Getäuscht - Thriller
Nummernschilder aller erfassten Fahrzeuge wurden überprüft und die Daten fünf Tage lang in einer Datenbank gespeichert. Wenn innerhalb dieser Zeitspanne ein Nummernschild abgefragt wurde, konnte der Weg des betreffenden Fahrzeugs durch die ganze Stadt nachvollzogen werden.
»Ich setze gleich nach unserer Rückkehr ein paar Jungs darauf an«, sagte Cleak.
»Hast du was über die Frau herausgefunden?«
»Leider nein. Russell war Junggeselle. Die Eltern wissen nichts von einer Freundin.«
»Wir müssen sie finden, Reg. Sie steht ganz oben auf unserer Liste.«
Cleak nickte und schrieb unaufhörlich in sein Notizheft.
»Was konnte der Duke of Suffolk dir über die Arbeit seines Sohnes sagen?«, fragte Kate.
»Er war Dozent am Christ Church College in Oxford.«
»Ein Dozent, der eine Knarre in der Schreibtischschublade liegen hat? Was hat er denn unterrichtet? Die hohe Schule der Schießkunst?«
»Geschichte. Der Duke konnte gar nicht oft genug betonen, dass sein Sohn einen Abschluss mit Auszeichnung hatte.«
»Wir alle sind tief beeindruckt. Hat der Duke auch erwähnt, was sein Sohn studiert hat?«
»Ja.« Cleak nahm die Pistole noch einmal aus der Schublade und betrachtete sie bewundernd. »Russisch.«
6.
»Wie konnte er ohne unser Wissen bis nach London fliegen?«, fragte Frank Connor, Divisions neuer »Krisenmanager«, und betrachtete das Foto, das vor genau drei Stunden von Jonathan Ransom auf dem Flughafen Heathrow in der Ankunftshalle des Terminal 4 aufgenommen worden war. »Ich dachte, er schuftet sich in diesem gottverlassenen Lager in Kenia zu Tode.«
»Im Turkana-Flüchtlingslager, um genau zu sein.«
»Auf mich wirkt er nicht besonders robust. Mir ist schleierhaft, wie man in so einem Höllenloch auch nur einen einzigen Tag überleben kann. Wie lange ist er schon dort? Sechs Monate?«
»Er hat Ende Februar seinen Dienst in Kenia angetreten«, antwortete Peter Erskine, Connors Stellvertreter. »Vor zwei Monaten erkrankte er an Malaria und hat dabei zehn Kilo abgenommen.«
»Wann wurde er zuletzt in diesem Lager gesehen?«
»Vor einer Woche, von einem unserer Agenten bei Save the Children.«
»Save the Children?« Connor schoss vor Zorn die Röte ins Gesicht. »Und wen wollen wir als Nächsten vor unseren Karren spannen? Den Papst?«
Wütend pfefferte er das Foto auf Ransoms zehn Zentimeter dicke Akte. Seit acht Jahren sammelte Division Informationen über Ransom, genauer gesagt, seit seinem ersten Einsatz für Ärzte ohne Grenzen in Liberia. Doch trotz der Akte hatte Jonathan Ransom nie für Division gearbeitet oder ein Gehalt von der US-Regierung bezogen. Bis vor einem halben Jahr hatte er nicht einmal gewusst, dass Division existierte, geschweige denn, dass er ihnen über Jahre hinweg bei ihren verdeckten Operationen behilflich gewesen war. Leute wie Ransom wurden in Geheimdienstkreisen »Bauern« genannt. Sie wurden so geschickt manipuliert, dass sie im Interesse der Regierung den Boden für die Drecksarbeit bereiteten, ohne es zu wissen. Frank Connor hatte eine eigene Bezeichnung für Leute wie Ransom: Trottel.
Mit einem Seufzer nahm Connor die Gleitsichtbrille ab und erhob sich von seinem Schreibtischstuhl. In einem Monat wurde er achtundfünfzig. Heute, an diesem herrlichen Sommermorgen, um 4.38 Uhr Eastern Standard Time, spürte er sein Alter bis in die Knochen. Es war vier Monaten her, seit er zum Krisenmanager von Division ernannt worden war; es waren die härtesten und zermürbendsten Monate seines Lebens gewesen.
Division war bereits vor dem 11. September 2001 ins Leben gerufen worden, als Reaktion auf die Unfähigkeit der CIA, die Verantwortlichen für die Bombenattentate auf den Khobar Tower in Saudi-Arabien, die US-Konsulate in Nairobi und Daressalam und weitere amerikanische Ziele im Ausland zu fassen und zu bestrafen. Die Hardliner im Pentagon hatten getobt vor Zorn und forderten Rache. Sie argumentierten, die CIA habe das Ziel aus den Augen verloren, und ihre Agenten seien zu Schreibtischhengsten mutiert, die sich lieber hinter Aktenbergen verschanzten, als sich die Hände schmutzig zu machen. Ihrer Meinung nach hatte die CIA seit zehn Jahren keine erfolgreiche Undercover-Operation mehr auf die Beine gestellt, konnte in den Krisengebieten der Welt keinen einzigen fähigen Agenten vorweisen.
Kurz und gut, sie forderten, dass die Geheimdienstarbeit nicht mehr alleinige Angelegenheit der Agentenschmiede in Langley sein durfte.
Es war an der Zeit, dass das Pentagon sich
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