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Gevatter Tod

Gevatter Tod

Titel: Gevatter Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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seltsame Geräusche. Bei einem weniger ehrwürdigen Domizil hätte er angenommen, daß jemand hastig Geschirr in die Spüle schob und schmutzige Wäsche unter dem Sofa versteckte.
    Schließlich öffnete sich die Tür, schwang langsam und geheimnisvoll auf.
    »Du follteft beffer ftaunen«, sagte der Türklopfer im Plauderton. Der Ring behinderte ihn etwas. »Er benutzt einige Rollen und Feile. Weifft du, in Hinficht auf Öffnungfzauber ift er nicht fehr begabt.«
    Mort starrte auf die grinsende Metallfratze. Ich arbeite für ein Skelett und kann durch Wände gehen, dachte er. Warum sollte mich so etwas überraschen?
    »Besten Dank«, sagte er.
    »Gern gefehen. Klopf die Ftiefel an den Ftufen ab. Die Fufmatte hat heute ihren freien Tag.«
    Mort betrat ein großes niedriges Zimmer, eine düstere Kammer voller Schatten und Schemen. Es roch hauptsächlich nach Weihrauch und gekochtem Kohl – aber auch nach schmutziger Wäsche und jener Sorte von Person, die des Morgens ihre Socken an die Wand wirft und das Paar trägt, das nicht an der Tapete festklebt. Mort sah eine große (gesprungene) Kristallkugel, ein Astrolabium (es fehlten mehrere Teile), ein abgewetztes Oktagramm auf dem Boden und einen ausgestopften Alligator, der von der Decke herabhing. Ausgestopfte Alligatoren gehören zur Standard-Ausstattung eines jeden magischen Laboratoriums. Dieses besondere Exemplar wirkte recht verdrießlich.
    Ein Perlenschnur-Vorhang an der einen Seite knisterte dramatisch beiseite und offenbarte jemanden, der eine Kapuze trug. Solche Aufmachungen waren Mort bereits vertraut.
    »Günstige Sterne leuchten auf die Stunde unserer Begegnung herab!« verkündete die Gestalt wohlwollend.
    »Welche Sterne?« fragte Mort.
    Einige Sekunden besorgten Schweigens folgten.
    »Ich bitte um Verzeihung.«
    »Welche Sterne meinst du?« erkundigte sich Mort.
    »Günstige«, sagte die Gestalt unsicher und holte tief Luft. »Welches Anliegen führt dich zu Ignazius Eruptus Schneidgut, Bewahrer der Acht Schlüssel, Wanderer in den Kerkerdimensionen, Oberster Magus des…«
    »Entschuldige«, warf Mort ein, »bist du das wirklich?«
    »Wirklich was?«
    »Meister des Übernatürlichen, Erster Lord Dingsbums der Sakralen Kerker und so weiter?«
    Schneidgut schlug verärgert die Kapuze zurück. Anstelle des erwarteten graubärtigen Mystikers sah Mort ein rundliches, pummeliges Gesicht, rosafarben und weiß wie Schweinepastete – ein Vergleich, der sich nicht nur auf die farblichen Aspekte beschränkte. Zum Beispiel haben Schweinepasteten keinen Bart und erwecken meistens einen gutmütigen Eindruck.
    »Im übertragenen Sinne«, antwortete Ignazius Eruptus.
    »Was bedeutet das?«
    »Es bedeutet, äh: nein«, sagte Schneidgut.
    »Aber du hast doch gesagt…«
    »Das war nur Werbung«, behauptete der Zauberer. »Eine besondere Art von Magie, mit der ich mich seit einiger Zeit befasse. Nun, was möchtest du?« Schneidgut lächelte hintergründig. »Einen Liebestrank? Ein Mittel, um junge Damen von deinen männlichen Qualitäten zu überzeugen?«
    »Ist es möglich, durch Wände zu gehen?« fragte Mort verzweifelt. Schneidguts Hand verharrte dicht vor einer großen Flasche mit öliger Flüssigkeit.
    »Mit Hilfe von Magie?«
    »Äh«, machte Mort, »ich glaube nicht.«
    »Dann solltest du sehr dünne Wände wählen«, riet der Zauberer. »Noch besser: Benutz die Tür. Ich empfehle dir die dort drüben, falls du nur gekommen bist, um meine Zeit zu verschwenden.«
    Mort zögerte und legte seinen Beutel mit dem Gold auf den Tisch. Schneidgut starrte auf die Münzen, wimmerte leise und streckte die Hand nach einer gelben Scheibe aus. Sein Besucher hielt ihn am Unterarm fest.
    »Ich bin durch Wände gegangen«, sagte Mort langsam und deutlich.
    »Oh, natürlich bist du das, selbstverständlich«, murmelte der Zauberer. Sein Blick klebte am Beutel fest. Er löste den Korken aus einer Flasche, in der es bläulich schimmerte, trank einen geistesabwesenden Schluck.
    »Es ist nur… Vorher wußte ich nicht, daß ich dazu in der Lage bin, und als ich durch die erste Wand ging, wußte ich nicht, was ich anstellte, und obwohl ich inzwischen auch andere Mauern durchschritten habe, weiß ich noch immer nicht, wie ich das fertigbringe. Ich möchte wissen, wie man so etwas bewerkstelligt.«
    »Warum?«
    »Weil…«, begann Mort. »Nun, wenn ich ganz bewußt durch Wände gehen könnte, wäre ich praktisch zu allem fähig.«
    »Ausgesprochen tiefsinnig«, erklärte Schneidgut.

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