Gesucht - Ein Lord zum heiraten
Geringste aus ihr machte.
Er brauchte sie wirklich nicht. Genauso wenig wie Sir Preston. Und ihre Versuche, die Sache wieder in Ordnung zu bringen, waren ebenfalls gescheitert. Emily wollte Sir Preston nicht mehr.
Selbst Caroline und Will brauchten sie nicht. Sie hatten ihre Eltern und Brandt, den sie ihr ohnehin vorzuziehen schienen.
Vor lauter Selbstmitleid achtete Chloe nicht darauf, dass sie die Landzunge umrundet hatte, bis das Wasser um ihre Knöchel spülte. Ein wenig überrascht blickte sie nach unten und erkannte, dass die Flut kam. Sie drehte sich um, konnte die anderen jedoch nicht mehr sehen. Das Wasser schwappte bereits über die kleineren Felsen.
Sie musste umkehren. Unentschlossen lief sie ein paar Schritte zurück und blieb stehen. Die hereinkommende Flut hatte ihren Weg blockiert, und das Wasser würde in kurzer Zeit so hoch ansteigen, dass alles außer dem höchsten Punkt überflutet war. Sie würde hinaufklettern und sich einen Weg zu den beängstigenden Klippen dahinter suchen müssen. Eile tat not, denn die kleineren Felsen würden bald überflutet sein.
Es fiel ihr nicht allzu schwer, auf den ersten Felsen zu kommen, der nur kniehoch war. Die nächsten indes erwiesen sich als viel schwieriger. Sie rutschte mehrfach aus und schürfte sich den Ellbogen auf. Allmählich wurden ihre Füße wund, und sie musste den absurden Drang unterdrücken, sich einfach hinzusetzen und zu weinen. Sie gelangte ans Ende der Felsen und sah an dem Vorsprung hoch, der vor ihr lag. Sie hatte keine Ahnung, wie sie dort hinaufkommen sollte.
Als sie jemanden rufen hörte, fuhr sie zusammen. Chloe blickte sich um und sah, dass Brandt auf sie zukletterte. Wie peinlich. Schlimm genug, dass sie in dieser Klemme steckte, aber dass ausgerechnet er wieder einmal zu ihrer Rettung kommen musste. Als er den Felsvorsprung direkt über ihr erreicht hatte, kniete er sich hin.
„Gib mir deine Hand.“
Sie schaute zu ihm hoch und erwartete, Verachtung oder Ungeduld in seinem Gesicht zu erkennen, doch er sah sie nur beruhigend an.
„Chloe, du musst mir deine Hand geben, damit ich dir hinaufhelfen kann. Sieh nach rechts. Dort ist so etwas wie ein kleiner Fußtritt.“ Seine Stimme klang ruhig und bestimmt.
Sie stellte ihren Fuß in die Nische und streckte ihre Hand nach oben. Brandt zog sie hoch und half ihr auf die Beine.
Für einen kurzen Moment drehte sich alles um sie her, dann wurde ihr bewusst, dass er mit ihr sprach. „Wir können nicht mehr zum Strand zurück. Entweder müssen wir so lange warten, bis das Wasser wieder sinkt, oder durch den Geheimgang in der Höhle klettern.“
„Die Höhle?“ Chloe warf einen Blick zum Ufer. „Ich kann da nicht reingehen.“
„Warum nicht.“
„Ich mag dunkle Orte nicht.“
„Wir haben keine andere Wahl, wenn wir nicht hierbleiben wollen, bis Ebbe ist.“
„Das … das wäre mir lieber. Du kannst ohne mich gehen. Will und Caroline brauchen dich.“
„Mein Reitknecht begleitet sie nach Waverly. Chloe, der Höhlengang führt zu der Grotte in meinem Garten. Ich bin da schon öfter durchgegangen. Komm mit.“ Er streckte ihr seine Hand entgegen.
Der dunkle Höhleneingang lag drohend vor ihr wie ein riesiges Maul. Sie schüttelte den Kopf. Als sie seine Hand nicht ergriff, nahm er ihre. „Komm.“ Er zog sie mit sich, und Chloe folgte ihm wie benommen.
Sie trat auf einen lockeren Stein und zuckte zusammen. Brandt sah nach unten und verzog das Gesicht. „Deine Füße. Es ist nicht sehr weit. Meinst du, du schaffst es?“
„Selbstverständlich.“ Sie wollte nicht zugeben, dass ihre Sohlen sich anfühlten, als wären sie vollkommen zerschnitten.
Die Höhle war dunkel und feucht und roch nach Salzwasser und Tang. Chloe konnte kaum aufrecht stehen, und Brandt musste sich bücken. „Hier entlang“, sagte er.
Als sie in einen dunklen, engen Durchgang kamen, spürte sie den ersten Anflug von Panik. Sie holte tief Luft und versuchte, ruhig zu bleiben, aber als sie weiter in den Tunnel hineingingen und es völlig dunkel wurde, musste sie all ihre Kraft aufbieten, um nicht zu fliehen. Oder zu schreien.
Brandt drehte sich um. „Mach die Augen zu, dann führe ich dich, und wir tun so, als würden wir durch einen Garten gehen.“ Seine Stimme klang ruhig und sachlich, als ob er es gewöhnt wäre, überspannte Frauenzimmer durch dunkle, enge Gänge zu führen.
Dennoch beruhigte sie seine Gelassenheit. Sie schloss die Augen. Er hielt ihre Hand fest und zog sie mit sich.
Weitere Kostenlose Bücher