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Gewalt

Gewalt

Titel: Gewalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Pinker
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Kriegsgründe zu finden); und, wenn beide keine Großmächte waren, ob der eine erheblich mächtiger war als der andere (Staaten kämpfen seltener gegeneinander, wenn die Kräfteverhältnisse ungleich sind und das Ergebnis vorauszusehen ist).
    Werden also Demokratien unter ansonsten gleichen Umständen seltener in militärische Auseinandersetzungen verwickelt? Die Antwort ist ein klares Ja. Wenn es sich bei dem weniger demokratischen Staat eines Paares um eine richtige Autokratie handelte, verdoppelte sich die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts im Vergleich zu einem durchschnittlichen Paar risikobehafteter Staaten. Waren beide Staaten ausschließlich demokratisch, sank die Wahrscheinlichkeit einer Auseinandersetzung auf weniger als die Hälfte. [713]
    In Wirklichkeit bestätigte sich die Theorie des Demokratischen Friedens sogar noch besser, als ihre Fürsprecher gehofft hatten. Demokratien vermeiden nicht nur Konflikte untereinander, sondern es besteht die Vermutung, dass sie sich generell aus Auseinandersetzungen heraushalten. [714] Und dass sie nicht gegeneinander kämpfen, liegt nicht nur daran, dass sie aus dem gleichen Holz geschnitzt sind: Einen autokratischen Frieden, eine Art Ganovenehre, nach der auch Autokratien Auseinandersetzungen vermeiden, gibt es nicht. [715] Der Demokratische Frieden blieb nicht nur über die gesamten 125  Jahre bestehen, die von den vorhandenen Daten abgedeckt werden, sondern auch in den darin enthaltenen Zeiträumen von 1900 bis 1939 und von 1989 bis 2001 . Dies zeigt, dass der Demokratische Frieden kein Nebenprodukt der Pax Americana während des Kalten Krieges ist. [716] In Wirklichkeit gab es nie Anzeichen für eine Pax Americana oder Pax Britannica: In den Jahren, in denen einer dieser Staaten die weltweit beherrschende Militärmacht war, ging es nicht friedlicher zu als in Zeiten, in denen sie nur eine unter vielen waren. [717] Ebenso spricht nichts dafür, dass neue Demokratien unbotmäßige Ausnahmen vom Demokratischen Frieden darstellen würden: Man denke nur an die baltischen und zentraleuropäischen Staaten, die nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Reiches demokratisch wurden, oder an die südamerikanischen Staaten, die in den 1970 er und 1980 er Jahren ihre Militärjuntas abschüttelten: Keiner von ihnen führte anschließend Krieg. [718] Russett und Oneal fanden nur eine Einschränkung des Demokratischen Friedens: Wie man es aufgrund der vielen Gegenbeispiele aus dem 19 . Jahrhundert schon erwarten konnte, setzte er erst um 1900 ein. [719]
    Der Demokratische Frieden hat also eine strenge Prüfung in guter Verfassung überstanden. Das bedeutet aber nicht, dass wir nun die Missionare der Freiheit spielen und jeder Autokratie, bei der wir eine Invasion unternehmen können, eine demokratische Regierung aufzwingen sollten. Demokratie ist nicht etwas, das nur von außen in eine Gesellschaft kommen kann; ebenso ist sie auch keine Liste von Verfahrensweisen für Regierungen, aus der alles Gute ganz von selbst folgt. Demokratie ist in ein Geflecht von zivilisierten Einstellungen verwoben, zu dem vor allem auch der Verzicht auf politische Gewalt gehört. Wie gesagt: England und die Vereinigten Staaten hatten den Boden für ihre Demokratien bereitet, als ihre Machthaber und deren Gegner die Gewohnheit, sich gegenseitig umzubringen, abgelegt hatten. Ohne ein solches Geflecht ist Demokratie keine Garantie für inneren Frieden. Neue, zerbrechliche Demokratien fangen zwar keine Kriege mit anderen Staaten an, wie wir aber im nächsten Kapitel noch genauer erfahren werden, sind sie der Schauplatz eines großen Teils der Bürgerkriege.
    Aber auch wenn es um die Abneigung der Demokratien gegen zwischenstaatliche Kriege geht, wäre es vorschnell, der Demokratie das Verdienst als erste Ursache zuzusprechen. Staaten mit demokratischer Regierungsform sind die Nutznießer der glücklichen Seite des Matthäus-Effektes: Wer hat, dem wird gegeben, und wer nicht hat, dem wird genommen. Demokratien sind nicht nur frei von Despoten, sondern sie sind auch reicher, gesünder, besser gebildet und aufgeschlossener für internationalen Handel und internationale Organisationen. Um den Langen Frieden zu verstehen, müssen wir solche Einflüsse auseinanderhalten.

Kapitel 7 Die Revolutionen der Rechte
    Ich habe einen Traum, dass eines Tages diese Nation sich erheben wird und der wahren Bedeutung ihres Credos gemäß leben wird: »Wir halten diese Wahrheit für selbstverständlich: dass alle Menschen

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