sein, und Luca …“ Sie merkte, wie ihr die Luft ausging. „Er hat bisher ein ruhiges Leben geführt. Ich will nicht, dass er Angst bekommt.“ Zu ihrer Überraschung reagierte der Mann keineswegs so arrogant und uneinsichtig wie sein Chef, sondern sah sie aus freundlichen grauen Augen verständnisvoll an.
„Ich bin nur zu seinem Schutz hier. Wenn wir das möglichst unspektakulär gestalten können, ist das ganz in meinem Sinn.“
„Ich kann selbst auf meinen Sohn aufpassen.“
„Das glauben Sie, aber er ist nicht nur Ihr Sohn“, erwiderte er, was wohl heißen sollte, dass es die andere Hälfte der Gene war, auf die es ankam. Wäre Luca nur ihr Sohn gewesen, hätte er keines besonderen Schutzes bedurft. Zufällig aber war er der Sprössling eines der reichsten und mächtigsten Männer von ganz Sizilien und daher ein potenzielles Opfer skrupelloser Verbrecher. Der Gedanke ließ Fia schaudern.
„Ist er in Gefahr?“
„Nicht, wenn Santo Ferrara für seine Sicherheit sorgt.“ Der Mann sah sich prüfend um. „Keine Sorge, wir finden schon eine Lösung.“
Sie schluckte ihre Angst herunter. „Warum sind Sie so freundlich zu mir?“
„Sie haben meine Nichte letzten Sommer hier arbeiten lassen, obwohl sie keinerlei Erfahrung hatte. Das war sehr großzügig von Ihnen.“
„Sabina ist Ihre Nichte?“
„Ja, die Tochter meiner Schwester.“ Er räusperte sich. „Überlassen Sie mir einen Tisch in der Ecke der Terrasse. Ich werde in Ruhe essen und dabei unauffällig alles im Auge behalten.“
„Und wenn er es herausfindet?“ Sie brauchte nicht näher zu erläutern, wer mit „er“ gemeint war.
„Der Boss vertraut seinen Leuten und lässt sie ihren so Job machen, wie sie es für richtig halten“, versicherte er lächelnd. „Sonst würde ich nicht für ihn arbeiten.“
Lobeshymnen über Santo waren das Letzte, was Fia hören wollte, aber Luigi machte einen erfreulich vernünftigen Eindruck. Vernünftiger als sein Boss.
„Nehmen Sie den Tisch da hinten. Und legen Sie Ihr Jackett ab, bei uns geht es leger zu.“
„Mama!“ Luca kam auf sie zugestürmt. Sie sah, wie Luigi beim Anblick des Jungen verblüfft nach Luft schnappte.
„ Madre di Dio …“
War die Ähnlichkeit wirklich so frappierend? Fia nahm ihren Sohn, der den Fremden neugierig musterte, fest in den Arm. Er kennt keine Angst, dachte sie besorgt. Luca hatte seine ersten Lebensjahre hier am Strand verbracht, zwischen Menschen, die ihn liebten, und Gästen, die ihn als niedliches Beiwerk zu dieser sizilianischen Idylle betrachteten.
Sobald bekannt wurde, wer sein Vater war, bestand ein gewisses Risiko für ihn, das sah sie ein.
„Das ist Luigi“, sagte sie sanft. „Er isst heute bei uns zu Mittag, ist das nicht schön?“ Sie schenkte dem Security-Mann ein mattes Lächeln. „Ich danke Ihnen.“
„Keine Ursache.“ Luigi zwinkerte dem Jungen zu und bezog seinen Posten auf der Terrasse, während Fia wieder an die Arbeit ging.
Ein geschäftiger Mittag ging in einen hektischen Abend über. Sie kam einfach nicht dazu, das wichtige Gespräch mit ihrem Großvater zu führen, obwohl ihr Santos Drohung im Nacken saß. Die Zeit lief. Als Gina und Ben Feierabend machten und im Restaurant endlich Ruhe einkehrte, war Fia ein nervliches Wrack.
Wie sollte sie ihm die Neuigkeit nur schonend beibringen? Ich muss mit dir über Luca reden. Oder: Du hast mich oft gefragt, wer Lucas Vater ist …
In Gedanken bereits bei der bevorstehenden Auseinandersetzung, kehrte sie in die Küche zurück, um letzte Vorbereitungen für den nächsten Tag zu treffen. Da sah sie die hagere Gestalt ihres Großvaters zusammengekrümmt am Boden liegen.
„ Nonno! Oh, nein … bitte nicht!“ Schon kniete sie neben ihm, rüttelte ihn an der Schulter, tastete mit zitternden Fingern nach seinem Puls. „Sag etwas, Großvater … Bitte, tu mir das nicht an!“ Panisch durchwühlte sie ihre Taschen nach ihrem Handy, bis ihr klar wurde, dass sie
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