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Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song

Titel: Gestrandet - Harvey, C: Gestrandet - Winter Song Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Harvey
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bleiben«, sagte Bera. »Ich ertrage es nicht, das alles noch einmal zu durchleben.«
    »Was daran liegt, dass es gar keine Vergewaltigung war«, höhnte Thorir. »In Wirklichkeit hat sie mich bedrängt.«
    »Du verlogener Bastard!« Bera schlug Thorir mit aller Kraft ins Gesicht, was ihr wenigstens die Befriedigung verschaffte zu sehen, wie sein Kopf zurückgeschleudert wurde.
    »Siehst du, Weltraummann«, sagte Thorir, »sie hat sich nicht im Griff. Keine brauchbare Zeugin.« Auf einmal schien er sich zu erinnern, dass Ragnar anwesend war, und er gab sich den Anschein der verfolgten Unschuld. »Ich gebe zu, ich war besoffen. Es tut mir leid, Ragnar. Ich habe eine Dummheit begangen.«
    »Du Dreckskerl!«, stieß Bera hervor. Sie hätte nicht sagen können, was schlimmer war, dass Thorir – obwohl die Sache endlich ans Tageslicht gelangt war – immer noch mit seiner Masche davonzukommen schien, der Zwe ifel in Karls Augen oder der Anblick von Ragnars Gesicht, aus dem alle Farbe gewichen war.
    »Du?«, flüsterte er und starrte seinen Schwiegersohn an, als wären sie ganz allein auf der Welt.
    »Es tut mir leid, Papa, aber …«
    »Ich bin nicht dein Vater, du elender Wurm! Ob betrunken oder nicht, ob sie einverstanden war oder nicht … du hast ein Mädchen vergewaltigt? «
    »Ich war nicht einverstanden!«, schrie Bera.
    Thorir schluckte. Anscheinend dämmerte ihm zum ersten Mal, dass er sich diesmal vielleicht nicht mehr würde her ausreden können. »Lass nicht zu, dass sie deine Aufmerk samkeit von dem Schiff ablenken. Darum geht es ihnen doch bei dem ganzen Theater. Nicht um einen dummen kleinen Fehler, den ich letzten Sommer begangen habe.«
    »Ein dummer kleiner Fehler?«, brüllte Bera Ragnar an. Endlich, viel zu spät, verlor sie auch den letzten Rest ihrer Beherrschung. »Deine Aufgabe war es, mich zu beschützen, auf mich aufzupassen!« Bei jedem Wort, das sie ihm entgegenschleuderte, stieß sie ihm die ausgestreckten Finger in die Brust. » Und – du – hast – nichts – getan! Gar – nichts! Ragnar!!!«
    Ragnar ließ den Kopf hängen.
    »Ich denke, tief in seinem Inneren hat er es schon im mer geahnt«, brach Karl das lastende Schweigen, das Beras Wutausbruch folgte.
    Damit hatte er ihre Gedanken perfekt ausgesprochen. Das würde erklären, weshalb du immer so wütend gewesen bist, Papa, auch Karl gegenüber, der nie irgendetwas getan hat, um dir zu schaden.
    Plötzlich erschien ihr die Brücke winzig klein und die Luft furchtbar heiß. Das Schiff stieg mittlerweile nur noch in einem äußerst flachen Winkel und beschleunigte mit kaum einem Drittel der Schwerkraft Isheimurs, sodass Bera ohne Mühe auf der Brücke herumlaufen konnte. Ein, zwei, drei, vier Schritte, und schon hatte sie mehr als die Hälfte der Kommandozentrale durchquert.
    Genau das war der Grund gewesen, weshalb sie nie ein Wort über die Vergewaltigung verloren hatte. Jede Anschuldigung hätte Skorradalur zerrissen. Selbst wenn man ihr geglaubt hätte – und das wäre nicht der Fall gewesen. Irgendetwas würde sie ja wohl getan haben müssen, um den Bastard zu ködern, nicht wahr?
    Sie erinnerte sich daran, wie oft sie mit Thorir gelacht hatte, als sie noch jünger gewesen war. Sie hätte sich nie vorstellen können, wozu er fähig sein könnte. Doch als dann ihre Regel eingesetzt hatte und ihre Brüste erblüht waren, waren seine Umarmungen immer wieder eine Sekunde länger als nötig oder etwas zu innig ausgefallen, wenn auch nicht so deutlich, dass sie es anfangs bemerkt hätte. Und wenn sie doch einmal mit Unbehagen auf seine Berührungen reagiert hatte, hatte er sich jedes Mal sofort zurückgezogen und dabei verletzt gewirkt. Dann hatte sie sich immer wieder beeilt, ihm zu versichern, dass sie ihn immer noch mochte.
    So wie man einen Freund oder Bruder mochte. Während er ihre Zuneigung offensichtlich anders bewertet hatte.
    Und dann war diese furchtbare Nacht gekommen. Bera ertrug es immer noch nicht, sich alle Einzelheiten in Erinnerung zu rufen. Stattdessen hatte sie beschlossen, das traumatische Erlebnis zu verdrängen – auf Kosten vieler schlafloser Nächte und Panikattacken.
    Doch sie hatte weder damit gerechnet, dass sie sich so entsetzlich einsam fühlen würde, noch war sie auf das Ausmaß der Unbarmherzigkeit vorbereitet gewesen, mit der die anderen sie verurteilt hatten, als ihre Periode ausblieb und sie begriffen hatte, dass sie schwanger war.
    Jetzt ergab alles plötzlich einen Sinn. Jeder in Skorradalur hatte

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