Gestohlene Stunden des Glücks (Julia) (German Edition)
verhalten. Das würde ich der Mutter meines Kindes nie antun. Zur Eifersucht besteht also kein Anlass.“
Beschämt drehte sie sich zum Fenster. „Ich bin nicht eifersüchtig.“
„Doch, das bist du. Du hast Angst, dass ich dich betrüge, und das ist ein gutes Zeichen. Wenn du ernsthaft vorhättest, mir fremdzugehen, hätten wir ein Problem. Du hast starke Emotionen, das gefällt mir. Du musst nur lernen, sie herauszulassen. Von jetzt an ist das Verkriechen im Bootshaus tabu, sowohl im wörtlichen wie auch im übertragenen Sinne.“
Sie war seit Jahren nicht im Bootshaus gewesen. Einst war es ihr Lieblingsversteck gewesen, ihr Heiligtum, doch seit jener Nacht mit Santo hatte sie es gemieden.
„Wo sind wir?“, fragte sie überrascht, als sie vor einem schönen Palazzo hielten.
„Das ist das Stadthaus meines Bruders Cristiano. Du sollst dein Hochzeitskleid aussuchen. Dani ist auch da. Laurel, Cristianos Frau, freut sich schon auf dich. Du wirst sie mögen.“
„Sie und Cristiano hatten sich getrennt, oder? Ich habe es in der Zeitung gelesen.“
„Ja, aber jetzt sind sie wieder zusammen, und zwar enger als je zuvor. Ihre Tochter Elena ist so alt wie Danis Rosa, und Chiara, die Ältere, haben sie vor einem Jahr adoptiert.“ Er stellte den Motor ab. „Du siehst, Lucas Familie wird immer größer.“
„Ich dachte, sie wollten sich scheiden lassen.“
„Jetzt nicht mehr.“ Er lächelte nachsichtig, während er ihren Gurt löste. „Wie gesagt, mein Engel – einmal eine Ferrara, immer eine Ferrara. Vergiss das nicht.“
Die Hochzeitszeremonie stand Fia nur durch, indem sie sich immer wieder sagte, dass sie aus Liebe heiratete. Nicht aus Liebe zu Santo, sondern zu Luca. Es half ihr, zu sehen, wie herzlich ihr Sohn in der großen, lärmenden Ferrara-Familie aufgenommen wurde und wie wohl er sich bei ihnen fühlte.
Ihre neue Schwiegermutter hieß sie mit einer innigen Umarmung willkommen. Fia musste sie einfach gern haben. Bei diesen Leuten herrschte keine eisige Zurückhaltung. Sie geizten nicht mit Liebe, hatten keine Angst vor zu viel Gefühl.
Die Medien, froh, über etwas Angenehmeres als die trübe Wirtschaftslage berichten zu können, stürzten sich begeistert auf die Story vom jungen Glück. Von der PR-Abteilung des Ferrara-Konzerns mit gezielten Andeutungen versorgt, reimten sie sich ein romantisches Märchen zusammen, das keinerlei Ähnlichkeit mit der Realität aufwies. Danach hatten Santo und Fia ihre Liebe wegen der alten Fehde zwischen ihren Familien jahrelang geheim halten müssen, bevor sie sich zueinander bekannten. Rührende Schlagzeilen wie „Die Liebe siegt“ kursierten in Presse und Internet.
Die größte Sensation aber war, als das greise Oberhaupt der Familie Baracchi und Cristiano Ferrara einander feierlich die Hand zur Versöhnung reichten.
„Das alles ist viel zu anstrengend für dich, nonno .“ Fias Nerven lagen blank, als sie sich neben ihrem Großvater niederließ.
„Papperlapapp“, brummte er. „Ferrara hat das halbe Krankenhaus auf mich angesetzt, also was soll passieren?“ Tatsächlich war er mächtig beeindruckt von den Anstrengungen, die Santo seinetwegen unternommen hatte.
Sie aber hatte ihr frisch angetrauter Ehemann, seit sie einander das Jawort gegeben hatten, mehr oder weniger ignoriert. Was würde passieren, wenn die Gäste gegangen waren? Würden sie ein paar steife Worte wechseln? Direkt ins Bett gehen?
Ihr Großvater lächelte, was bei ihm nicht oft vorkam. „Sieh dir Luca an. So sollten Jungs spielen.“
Fia drehte sich um und sah ihren Sohn kreischend vor Vergnügen kopfüber in der Luft hängen, während Santo ihn an den Füßen festhielt.
„Hoffentlich lässt er ihn nicht fallen“, meinte sie besorgt.
Ihr Großvater schnaubte ärgerlich. „Du verhätschelst ihn zu sehr.“
Vielleicht hatte er recht. Vielleicht erdrückte sie Luca mit ihrer Fürsorge.
„Ich will nur, dass er glücklich ist.“
„Und was ist mit dir? Bist du glücklich?“ Es war das erste Mal, dass ihr Großvater sie das fragte. Sie wusste nicht, was sie antworten sollte.
Ja, sie war glücklich, dass Luca jetzt einen Vater hatte und die alte Feindschaft beigelegt war. Doch wie glücklich konnte eine Ehe sein, in der es keine Liebe gab außer der zu einem Kind?
Ihr Vater hatte nie ein Geheimnis aus seiner Abneigung gegen seine Kinder gemacht. Er hatte nur auf Druck seines Vaters, ihres Großvaters, geheiratet. Und mit seinem grenzenlosen Egoismus vier Menschen
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