Gevatter Tod
Kohl schreiben, zum Beispiel auf den hohen Vitamingehalt hinweisen, auf die vielen Spurenelemente in den Blättern, auf die für einen ordentlichen Stuhlgang bedeutsamen Ballaststoffe, auf den lobenswerten Nährwert. Dennoch fehlt solchen Früchten des Feldes und Schweißes etwas. Trotz ihrer kulinarischen und moralischen Überlegenheit im Vergleich zu Narzissen (um ein Beispiel zu nennen) haben sie nie die dichterische Kreativität stimuliert. Nur wenige Poeten ließen sich dazu herab, einige Zeilen über die Ästhetik des Kohls zu verfassen, in der Mehrzahl solche, die seit einer Woche fasteten. Die Entfernung nach Sto Lat betrug nur zwanzig Meilen, aber für die subjektive menschliche Erfahrung wuchs die Strecke auf das Hundertfache.
An den Toren von Sto Lat standen Wächter, doch im Vergleich zu denjenigen von Ankh-Morpork wirkten sie verlegen und unsicher, wie Amateure. Mort ritt an einem vorbei, und der Mann kam sich wie ein Narr vor, als er fragte: »Wer dort?«
»Ich habe leider keine Zeit, um mit dir zu reden«, erwiderte Mort.
Der Soldat war gerade erst der Stadtwache zugeteilt worden und nahm seine Aufgabe sehr ernst, obwohl – obwohl es ihm nicht sehr behagte, den ganzen Tag über ein Kettenhemd zu tragen und sich an einer Stange festzuhalten, an deren Ende der Stahl einer Axt glänzte. Als er sich freiwillig meldete, hatte er sich eine andere Art von Dienst vorgestellt: Aufregung, Herausforderung, eine Armbrust, vor allen Dingen eine Uniform, die nicht im Regen rostete.
Er trat vor, dazu entschlossen, die Stadt gegen Leute zu verteidigen, die verantwortungsbewußten und rechtmäßig autorisierten Repräsentanten der Legislative nicht mit dem gebührenden Respekt begegneten. Mort starrte auf die Lanzenspitze, die ihm nur wenige Zentimeter vor dem Gesicht schwebte. Mühsam versuchte er, seine Ungeduld zu bezähmen.
»Aber wenn ich es mir genauer überlege…«, sagte er wie beiläufig. »Was hältst du davon, wenn ich dir dieses prächtige Roß zum Geschenk mache?«
Es fiel ihm nicht weiter schwer, den Eingang des Schlosses zu finden. Auch dort standen Wächter, führten Armbrüste bei sich und zeigten betont grimmige Mienen. Mort bedauerte es, daß ihm die Pferde ausgegangen waren. Eine Zeitlang wanderte er vor dem Tor umher, bis er schließlich die neugierigen und argwöhnischen Blicke aller Palastwachen auf sich ruhen fühlte. Enttäuscht ging er fort, schlenderte niedergeschlagen durch die Straße und verfluchte seine eigene Dummheit.
Ein zwanzig Meilen weiter Ritt, vorbei an endlosen Kohlfeldern, der verlängerte Rücken inzwischen kaum mehr als ein taubes Stück Holz… Wozu das alles? Er wußte nicht einmal, was er sich von einem Aufenthalt in Sto Lat versprach. Die Prinzessin hatte ihn bemerkt, obgleich er sich unsichtbar wähnte? Na und? Bedeutete das irgend etwas? Nein, natürlich nicht? Trotzdem sah Mort immer wieder die hoffnungsvoll blickenden Augen der jungen Frau. Er wollte ihr sagen, es werde alles gut. Er wollte ihr von sich erzählen, von seinen Wünschen und Zukunftserwartungen. Er wollte feststellen, in welchem Zimmer des Schlosses sie wohnte. Er wollte das Fenster beobachten, bis sie das Licht löschte. Und so weiter, und so fort.
Einige Zeit später drang ein seltsam dumpfes rhythmisches Geräusch an die Ohren eines aufmerksamen Schmieds, der in einer Seitenstraße von Sto Lat arbeitete, in einer Gasse, die direkt ans Schloß grenzte. Zu seinem großen Erstaunen bemerkte er einen hochgewachsenen, schlaksigen und rotgesichtigen jungen Mann, der immer wieder versuchte, durch die Palastwand zu gehen.
Noch etwas später betrat ein junger Mann mit Kratzern und Schrammen im Gesicht eine Schenke und erkundigte sich nach dem Wohnort des nächsten Zauberers.
Noch etwas später näherte sich Mort einem kleinen schiefen Haus, über dessen Eingangstür ein dunkel angelaufenes Messingschild hing. Die Aufschrift lautete: Ignazius Eruptus Schneidgut, Doctoruß Magus (Unsichtbare Universität), Maister des Unendlichen, Illuminahtus, Zauberer des Zweiundfünfzigsten Grades, Hüter der Sacralen Pfohrte – Wenn nicht zu Hause Poßt bitte bei Frau Thugent nebenan hinterlaßen.
Mort war angemessen beeindruckt, und das Herz klopfte ihm bis zum Hals hinauf, als er nach dem Türklopfer griff – der gußeisernen Nachbildung eines unheimlichen Fabelwesens, in dessen breiter Schnauze ein dicker Ring steckte – und zweimal pochte.
Einige Sekunden lang geschah überhaupt nichts, dann hörte Mort
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