Gesucht - Ein Lord zum heiraten
„Gerade kommen wir an einem Rosenbeet vorbei. Rechts neben dir sehe ich eine besonders schöne Blüte. Dahinter stehen einige … äh … Levkojensträucher.“
Sie hätte beinahe gelächelt. Die ganze Zeit erzählte er ihr solchen Unsinn, während sie langsam weiter durch den engen Tunnel kletterten, bis ein Zweig ihre Wange streifte. Chloe riss die Augen auf und bemerkte erleichtert, dass sie vollkommen von Gestrüpp und verzweigten, wuchernden Weinranken umgeben waren. Direkt vor ihnen befanden sich die Reste einer alten Steinmauer.
Brandt ließ ihre Hand los. „Du bist in Sicherheit.“
Sie nickte. Seine Kleidung war feucht und verschmutzt, eine Haarsträhne fiel ihm in die Augen und gab ihm ein verwegenes Aussehen.
Sie sah bestimmt noch schlimmer aus. Chloe hatte das Gefühl, sich für die Umstände, die sie gemacht hatte, entschuldigen zu müssen, doch ihr war viel zu elend dazu. Ehe sie ahnte, was er vorhatte, hob er sie auf die Arme.
Sie keuchte. „Ich … ich kann laufen.“
„Das bezweifle ich.“
„Bitte setz mich ab. Ich bin zu schwer.“
„Überhaupt nicht.“
„Aber …“
„Sei still.“
Die tödliche Ruhe in seiner Stimme brachte sie wirkungsvoller zum Schweigen, als wenn er sie angeschrien hätte. Sie wusste nun, dass er sehr zornig war. Und das mit Recht.
In der Halle kam ihnen Mrs. Cromby entgegen. „Oh, du meine Güte! Was ist passiert? Ich bin überhaupt nicht schlau geworden aus dem, was die Kinder mir erzählt haben, außer dass Sie Lady Chloe retten und durch die Grotte führen würden. Wir haben schon eine Nachricht nach Haversham Hall geschickt. Die Kinder sind in der Küche und haben Lebkuchen und Milch bekommen. Bringen Sie Ms. Chloe in den Salon, Mylord. Ich werde dort sofort den Kamin anzünden lassen!“
So plapperte sie weiter, während sie Brandt vorausging. Als er Chloe auf das Sofa legte, erblickte Mrs. Cromby ihre Füße. Ihre Augen weiteten sich schockiert. Dann rief sie einen Lakaien herbei und erklärte ihm: „Wir brauchen eine Schüssel Wasser, Tücher und Verbandsmaterial. Und eine Decke. Die hole ich selbst!“ Damit eilte sie geschäftig hinaus.
Brandt setzte sich neben Chloe auf das Sofa. „Lass mich deine Füße anschauen.“
„Nein!“
Er sah sie gleichmütig an. „Ich will wissen, wie schwer du dich verletzt hast.“
Vorsichtig begann er ihren Fuß zu drehen. Dennoch zuckte sie zusammen, wenn seine Finger eine besonders wunde Stelle berührten. Als er ihren Knöchel umfasste, unterdrückte sie einen Schmerzenslaut. Brandt hielt inne. „Hast du dir den Fuß verrenkt?“
„Vielleicht. Ich erinnere mich nicht.“
„Er ist geschwollen, indes glaube ich nicht, dass er verstaucht ist. Zum Glück hast du nur kleine Schnittwunden und einige Blutergüsse. Das Gehen wird für ein paar Tage unangenehm sein.“
Brandt erhob sich, als Mrs. Cromby mit dem Lakaien zurückkehrte. Chloe wurde kalt, als sie seine warme Hand nicht mehr spürte. „Ich gehe mich umziehen. Ich bin gleich wieder da.“
„Ja.“ Sie hätte ihm danken sollen, aber die Worte blieben ihr im Hals stecken.
Mrs. Cromby machte sich daran, ihre Füße zu waschen und zu verbinden. Danach half sie Chloe, sich das Gesicht zu säubern und das Haar zu kämmen. Schließlich legte sie ihr eine Decke über die Beine und erhob sich. „Sind Sie bereit für Besucher? Der junge Lord und die junge Lady warten schon ungeduldig darauf, Sie zu sehen.“
„Natürlich.“
Will stürzte mit Caroline auf den Fersen herein. „Ist es sehr schlimm?“, fragte er.
„Nein, es geht.“
„Oh.“ Er starrte sie an. „Weshalb bist du weitergelaufen? Wir haben gerufen und gerufen, und du bist nicht stehen geblieben. Wolltest du vor uns weglaufen?“
„Oh nein, Will. Ich war in Gedanken und habe euch nicht gehört. Wieso sollte ich vor euch davonlaufen?“
„Da bin ich aber froh.“
„Ich auch“, sagte Caroline. „Wir bekamen Angst, als wir sahen, wie hoch das Wasser gestiegen war, doch Onkel Brandt meinte, er würde dafür sorgen, dass dir nichts passiert.“
„Hat dir die Höhle gefallen?“, wollte Will eifrig wissen.
„Nein. Einen Großteil des Weges hatte ich die Augen zu.“ Chloe lächelte den Jungen entschuldigend an. „Ich fürchte mich vor dunklen, engen Orten.“
„Wie konntest du dann hinausfinden?“
„Br… Lord Salcombe hat mich geführt. Er kennt den Weg.“
Brandt kam herein. Er trug ein sauberes Hemd, Breeches und einen Rock, und niemand wäre auf die Idee
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