Getäuscht - Thriller
Studentenverbindung Skull & Bones mit Leib und Seele Bonesman geworden war. Sein Großvater hatte im Zweiten Weltkrieg mit Allen Welsh Dulles in der Schweiz gearbeitet; sein Vater war in den Jahren 1976/77 stellvertretender Geheimdienstchef unter George H. W. Bush gewesen, dem damaligen Direktor der CIA und späteren US-Präsidenten. Erskine war neben Connor der Vorzeigeagent. Seine Funktion war es, hochrangigen Besuchern das Gefühl zu vermitteln, dass Division vertrauenswürdig war.
Connor ließ die Ausdrucke auf den Schreibtisch fallen. »Ransom nimmt also den weiten Weg von Afrika bis London auf sich, um vor einer Horde reicher Ärzte eine Rede über tropische Parasiten zu halten. Das nehme ich ihm nicht ab. Er weiß doch, dass wir ihn nicht aus den Augen lassen. Sie hat ihn bestimmt eindringlich gewarnt. Warum sollte er ein solches Risiko eingehen? Nein, für seinen Aufenthalt in London muss es einen anderen Grund geben.«
»Ich habe bei den Organisatoren der Veranstaltung nachgehakt«, sagte Erskine. »Sie haben Ransom vor drei Monaten eine Einladung geschickt. Die Kosten für den Flug und die Unterkunft gehen auf ihre Rechnung.«
Connor verschränkte die Arme vor seiner mächtigen Brust und warf seinem Stellvertreter einen scharfen Blick zu. »Das alles klingt verdächtig nach ihr.«
Es war unnötig, den Namen zu nennen. Connor sprach von niemand Geringerem als Emma Ransom.
Connor trat ans Fenster. Der Hauptsitz von Division war in ein unauffälliges Bürogebäude am Tyson's Corner verlegt worden, vierundzwanzig Kilometer südöstlich von Washington. Außer Division waren hier noch die US-Bundessteuerbehörde sowie das Amt für Maße und Gewichte untergebracht. Von seinem Balkon im zweiten Stock blickte Connor auf ein trostloses Asphaltpflaster und eine Autowerkstatt hinunter. Das war wirklich nicht mit dem Lincoln Memorial und dem Reflecting Pool zu vergleichen.
»Sie ist in London, Peter. Es war bestimmt nicht seine Idee, an dieser hochtrabenden Konferenz teilzunehmen. Er verabscheut solche Veranstaltungen. Emma steckt dahinter.«
»Bei allem Respekt, Sir. Ich kann ja verstehen, dass sie Sehnsucht nach ihrem Mann hat, aber warum sollte sie sich ausgerechnet eine Stadt wie London für ein Tete-a-Tete aussuchen? London ist die am besten bewachte Stadt der Welt. Es gibt dort mehr als fünfzigtausend Überwachungskameras - und das sind nur die, die die Regierung hat aufstellen lassen. Ein Passant wird bei einem Bummel über die Oxford Street mindestens fünfzig Mal fotografiert. Sie könnte genauso gut mit einer blutigen Nase in ein Haifischbecken springen.«
»Hört sich sehr nach ihr an«, sagte Connor.
Emma hatte die Operation in der Schweiz vereitelt und den Sturz Divisions vom Podest ausgelöst. Sie stand auf Connors persönlicher Liste ganz weit oben. Von der Frage, was mit Emma geschehen sollte, hing maßgeblich ab, ob Division zu altem Glanz zurückfand oder zerschlagen wurde.
»Was ist mit Ransoms Telefon?«, fragte Connor.
»Seinem Handy? Die Nummer, die wir in den Akten haben, ist beim Hersteller registriert.«
»Haben wir einen Verbindungsmann in ihrem Londoner Büro?«
»Inzwischen nicht mehr.«
Connor verkniff sich nur mit Mühe einen Fluch. Er war irischer Katholik und ging zweimal die Woche zum Gottesdienst. Auch wenn er nicht gerade fromm war, betete er dennoch mit Inbrunst. Er glaubte daran, dass man für seine Sünden geradestehen muss. »Wann fliegt Ransom zurück?«
»In drei Tagen.«
»Also hat er einen freien Tag eingeplant.«
»Es scheint so, aber ...«
»Kein Aber. Sie hat Kontakt mit ihm aufgenommen. Sie will ihn treffen.«
»Aber wieso?«, fragte Erskine hartnäckig. »Sie würde ein solches Risiko niemals eingehen. Nicht dort. Nicht jetzt. Nicht nach dem, was im April in Italien passiert ist. Sie weiß, dass wir mitbekommen haben, dass ihr Mann nach England geflogen ist. So stümperhaft ist sie nicht.«
»Vielleicht hast du recht.« Connor stützte sein Doppelkinn in die Hände und starrte mit blutunterlaufenen braunen Augen aus dem Fenster. Als er dann wieder sprach, schien er Erskines Anwesenheit vergessen zu haben. Mehr zu sich selbst sagte er: »Wir hatten die Chance, sie in Rom auszuschalten. Wir hatten den Köder ausgeworfen, und sie hatte angebissen, aber wir haben es versaut. Jetzt bekommen wir eine zweite Chance. Sie ist in London. Sie will ihren Mann treffen. Ich bin mir ganz sicher. Und dieses Mal erwischen wir sie!«
Connor machte zwei Anrufe, bevor
Weitere Kostenlose Bücher