Gesund durch Meditation
die einzig richtige ist, und verlieren darüber den Sinn für das Außergewöhnliche im Alltäglichen. Um den Reichtum des Augenblicks sehen zu können, müssen wir den »Geist des Anfängers« entwickeln, der bereit ist, alles so zu betrachten, als wäre es das erste Mal.
Für die formale Meditationspraxis, wie wir sie in den nächsten Kapiteln vorstellen werden, ist der Geist des Anfängers besonders wichtig. Ob Body-Scan, Sitzmeditation oder Yoga, stets können wir uns dafür entscheiden, an die Übung mit dem Geist des Anfängers heranzugehen, damit wir frei von Erwartungen sind, die in vergangenen Erfahrungen wurzeln. Der offene Geist des Anfängers macht uns für neue und andere Erfahrungen bereit. Er verhindert, dass wir in den Gleisen eines Tatsachenwissens gefangen bleiben, das uns vorgaukelt, mehr zu verstehen, als dies in Wirklichkeit der Fall ist. Kein Augenblick gleicht dem anderen, jeder ist einzigartig und birgt einzigartige Möglichkeiten.
4. Vertrauen
Ein wesentlicher Teil der Meditationsübung besteht darin, Vertrauen in sich selbst und seine eigenen Gefühle zu entwickeln. Es ist weitaus besser, der eigenen Stimme zu folgen und der inneren Autorität zu vertrauen, als auf Anleitung von außen zu warten, auch wenn man dabei einmal »Fehler« begeht. Wenn Ihnen irgendetwas Unbehagen bereitet – warum sollten Sie dieses Gefühl nicht respektieren? Bei jeder Form der Meditation ist diese Haltung des Vertrauens in sich selbst und die Richtigkeit der eigenen Gefühle sehr wichtig, insbesondere aber beim Yoga. Beim Yoga müssen Sie Ihrem Körpergefühl vertrauen, wenn es Ihnen sagt, dass Sie eine bestimmte Position beenden oder eine bestimmte Dehnungsbewegung vermeiden sollen. Achten Sie nicht darauf, besteht die Gefahr, dass Sie sich verletzen.
Lehrer, Bücher und CD s bieten nur Anleitungen, geben Hinweise und zeigen den Weg. Natürlich sollte man offen sein und auch aus anderen Quellen schöpfen, aber letztendlich muss jeder sein eigenes Leben leben, Augenblick für Augenblick. Es ist nicht möglich, wie jemand anders zu werden, wohl aber, immer mehr und vollkommener man selbst zu sein. Deshalb meditieren wir. Mit dem Üben von Achtsamkeit üben Sie zugleich, Verantwortung für Ihr Selbstsein zu übernehmen, und lernen, die Stimme des eigenen Wesens zu vernehmen und ihr zu vertrauen. Je mehr Vertrauen Sie in Ihr eigenes Sein entwickeln, desto leichter wird es Ihnen fallen, auch Ihren Mitmenschen mit Vertrauen zu begegnen und in ihnen das wesenhaft Gute zu sehen.
5. Nicht-Erzwingen
Nahezu unser gesamtes Tun und Lassen ist zielgerichtet und zweckbestimmt. In der Meditation kann diese Tendenz jedoch zu einem echten Hindernis werden. Meditation unterscheidet sich von jeder anderen menschlichen Aktivität, und obwohl auch sie auf ihre Weise viel Anstrengung und Arbeit verlangt, ist sie keine Aktivität im alltäglichen Sinn, sondern aktives Nicht-Tun. Das einzige »Ziel« des Meditierenden ist, er selbst zu sein. Nun ist jeder Mensch schon »er selbst«, und so scheint diese Zielsetzung paradox. Aber gerade diese scheinbare Paradoxie verweist auf eine neue Form, sich selbst zu betrachten. Diese andere Art der Selbstbetrachtung, in der es weniger um das Wollen und mehr um das Sein geht, entwickeln wir bewusst durch die Haltung des Nicht-Erzwingens.
Wenn Sie sich zur Meditation mit Gedanken hinsetzen wie zum Beispiel: »Ich will mich entspannen, Erleuchtung erfahren, meinen Schmerz besiegen, ein besserer Mensch werden«, dann tragen Sie in Ihre Geisteshaltung eine Zielvorstellung hinein, mit der die Vorstellung eines Mangels einhergeht: »Wäre ich nur entspannter, intelligenter, fleißiger, hätte ich ein gesünderes Herz oder gesündere Knie, dann würde mir nichts fehlen. In meinem gegenwärtigen Zustand bin ich weit davon entfernt.«
Eine solche Haltung unterbindet die Entwicklung von Achtsamkeit, bei der es ja darum geht, einfach nur dem aufmerksam zu folgen, was geschieht. Wenn Kursteilnehmer von ihren Ärzten zu uns geschickt werden, so hat das natürlich seinen guten Grund. Zu Beginn unserer Kurse bitten wir sie daher, drei Ziele zu benennen, an denen sie im Verlauf des Programms arbeiten wollen. Zu ihrer Überraschung empfehlen wir ihnen dann aber, während der acht Wochen
keinerlei
Anstrengung zu unternehmen, um diese Ziele zu erreichen, also
nicht
zu versuchen, den Blutdruck zu normalisieren, Angst zu überwinden oder schmerzfrei zu werden, sondern sich ausschließlich auf die Gegenwart
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