Gesund durch Meditation
Übung an jedem Morgen ihren Tag.
Jede Gelegenheit, bei der Sie zu Fuß unterwegs sind, ist geeignet, um Achtsamkeit zu üben. Hin und wieder jedoch sollten Sie sich ein einsames Plätzchen suchen, um auch die formale Gehmeditation zu üben, um langsam auf und ab, Schritt um Schritt, Augenblick um Augenblick, behutsam, im Einklang mit sich und Ihrem Leben, im Hier und Jetzt auf dieser Erde zu wandeln.
8. Ein Tag voller Achtsamkeit
Es ist ein herrlicher Junimorgen in Neuengland. Der Himmel ist strahlend blau, keine Wolke ist zu sehen. Um 8 . 15 Uhr kommen die ersten Kursteilnehmer in der Klinik an, mit Schlafsack, Kissen, Decke und Proviant auf den Armen. Eigentlich sehen sie mehr wie eine Gruppe von Campern aus und nicht wie Patienten. Im Konferenzraum unserer Fakultät sind blaue Metallstühle mit gerader Kunststofflehne entlang der Wände zu einem großen Rechteck angeordnet. Um 8 . 45 Uhr sind 120 Menschen in dem großen, freundlichen und hellen Raum versammelt. Sie verstauen ihre Jacken, Schuhe, Taschen und Brotzeitdosen unter den Sitzen und nehmen auf den Stühlen oder auf den im Raum verteilten, bunten Meditationskissen Platz. Etwa fünfzehn der Teilnehmer – »Veteranen«, wie wir sie bei uns nennen – haben das Programm bereits durchlaufen. Sie machen das Ganztagsseminar heute mit, um es zu wiederholen oder weil sie es beim ersten Mal versäumt hatten. Dieses Seminar ist ein fester, obligatorischer Bestandteil der Kurse und findet immer zwischen der sechsten und siebten Woche statt.
Sam, 74 , und sein Sohn Ken, 40 , haben vor Jahren an dem Programm teilgenommen und sind heute zur gemeinsamen »Auffrischung« gekommen. Sam, ehemals Lkw-Fahrer, sieht großartig aus. Er strahlt bis über beide Ohren, als er zu mir herüberkommt, mich in den Arm nimmt und sagt, wie schön es für ihn sei, wieder dabeizusein. Sam ist klein und hager, wirkt heiter und ausgeglichen. Er macht jetzt einen so ganz anderen Eindruck als der angespannte, verhärmte und grimmige Mann, der zwei Jahre zuvor zum ersten Mal in meinen Kurs kam, mit einem verbissenen Gesichtsausdruck und der für ihn damals charakteristischen verhärteten Kinnpartie. Ich kann über diese Verwandlung nur staunen, während ich für einen Moment an seine Typ-A-Diagnose (vgl. Kap. 15 ) und seine Aggressionsprobleme denke. Wie hart war damals sein Verhalten gegenüber Frau und Kindern gewesen. Wie er selbst zugab, war er seit seinem Ruhestand »unausstehlich« gewesen, nach außen hin ein sympathischer Bursche, im Umgang mit der Familie aber ein richtiger »Kotzbrocken«.
Ich erwähne sein gutes Aussehen, und er erwidert: »Ich bin ein anderer Mensch, Jon.« Sein Sohn Ken, der bei uns steht, nickt zustimmend und sagt, dass Sam nicht mehr argwöhnisch, gereizt und verschlossen sei. Er komme gut mit seiner Familie aus, sei zu Hause heiter und entspannt, sogar unbeschwert. Wir ziehen ihn noch ein bisschen auf, bis das Seminar um Punkt 9 . 00 Uhr beginnt.
Während sich draußen das Lehrpersonal der Klinik auf das Tagespensum vorbereitet, sehen wir uns im Raum um. Alle Teilnehmer, außer den »Veteranen« wie Sam und Ken, befinden sich jetzt in der sechsten Woche des MBSR -Programms. Nach Abschluss des heutigen Tagesseminars haben sie noch zwei weitere Wochen vor sich. An diesem Samstag haben wir alle laufenden Kurse der Klinik zu dem Ganztagsseminar zusammengeführt. Während ich mich weiter im Raum umschaue, sehe ich Teilnehmer ganz verschiedener Altersgruppen. Manche haben schneeweißes Haar, andere sind vielleicht gerade zwanzig oder fünfundzwanzig. Die meisten sind zwischen dreißig und fünfzig. Manche sind auf Krücken oder auf einen Stock gestützt gekommen.
Es sind auch mehrere Ärzte anwesend, die alle an dem Programm teilnehmen. Einer von ihnen, Chefarzt einer kardiologischen Abteilung, hatte schon eine Reihe von Patienten zu uns geschickt, bevor er beschloss, sich selbst zu dem Programm anzumelden. Er trägt jetzt eine Jogginghose, darüber ein kurzärmeliges Football-Trikot und hat, wie wir alle im Raum, seine Schuhe ausgezogen – kein geringer Kontrast zu seiner üblichen Kluft in der Klinik, dem weißem Kittel, der Krawatte und dem aus der Tasche heraushängenden Stethoskop. An diesem Tag sind die Ärzte im Raum ganz gewöhnliche Menschen, auch die Ärzte unserer Klinik. Heute sind sie in ihrem eigenen Interesse hier.
Der Tag beginnt um 9 . 00 Uhr damit, dass mein Kollege und Freund Saki Santorelli die Teilnehmer begrüßt und die
Weitere Kostenlose Bücher