Gevatter Tod
vorsichtig) den scharfen Stahl (?). Das hauchdünne Etwas erschimmerte in einem strahlenden Blau und zerschnitt das Sternenlicht wie weiche Butter. Mort ließ sich langsam in den Sattel sinken und verzog das Gesicht, als sein Allerwertester protestierte. Glücklicherweise genoß man bei einem Ritt mit Binky einige Vorteile – der betreffende Reiter hatte das angenehme Gefühl, auf einem weichen Kissen zu sitzen. Mort zögerte kurz, trunken mit delegierter Autorität, öffnete die Satteltasche, holte Tods Ersatzmantel hervor, streifte ihn um die Schultern und ließ die silberne Brosche am Hals zuschnappen.
Noch einmal betrachtete er die erste Lebensuhr und trieb Binky mit den Knien an. Der Hengst beschnüffelte die kühle Abendluft und setzte sich in Bewegung.
Einige Dutzend Meter entfernt rannte Ignazius Eruptus Schneidgut aus seinem Haus, beschleunigte auf dem frostigen Kopfsteinpflaster und lief mit wehendem Umhang.
Das Pferd begann mit leichtem Trab, und die Distanz zwischen den Hufen und der Straße wuchs. Der Schweif zuckte kurz, als Binky über die Dächer hinwegschwebte und gen Himmel glitt.
Schneidgut bemerkte nichts davon. Seine Gedanken galten (im wahrsten Sinne des Wortes) drängenderen Angelegenheiten. Er stieß sich ab, sprang und landete der Länge nach im langsam gefrierenden Wasser der Pferdetränke. Erleichtert blieb er liegen, seufzte und beobachtete die winzigen, schwimmenden Eisschollen. Sie lösten sich auf. Und kurz darauf begann das Wasser zu dampfen und zu brodeln.
Mort wahrte eine nur geringe Höhe und genoß den Rausch der Geschwindigkeit. Das schlafende Land raste stumm unter ihm hinweg. Binky galoppierte mühelos, und die dicken Muskelstränge bewegten sich wie Schlangen unter dem Fell des großen Hengstes. Die dichte Mähne streifte Morts Gesicht. Das blaue Glühen der Sense zerteilte die Finsternis und ließ zwei Hälften der Nacht zurück.
Stumm wie ein Schatten flogen sie durch den Mondschein, sichtbar nur für Katzen und Zauberer, die mit Dingen herumpfuschten, an denen sie sich die thaumaturgischen Finger verbrennen konnten.
Bald wich die weite Ebene ersten Hügeln, und kurz darauf marschierten ihnen die hohen Grate der Spitzhornberge entgegen, Binky senkte den Kopf, wurde etwas langsamer und näherte sich einem Paß zwischen zwei aufragenden Gipfeln, im silbrigen Licht so spitz wie Koboldzähne. Irgendwo heulte ein Wolf.
Mort warf einen neuerlichen Blick auf die Lebensuhr. Sie war mit den Nachbildungen von Eichenblättern und Alraunen verziert, und das Licht des Mondes verlieh dem Sand einen goldfarbenen Glanz. Er drehte das Glas hin und her, und schließlich las er die dünne zarte Gravur eines Namens: Ammelin Kniesehne.
Binky setzte den Flug in einem gemütlichen Handgalopp fort, und Mort beobachtete das Dach eines weiten Waldes. Schnee glitzerte auf den Wipfeln, junges – oder sehr, sehr altes – Weiß. In dieser Hinsicht konnte man nie ganz sicher sein, denn die Spitzhornberge horteten ihr Wetter und verteilten es, ohne dabei die Gebote des Kalenders zu berücksichtigen.
Unter ihnen bildete sich eine Lücke. Binky trat auf die metaphorische Bremse, schwang herum und sank einer Lichtung mit mehreren hohen Schneewehen entgegen. Genau in der Mitte des hellen Runds stand eine kleine Hütte. Wenn der Boden nicht mit kristallisiertem Wasserstoffoxid bedeckt gewesen wäre, hätte Mort sicher das Fehlen von Baumstümpfen bemerkt: Die Bäume waren nicht etwa einer Axt zum Opfer gefallen; man hatte sie schlicht und einfach entmutigt, auf der Lichtung zu wachsen.
Einige hohe Fichten gingen auf Nummer Sicher und zogen sich tiefer in den Wald zurück.
Kerzenlicht flackerte durch ein Fenster der Hütte, tastete blaß und orangefarben über den Schnee.
Binky setzte weich auf und tänzelte über die weiße Kruste, ohne darin einzusinken. Natürlich hinterließ der Hengst keine Hufspuren.
Mort stieg ab, ging zur Tür, brummte leise und holte versuchsweise mit der Sense aus.
Das Hüttendach wies mehrere, sanft nach unten geneigte Vorsprünge auf, über die schwere Schneelasten abrutschen konnten. Darüber hinaus dienten sie dazu, das Brennholz vor den Unbilden des Wetters zu schützen. Kein Bewohner der Spitzhornberge wagte es, den Winter ohne große Holzhaufen auf mindestens drei Seiten seines Heims zu erwarten. In diesem Fall aber fehlten Scheite, obgleich es noch Monate dauerte, bis der Frühling begann.
Dafür hing direkt neben der Tür ein Netz mit Heu. Ein Zettel war
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