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Gewalt

Gewalt

Titel: Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Pinker
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ihr Gewicht auf der ganzen Welt in die Waagschale werfen können. Nach Levys Befunden waren zu allen Zeiten wenige 800 -Pfund-Gorillas für die Mehrzahl der Schwierigkeiten verantwortlich. [563] An rund 70  Prozent aller Kriege, die Wright für ein halbes Jahrtausend und die ganze Welt in seiner Datenbank verzeichnete, waren die Großmächte beteiligt, und viele von ihnen haben die zweifelhafte Ehre, an zumindest einem Fünftel aller europäischen Kriege mitgewirkt zu haben. [564] (Das gilt noch heute: Frankreich, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und die UdSSR/Russland waren seit dem Zweiten Weltkrieg in mehr internationale Konflikte verwickelt als jeder andere Staat.) [565] Staaten, die zur Liga der Großmächte hinzustoßen oder sie verlassen, fechten wesentlich mehr Kriege aus, solange sie dazugehören. Die Konzentration auf Großmächte hat unter anderem den Vorteil, dass sie große Spuren hinterließen, und deshalb ist es unwahrscheinlich, dass die Geschichtsschreiber ihrer Zeit einen von solchen Staaten unternommenen Krieg übersehen haben.
    Wie man aufgrund der verschobenen Potenzgesetz-Verteilung der Größenordnung von Kriegen erwarten kann, waren Konflikte zwischen Großmächten (insbesondere diejenigen, an denen gleichzeitig mehrere derartige Staaten beteiligt waren) für einen erheblichen Anteil aller Todesopfer verantwortlich. [566] Oder, wie ein afrikanisches Sprichwort sagt (wie die meisten afrikanischen Sprichwörter, so wird auch dieses vielen verschiedenen Stämmen zugeschrieben): Wenn Elefanten kämpfen, leidet das Gras. Und die Elefanten haben die Gewohnheit, untereinander in Streit zu geraten, weil sie nicht von einem noch mächtigeren Oberherrscher an der Leine geführt werden, sondern einander ständig in einem Zustand der nervösen Hobbes’schen Anarchie beäugen.
    Levy stellte genaue Kriterien für Großmächte auf und nannte dann die Länder, die danach zwischen 1495 und 1975 in diese Kategorie gehörten. Die meisten von ihnen sind große europäische Staaten: Frankreich und England/Großbritannien während der gesamten Periode; die Staatswesen, die bis 1918 von der Dynastie der Habsburger regiert wurden; Spanien bis 1808 ; die Niederlande und Schweden im 17 . und frühen 18 . Jahrhundert; Russland/UdSSR ab 1721 ; Preußen/Deutschland ab 1740 ; und Italien von 1861 bis 1943 . Die Liste enthält aber auch einige Mächte außerhalb Europas: das Osmanische Reich bis 1699 ; die Vereinigten Staaten ab 1898 ; Japan von 1905 bis 1945 ; und China seit 1949 . Levy stellte Daten über Kriege zusammen, die pro Jahr mindestens 1000 Todesopfer forderten (die Zahl stellt in vielen Datenbeständen, beispielsweise im Correlates of War Project, eine Untergrenze für einen »Krieg« dar), bei denen mindestens auf einer Seite eine Großmacht stand, und bei denen auch zur Gegenpartei ein Staat gehörte. Kolonialkriege und Bürgerkriege ließ er weg, es sei denn, eine Großmacht griff aufseiten der Aufständischen in einen Bürgerkrieg ein, was bedeutete, dass eine Großmacht Krieg gegen eine fremde Regierung führte. Ausgehend von Correlates of War, habe ich nach Rücksprache mit Levy seine Daten um das Vierteljahrhundert, das im Jahr 2000 endete, erweitert. [567]
    Beginnen wir mit den Zusammenstößen der Giganten – mit den Kriegen, bei denen auf jeder Seite mindestens eine Großmacht stand. Zu ihnen gehören die »allgemeinen Kriege«, wie Levy sie nannte; man könnte sie auch als »Weltkriege« bezeichnen, zumindest in dem Sinn, in dem der Erste Weltkrieg diesen Namen verdient – die Kämpfe erfassten nicht die ganze Welt, aber die meisten Großmächte waren darin verwickelt. Dazu gehören der Dreißigjährige Krieg ( 1618 – 1648 , sechs der sieben Großmächte), der Krieg Ludwigs  XIV . gegen die Niederlande ( 1672 – 1678 , sechs von sieben), der pfälzische Erbfolgekrieg ( 1688 – 1697 , fünf von sieben), der Spanische Erbfolgekrieg ( 1701 – 1713 , fünf von sechs), der Österreichische Erbfolgekrieg ( 1739 – 1748 , sechs von sechs), der Siebenjährige Krieg ( 1755 – 1763 , sechs von sechs) und die französischen Revolutions- und napoleonischen Kriege ( 1792 – 1815 , sechs von sechs) sowie die beiden Weltkriege. In mindestens 50 weiteren Konflikten standen sich mindestens zwei Großmächte gegenüber.
    Einen Anhaltspunkt dafür, wie sich Kriege in verschiedenen Epochen auswirken, liefert der Prozentsatz der Zeit, in der die Menschen Kriege zwischen Großmächten mit ihren

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