Gesund durch Meditation
vorübergehender Gemütszustand, genauso wie Langeweile oder Glück. Das ist eine wichtige und befreiende Einsicht, denn sie zeigt uns, dass wir unser Leben nicht von der Angst beherrschen lassen müssen, indem wir sie weniger persönlich nehmen und in eine weitere Perspektive in Bezug auf das stellen, was uns als Ganzes ausmacht.
Die Fähigkeit, auf der physiologischen Ebene einen Zustand von Ruhe und Entspannung zu erreichen, ist tief in uns angelegt. Wir können sie uns durch regelmäßiges Üben immer mehr erschließen, und sie kann uns auch in Situationen zur Verfügung stehen, in denen wir uns mit konkreten Problemen oder gar mit Krisen und ernsten Bedrohungen auseinandersetzen müssen. Bei der Übung lernt man zugleich, in sich einem Kern der Stabilität zu vertrauen, einem inneren Zentrum der Verlässlichkeit und Beständigkeit. Allmählich verringert sich die Spannung im Körper, und der Geist wird weniger von Sorgen und Ängsten bedrängt, die gleichzeitig etwas von ihrer Macht über ihn verlieren. Durch fortgesetztes Üben lernen wir, in der Tiefe des Gewahrseins selbst zu verweilen, vollkommen präsent zu sein und zugleich verwurzelt im Nicht-Tun und Nicht-Erzwingen. Das ist es, was wir die
Dimension des Seins
genannt haben.
Wichtiger Teil dieses Lernprozesses ist die wachsende Einsicht, dass wir, wie wir es nun schon viele Male betont haben, nicht unsere Gedanken und Gefühle
sind,
dass wir ihnen weder folgen, noch auf sie reagieren noch uns von ihnen tyrannisieren lassen müssen. Worauf Sie sich in der Meditation auch immer vorrangig konzentrieren mögen: Mit der Zeit werden Sie Ihre Gedanken und Gefühle wahrscheinlich als gesonderte und kurzlebige Erscheinungen wahrnehmen können, als einzelne Wellen, die im Ozean Ihres Bewusstseins für einen Moment auftauchen und wieder in ihm versinken. Und als solche »separate Geschehnisse in Ihrem Bewusstsein« können Sie sie nun beobachten.
Wenn Sie Augenblick für Augenblick Ihren Gedanken folgen, werden Sie schließlich bemerken, dass sie von unterschiedlichem Emotionsgehalt sind. Manche sind hochgradig negativ und pessimistisch besetzt, stecken voller Angst, Verunsicherung, Furcht, Resignation und Unheilserwartung. Andere sind positiv, optimistisch, heiter, aufgeschlossen, tolerant und liebevoll. Wieder andere sind neutral, weder positiv noch negativ emotional gefärbt, und bewegen sich auf der Ebene rein sachlicher Feststellung. Unser Denken füllt Stille mit Aktivität. Es besteht in einer ziemlich chaotischen Abfolge von Impulsen und Assoziationen, die es weiterspinnt und aus deren Stoff es seine imaginären Welten schafft. Gedanken mit starkem Emotionsgehalt haben die Tendenz, immer wieder aufzutauchen. Dann ziehen sie die Aufmerksamkeit wie ein Magnet an sich und lösen den Geist vom Atem und der Wahrnehmung des Körpers ab.
Wenn man Gedanken einfach als Gedanken betrachtet und bewusst nicht auf ihren Inhalt und ihren emotionalen Gehalt reagiert, befreit man sich schon ein wenig von deren Zugkraft oder Sog. Man wird weniger leicht und weniger häufig in sie hineingezogen. Je emotionsgeladener der Inhalt eines Gedankens ist, desto stärker wird er die Aufmerksamkeit fesseln und von der reinen Betrachtung der Gegenwart abziehen. Die Arbeit besteht darin, ihn bewusst und unerschütterlich zu beobachten und loszulassen, zu beobachten und loszulassen, unnachgiebig und notfalls auch unerbittlich. Einfach nur beobachten und loslassen, beobachten und zulassen.
Wenn man mit
allen
Gedanken so verfährt, die während der Meditation auftauchen, seien es »gute« oder »schlechte«, hochgradig emotionsgeladene oder »neutrale«, wird man feststellen, dass die angstvollen und besorgniserregenden Gedanken an Macht verlieren und nicht mehr so bedrohlich erscheinen. Sie nehmen die Aufmerksamkeit weniger gefangen, weil man jetzt in ihnen »nur Gedanken« sieht und nicht mehr die »Wirklichkeit« oder »Wahrheit«. Man kann sich nun auch leichter bewusst machen, dass man sich nicht in ihren Inhalten verstricken muss. Und wir erkennen eher, dass wir manchem bangen Gedanken gerade dadurch Macht über uns verleihen, dass wir ihn fürchten und, paradoxerweise, an ihm festhalten.
Diese Perspektive ermöglicht es, eine tückische Gedankenverkettung zu durchbrechen, mit der man sich schließlich in einer selbsterschaffenen Welt aus Angst und Unsicherheit verliert. Es ist stets ein einzelner angstbesetzter Gedanke, den man als solchen wahrnimmt und loslässt. Kommt der
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