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Gesund durch Meditation

Gesund durch Meditation

Titel: Gesund durch Meditation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Kabat-Zinn
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Einheit von Körper
und
Geist. Dazu gehören sämtliche Organsysteme, von denen in der Abbildung nur einige aufgeführt sind: Gehirn und Nervensystem, Herz-Kreislauf-System, Verdauungstrakt, Immunsystem und Bewegungsapparat; außerdem das landläufige Verständnis von sich selbst als Person einschließlich der persönlichen Vorstellungen und Überzeugungen sowie Gedanken und Gefühle.
    Geraten wir plötzlich in eine extreme Stresssituation, in der wir uns physisch oder psychisch in unserem ganzen Sein, unserer Identität oder sozialen Stellung bedroht sehen, gibt es zwei Möglichkeiten. Verschwindet die Bedrohung oder erweist sie sich bei Nachprüfung als gegenstandslos, dann erfolgt entweder eine schwache oder gar keine Reaktion. Bewerten wir den Stressauslöser jedoch weiter als existenziell bedrohlich oder löst er auf andere Weise heftige Emotionen aus, setzt normalerweise eine automatisch ablaufende
Alarmreaktion
ein.
    Diese Alarmreaktion schafft bei akuter Gefahr die physiologischen Voraussetzungen für Angriff oder Verteidigung. Gehirn und Nervensystem sind eigens dafür »ausgelegt«, unter bestimmten Umständen mit Hilfe der Alarmreaktion die gesamte verfügbare Energie bereitzustellen, die uns ermöglichen soll, uns wirkungsvoll zu schützen oder die Situation wieder unter Kontrolle zu bringen. Wie wir noch sehen werden, erfüllt dabei die Amygdala, ein zentral im Gehirn gelegenes, paarig angeordnetes Areal, eine wichtige Funktion, die zu Selyes Zeiten noch unbekannt war.
    Der große amerikanische Physiologe Walter B. Cannon, der zu Beginn des 20 . Jahrhunderts an der Harvard University forschte, erweiterte das ursprünglich von Claude Bernard stammende Konzept der physiologischen Stabilität unseres Körpers. Er untersuchte in einer Reihe von Experimenten die physiologischen Abläufe der Alarmreaktion und beobachtete beispielsweise, was sich in einer Katze abspielt, wenn sie mit einem wütend bellenden Hund konfrontiert wird. Die Reaktion der Katze bezeichnete er als Kampf-oder-Flucht-Reaktion
(fight or flight response),
weil die physiologischen Veränderungen in dem bedrohten Tier die für Kampf oder Flucht erforderlichen Energien bereitstellen. [15]
    Im Menschen laufen die gleichen physiologischen Reaktionen ab, deren Grundmuster Teil unseres uralten biologischen Erbes sind. Sobald wir uns bedroht fühlen, setzt, vermittelt durch das vegetative Nervensystem, fast augenblicklich die Kampf-oder-Flucht-Reaktion ein. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine konkrete Bedrohung für Leib und Leben handelt oder ob sie in abstrakter Form auftritt und unser soziales Gefüge oder unseren psychischen Zusammenhalt gefährdet. Immer ist das Ergebnis ein Zustand physiologischer und psychologischer
Übererregung,
gekennzeichnet durch große Muskelanspannung auch des Gesichtes und das Auftreten starker Affekte, die einerseits die Form von Angst, Furcht und Panik annehmen können, andererseits von Zorn und Wut. An der Kampf-oder-Flucht-Reaktion ist eine sehr schnelle Abfolge neuraler Entladungen in Gehirn und Nervensystem beteiligt. Außerdem wird eine Fülle von Stresshormonen ausgeschüttet, von denen die Katecholamine (Adrenalin und Noradrenalin), die rapide freigesetzt werden, und Cortisol, das etwas langsamer freigesetzt wird, am besten bekannt sind.
    Der Zustand der Übererregung führt zu einer intensivierten Sinneswahrnehmung mit dem Ziel, in möglichst kurzer Zeit möglichst viele Informationen aufzunehmen: Die Pupillen weiten sich, um mehr Licht einzulassen, das Gehör schärft sich, die Körperhaare stellen sich auf und verbessern so die Wahrnehmung von Luftbewegungen. Wir sind äußerst präsent und wachsam. Die Herzmuskelkontraktion ist verstärkt und die Pulsfrequenz erhöht (und damit auch der Blutdruck), wodurch sich die Pumpleistung des Herzens auf das Vier- bis Fünffache erhöht, so dass mehr Blut und somit mehr Energie in die Arm- und Beinmuskulatur gelenkt wird, die im Fall eines Kampfes oder der Flucht einsatzfähig sein muss. Gleichzeitig setzen die Blutversorgung des Verdauungssystems und die Verdauungsvorgänge selbst aus, denn im Notfall benötigen die Muskeln das verfügbare Maximum an Energie. Das Gefühl, »Ameisen im Bauch« zu haben, das man in Stresssituationen oft verspürt, beruht auf dieser Umlenkung des Blutstroms.
    Viele dieser plötzlichen Veränderungen auf körperlicher und emotionaler Ebene kommen durch die Aktivierung des
vegetativen Nervensystems
zustande, jenes Teils

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