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Gesund durch Meditation

Gesund durch Meditation

Titel: Gesund durch Meditation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jon Kabat-Zinn
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Sache.
    Wir heben nun das Schweigegebot und unsere »Verordnung« gegen den Blickkontakt auf und beginnen wieder zu sprechen. Aber auch das tun wir wieder auf unsere besondere Weise. Zuerst sehen wir uns schweigend im Raum um, stellen den Blickkontakt mit anderen Teilnehmern her und nehmen wahr, was das in uns und anderen auslöst. Häufig begegnen uns dabei offene, strahlende Gesichter. Dann suchen wir uns, immer noch in Stille, eine Partnerin oder einen Partner und setzen uns jeweils zu zweit zusammen, nah genug, um miteinander flüstern zu können, denn es soll ein Geflüster sein, mit dem wir die Stille des Tages aufheben.
    Wir erzählen einander, wenn wir überhaupt etwas sagen wollen, was wir erlebt, gefühlt und gelernt haben, womit wir zu kämpfen hatten, wie wir mit dem, was uns begegnet ist, und insbesondere mit den Schwierigkeiten umgegangen sind, ob uns etwas überrascht hat und wie wir uns jetzt fühlen. Dabei spricht erst nur einer der beiden Partner, während der andere zuhört, woraufhin sie die Rollen wechseln. Einhundertzwanzig Menschen, in Zweiergruppen über den Raum verteilt, berichten nun einander, allesamt flüsternd, in vertraulicher Weise ihre unmittelbaren und sehr persönlichen Erlebnisse des Tages. Das allgemeine Getuschel im Raum hat eine elektrisierende Wirkung, wie das Brummen eines emsigen Bienenschwarms.
    Im Anschluss an diese Zwiegespräche im Flüsterton kommen wir wieder als Gruppe zu einem Austausch in normaler Lautstärke zusammen. Die Teilnehmer haben nochmals die Möglichkeit, frei über ihre Erlebnisse des Tages zu sprechen, auch darüber, was sie ursprünglich in die Stress Reduction Clinic und zu dem MBSR -Programm geführt hat. Mit den ersten Wortmeldungen wird nochmals spürbar, wie still und friedlich es im Raum ist, es herrscht, selbst unter so vielen Menschen, eine geradezu intime Atmosphäre, die etwas Exquisites hat. Man hat das Gefühl, als hätten alle an einem gemeinsamen Bewusstsein teil, dessen Aspekte wir zwischen uns hin- und herspiegeln. Die Menschen hören dem, was gesagt wird, wirklich zu, spüren ihm wirklich nach.
    Während dieses einstündigen Gedankenaustausches unter einhundertundzwanzig Menschen gibt es häufig Schweigepausen, so als hätten wir gemeinsam ein stilles Einverständnis erreicht, mit dem das Sprechen überflüssig wird. Es ist, als ob die Stille Tieferes mitteilte, als mit Worten auszudrücken möglich ist. Sie schafft zwischen uns Verbundenheit, Frieden, Geborgenheit, ein Gefühl von Heimat und verlangt von uns nicht, dass wir sie mit irgendetwas anderem ausfüllen.
    Mit einer letzten, fünfzehnminütigen Sitzmeditation in Stille endet der Tag voller Achtsamkeit, und wir nehmen Abschied voneinander. Sams Gesicht zeigt noch immer ein breites Grinsen, ganz offensichtlich war es für ihn ein guter Tag. Wir nehmen uns noch einmal in den Arm und versprechen, in Kontakt zu bleiben. Einige Teilnehmer bleiben noch, um uns beim Zusammenrollen und Verstauen der Bodenmatten zu helfen.

9. Achtsamkeit im Alltag: ganz im Tun sein
    So wie wir achtsam sein können,
wann immer
wir gehen und nicht nur dann, wenn wir uns in der Gehmeditation üben, können wir in jedem Augenblick unseres Alltagslebens mit seinen Aufgaben, Erlebnissen und Begebenheiten Achtsamkeit bewahren: wenn wir eine Mahlzeit zubereiten, den Tisch decken, essen, abwaschen, Wäsche waschen, staubsaugen, den Müll hinausbringen, Gartenarbeit verrichten, den Rasen mähen, die Zähne putzen, duschen oder ein Bad nehmen, mit den Kindern spielen oder ihnen dabei helfen, sich für die Schule fertig zu machen, Fahrrad fahren, in den Bus oder die U-Bahn einsteigen, unsere Katze streicheln, den Hund ausführen, einen Menschen umarmen, küssen, berühren oder mit ihm schlafen, wenn wir zur Arbeit gehen oder auch nur auf einer Parkbank sitzen. Die Kunst besteht darin, Stille, inneres Gleichgewicht und geistige Klarheit zu einem Teil des Alltags zu machen.
    Alles, was sich benennen oder auch nur fühlen lässt, kann zum Gegenstand von Achtsamkeit werden. Wie wir schon mehrfach gesehen haben, wird jedes Tun, jedes Erlebnis durch Achtsamkeit intensiviert. Es wird lebendiger, strahlender, wirklicher. Zum Teil liegt das daran, dass der Strom der Gedanken ein wenig nachlässt und sich nicht so leicht zwischen uns und das wirkliche Geschehen drängt. Die Zunahme an Klarheit und Fülle, wie wir sie beim Body-Scan, in der Sitzmeditation und beim Yoga erleben, lässt sich ebenso in den Aktivitäten des

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