Gesund durch Meditation
uns ablenkt, unterhält und uns dabei hilft, die Zeit zu »vertreiben« oder gar »totzuschlagen«.
An diesem Tag, sagt Saki abschließend, wollen wir es anders halten und ohne die Hilfsmittel und Krücken auskommen, mit denen wir uns sonst ablenken und uns die Zeit vertreiben. Stattdessen verweilen wir bei allem, was wir im Augenblick fühlen, und nehmen es an, während wir uns auf den Atem, das Gehen, die Dehnübung konzentrieren oder was immer gerade Gegenstand der Anleitung ist. Heute geht es darum, frei von jeglicher Erwartungshaltung in jedem Augenblick ganz da zu sein und zuzulassen, was geschieht.
Im Anschluss an Sakis Einführung beginnen wir den Tag mit einer Yoga-Stunde. Die Übungen werden langsam und aufmerksam durchgeführt, während wir in den Körper hineinhorchen. Ich leite diesen Abschnitt des Seminars und betone, wie wichtig es ist, auf die Signale des Körpers zu hören, sie ernst zu nehmen und nichts zu tun, von dem wir wissen, dass es sich mit unseren körperlichen Voraussetzungen nicht verträgt. So lassen einige Teilnehmer, insbesondere wenn sie Rückenschmerzen oder Probleme mit der Halswirbelsäule haben, die Yoga-Übungen ganz aus und meditieren währenddessen am Rand des Raumes oder schauen einfach nur zu. Andere machen ein bisschen mit, aber nur bei Übungen, die sie auch bewältigen können. Unsere Herzpatienten überwachen während der Übungen ihren Puls, so wie sie es in der Reha-Klinik gelernt haben, und halten eine Position nur so lange, wie ihr Puls es erlaubt. Sobald er sich aus dem erlaubten Bereich bewegt, machen sie eine Pause und nehmen die Übung erst nach seiner Normalisierung wieder auf. Wir anderen verbleiben ein wenig länger in der jeweiligen Position und spüren in die Intensität der Empfindungen, deren Qualität sich mit jedem Augenblick verändert, hinein und durch sie »hindurch«.
So übt jeder nach seinem eigenen Maß und Ermessen. Während wir langsam eine Abfolge von Yoga-Positionen durchgehen, arbeiten wir uns, Augenblick für Augenblick, an unsere körperlichen Grenzen heran und kommen von dort ebenso achtsam wieder zurück. Wir atmen in diese Grenzen hinein und wieder aus ihnen heraus und machen uns mit allen Empfindungen in den verschiedenen Bereichen des Körpers vertraut, die wir bei den Bewegungen des Hebens, Streckens, Beugens und Drehens haben. Zwischendurch kommen wir immer wieder ausgiebig zur Ruhe. All das geschieht nach Möglichkeit in einem nahtlosen Fluss von Gewahrsein. Gleichzeitig beachten wir alle Gedanken und Gefühle, die in uns auftauchen, und üben uns darin, sie zu betrachten und loszulassen. Den Geist bringen wir, sobald er abschweift und eigene Wege geht, wieder zum Atem zurück.
Auf die Yoga-Stunde folgen dreißig Minuten Sitzmeditation, danach eine zehnminütige Gehmeditation, bei der wir uns achtsam in einem Kreis durch den Raum bewegen, und noch einmal eine zwanzigminütige Sitzmeditation. Alles, was wir an diesem Tag tun, tun wir bewusst und ohne zu sprechen. Auch das Mittagessen wird schweigend eingenommen, damit wir uns des Essens, Kauens, Schmeckens, Schluckens und auch der Esspausen bewusst werden können. Es ist keine leichte Übung; es erfordert sogar ein hohes Maß an Energie, dabei ganz auf die Gegenwart konzentriert zu bleiben.
Während des Mittagessens bemerke ich, wie einer der Teilnehmer im Widerspruch mit dem Geist des Tagesseminars und trotz der Regel, die dies ausdrücklich verbietet, eine Zeitung liest. Wir hoffen, dass jeder Teilnehmer – zumindest im Sinne eines Experimentes – den Wert erkennt, der darin liegt, die Grundregeln des Tages zu befolgen und selbst die Verantwortung für ihre Einhaltung zu übernehmen. Vielleicht ist er aber gerade in diesem Augenblick von der Aufgabe, achtsam zu essen, überfordert. Ich beobachte meinen selbstgerechten Impuls, darauf zu bestehen, dass wir diesen Tag »in unserem Sinne« verbringen, schmunzele und lasse den Impuls los. Immerhin ist der Betreffende heute ja anwesend, und vielleicht muss ich mich damit begnügen. Wer weiß, wie sein Tag für ihn angefangen hat?
Im Raum knistert es heute vor Energie. Das Bemühen der Teilnehmer um Präsenz ist deutlich spürbar, und die meisten von ihnen sind während der Meditationen im Sitzen und Gehen wach und konzentriert bei der Sache. Bis jetzt herrscht eine bemerkenswerte Stille. Nach einer dreißigminütigen freien Gehmeditation, bei der jeder Teilnehmer seinen eigenen Bahnen folgt, beginnen wir den Nachmittag mit
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