Gesucht - Ein Lord zum heiraten
wollte dich immer nur beschützen, ob es dir recht war oder nicht.“
„Ja.“ Das stimmte.
„Und da ist noch etwas.“
Chloe sah Belle neugierig an. „Was denn?“
„Ich weiß nicht, was du über Brandts Vater gehört hast, aber er war kein guter Mensch. Man hielt ihn für streng gläubig, doch er war grausam zu seiner Gattin und zu seinem Sohn. Beim kleinsten Regelverstoß hat er den Jungen geschlagen. Brandts Mutter war schwach und kränklich. Brandt liebte sie, obwohl sie nie für ihn eintrat. Stattdessen zog er sich den Zorn seines Vaters zu, weil er versuchte, sie zu schützen. Als Brandt nach ihrem Tod sein Zuhause verließ, führte er ein zügelloses Leben. Aber schließlich fand er heraus, dass sein Vater Lastern gefrönt hatte, die viel schlimmer waren als alles, was er selber je getan hatte. Justin sagt, dass Brandt befürchtet, er könne die Neigungen seines Vaters geerbt haben.“
„Wie kommt er darauf?“, fragte Chloe schockiert. Sie hätte weinen mögen vor Mitleid mit Brandt, und gleichzeitig war sie voller Zorn gegen seinen Vater.
„Ich nehme an, weil er eine so schreckliche Wut empfindet. Als Kind durfte er diese Wut nicht zeigen, und jedes Mal, wenn er sie heute fühlt, hat er Angst, dass er sie nicht zügeln kann … und nicht besser ist als der Mensch, den er noch immer hasst und früher so sehr fürchtete. Ich glaube, Brandt muss sich unbedingt beweisen, dass er anders ist als sein Vater.“
„Hast du es bei Lucien auch so empfunden?“
Belle zögerte. „Ja. Als Justin nach Luciens Tod zurückkehrte, entschlossen, mich büßen zu lassen, was Lucien ihm und seiner Familie angetan hatte, wurde mir deutlich, dass ich ihm geben musste, was er wollte. Es war die einzige Möglichkeit, das begangene Unrecht wiedergutzumachen. Ich hätte nie damit gerechnet, dass wir uns ineinander verlieben würden. Lange habe ich versucht, vor ihm und vor mir selbst davonzulaufen, weil ich befürchtete, dass das Glück, das ich bei ihm verspürte, nur eine Illusion sei. Ich nehme an, dass Brandt sich ganz ähnlich fühlt. Er glaubt, er hätte nicht das Recht, etwas für dich zu empfinden.“
„Aber er empfindet nichts für mich. Nicht auf diese Weise.“
„Doch.“ Belle lächelte leicht. „Was glaubst du, weshalb er dich sonst so leidenschaftlich geküsst und es dann umgehend bedauert hat?“
Chloes Wangen röteten sich. „Mag sein. Jedenfalls werde ich Brandt nicht heiraten. Er will mich nicht. Er meint, wir sollten uns möglichst aus dem Weg gehen.“
„Dann musst du ihn eines Besseren belehren.“ Belle sah sie freundlich und verständnisvoll an. „Er braucht dich. Mitunter sind es die stärksten Männer, die die Liebe einer Frau am meisten brauchen.“
„Ich möchte mich nicht in ihn verlieben“, flüsterte Chloe. „Und ich möchte auch nicht, dass er in mich verliebt ist.“
Belle berührte ihre Hand. „Manchmal haben wir in diesen Dingen keine Wahl.“
9. KAPITEL
Am nächsten und übernächsten Tag bekam Chloe Brandt nicht zu Gesicht. Inzwischen trafen Belle und Marguerite eifrig Vorbereitungen für die Verlobungsgesellschaft. Sie bemühten sich, alle Einzelheiten mit ihr abzusprechen, und wenn ihnen Chloes Mangel an Begeisterung auffiel, so machten sie keine Bemerkung darüber.
Am dritten Tag nach dem Kuss im Billardzimmer begleitete Chloe Belle nach Haversham Hall. Marguerite empfing sie im Salon. „Will und Caroline lassen fragen, ob du mit ihnen an den Strand gehen möchtest“, wandte sie sich an Chloe. „Ich weiß ja, wie gerne du das tust, also geh ruhig.“
Froh, den Planungen für die Feier zu entkommen, die sich allmählich zu einem veritablen Ball entwickelte, eilte Chloe hinaus.
Will, Caroline und Lion begrüßten sie begeistert. Sie schienen es eilig zu haben, zu der kleinen Bucht zu kommen, und rannten voraus. Chloe folgte ihnen langsamer. Als sie den Felssporn vor dem Strand umrundete, musste sie darauf achten, nicht auf den glatten Sohlen ihrer Slipper auszurutschen, und blickte erst auf, als Lion laut zu bellen anfing.
Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Brandt kam aus der entgegengesetzten Richtung auf sie zu. Selbst auf die Entfernung schien sein Blick sie zu versengen. Will war hinter Lion hergerannt und warf sich in Brandts Arme. Caroline blieb stehen und drehte sich zu ihr um.
Das Mädchen sah Chloe mit seinen ernsten Augen an. „Mama sagte, es wäre schön, wenn wir Onkel Brandt mit hinzubitten würden, aber wir sollten dich damit
Weitere Kostenlose Bücher