Gesund durch Meditation
einer Meditation über Vergebung und liebende Güte (siehe Kapitel 13 ), eine sehr einfache Form der Meditation, bei der nicht selten Tränen laufen, sei es aus Freude oder Trauer. An diese Meditation schließt sich wieder nahtlos eine Phase stillen Sitzens und danach eine weitere Gehmeditation in langsamerem Tempo an.
Um die Energien erneut anzukurbeln, üben wir am späteren Nachmittag das »wilde Gehen«. Fast jeder der Teilnehmer hat Spaß an der Abwechslung, auch wenn einige lieber aussetzen und nur zusehen. Wir bewegen uns sehr schnell durch den Raum und wechseln dabei nach jedem siebten Schritt die Richtung, dann nach jedem vierten, dann nach jedem dritten. Beim »wilden Gehen« beißen wir die Zähne zusammen und halten die Fäuste geballt, während wir weiterhin den Blickkontakt untereinander vermeiden und jeden Augenblick bewusst erfahren. Nach einer Weile üben wir dasselbe im gleichen Tempo, dieses Mal aber bewusst
mit
Blickkontakt, und achten auf die unterschiedliche Wirkung. Schließlich gehen wir mit geschlossenen Augen sehr langsam rückwärts. Bei jeder Kollision mit einem anderen Teilnehmer spüren wir dem leichten Aufprall, dem Kontakt mit dem fremden Körper nach und setzen unseren Weg dann langsam in einer anderen Richtung fort. Am Ende der Übung bewegt sich jeder mit geschlossenen Augen rückwärtsgehend in die Mitte des Raumes oder dahin, wo er sie vermutet, bis wir uns alle zu einer einzigen Menschentraube zusammengefunden haben. Dann lehnt jeder seinen Kopf dort an, wo er gerade eine Stütze findet. An dieser Stelle gibt es immer viel Gelächter, und die konzentrierte Spannung des Nachmittags löst sich in Heiterkeit auf.
Im Laufe der Jahre haben wir diesen Abschnitt des wilden Gehens zugunsten zusätzlicher Perioden der Sitz- und Gehmeditation wieder fallengelassen. Es schien fast so, als folgte die Erfahrung des gemeinsamen Übens einer eigenen Logik, die eher nach weniger als nach mehr verlangt, auch wenn das »Mehr« noch so verführerisch ist. Innerhalb der MBSR -Methode ist es eine allgemeine Regel, so viel Spielraum wie möglich zu lassen, anstatt ihn mit Programm auszufüllen, selbst wenn es sich dabei um noch so mitreißende Übungen handelt, mit denen möglicherweise die eine oder andere wichtige Erfahrung vermittelt werden kann. Als Unterweisende haben wir gelernt, darauf zu vertrauen, dass alles, was an die Oberfläche kommen soll oder wofür die Teilnehmer Verständnis entwickeln müssen, mit der Zeit und ohne unser Zutun aufgrund der elementaren Einfachheit der Achtsamkeitsübung von selbst zutage tritt.
Nun folgt die längste Meditationssitzung des Nachmittags, die sogenannte
Berg-Meditation.
Während der Tag sich langsam seinem Ende nähert und eine gewisse Müdigkeit einsetzt, benutzen wir die Metapher des Berges, um uns in Erinnerung zu rufen, was Meditieren eigentlich bedeutet. Es ist ein Bild, das für sich selbst spricht: zu sitzen wie ein Berg – unerschütterlich, unverrückbar, fest in seiner Position verankert. Die Arme sind die schräg abfallenden Flanken des Berges, der Kopf ist der hohe Gipfel, der ganze Körper von majestätischer Ausstrahlung. Wir sind, was wir sind, unverrückbar wie ein Berg, unberührt vom Wechsel der Jahreszeiten und des Wetters, von Tag und Nacht. Ein Berg bleibt immer er selbst, ist immer da und fest mit der Erde verbunden, immer gleich unbeweglich und erhaben.
Als sich am späten Nachmittag im Raum langsam die Sonnenstrahlen neigen und der Tag sich seinem natürlichen Abschluss nähert, erinnert uns das Bild des Berges an unsere eigene innere Kraft und Festigkeit und hilft uns, sie während der Sitzmeditation in uns selbst zu spüren. Was wir in unserem Geist und Körper an Wandlungen wahrnehmen, können wir als innere »Wetterumschwünge« auffassen. Der Berg erinnert uns daran, dass wir in den verschiedensten Lebenslagen fest und in uns selbst ruhend bleiben können, auch wenn Geist und Körper dabei in Aufruhr sind. [7] Die Teilnehmer mögen die Berg-Meditation, weil sie ihnen ein Bild vermittelt, das ihnen hilft, bei der Sitzmeditation einen inneren Ankerpunkt zu finden und so Ruhe und Gleichmut zu vertiefen.
Und so nimmt der Tag seinen Gang. Viele der Teilnehmer sind an diesem Morgen mit der Sorge gekommen, ob sie in der Lage wären, sechs Stunden der Stille durchzuhalten, einfach nur zu sitzen, zu gehen, zu atmen. Nun ist es Nachmittag, alle Teilnehmer sind noch dabei, mehr noch, sie sind offenbar wirklich bei der
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