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Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Titel: Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marshall B. Rosenberg
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Der Schmerz, den wir fühlen, wenn wir unsere Bedürfnisse ausdrücken, im Gegensatz zu dem Schmerz, den wir beim Unterdrücken unserer Bedürfnisse fühlen
    In einer Welt, in der wir oft streng verurteilt werden, wenn wir unsere Bedürfnisse wahrnehmen und sie auch zeigen, kann es sehr beängstigend sein, gerade das zu tun.
    Besonders Frauen sind empfänglich für Kritik. Jahrhundertelang war das Bild der liebenden Frau geprägt von ihrer Opferhaltung und der Verleugnung eigener Bedürfnisse zugunsten der Fürsorge für andere. Weil Frauen dazu erzogen werden, es als ihre höchste Pflicht anzusehen, sich um andere zu kümmern, haben viele von ihnen gelernt, ihre eigenen Bedürfnisse zu ignorieren.
    Wir diskutierten einmal in einem Workshop, was Frauen erleben, die solche Glaubensmuster in sich tragen. Wenn diese Frauen um das bitten, was sie möchten, dann werden sie das meistens auf eine Weise tun, die ihren Glauben widerspiegelt, sie hätten nicht wirklich ein Recht auf ihre Bedürfnisse, und ihre Bedürfnisse wären unwichtig, was wiederum diesen Glauben weiter verstärkt. Zum Beispiel: Nur weil sie Angst hat, um das zu bitten, was sie braucht, kann es einer Frau unmöglich sein, einfach zu sagen, daß sie einen arbeitsreichen Tag hatte, müde ist und am Abend etwas Zeit für sich selbst möchte; statt dessen klingen die Worte aus ihrem Mund wie eine Anklage: „Du weißt ja, daß ich heute nicht einen Moment Zeit für mich hatte. Ich habe die ganzen Hemden gebügelt, ich habe die Wäsche von der ganzen Woche gewaschen, war mit dem Hund beim Tierarzt, habe Essen gemacht, die Pausenbrote geschmiert und die Nachbarn wegen des Haustreffens angerufen, also (flehend) ... wie wär’s, wenn du ...?“ „Nein!“ kommt die umgehende Antwort. Ihre wehleidige Bitte ruft eher Widerstand als Mitgefühl bei ihren Zuhörern hervor. Es fällt ihnen schwer, die Bedürfnisse hinter ihren Klagen zu hören und ernst zu nehmen. Außerdem reagieren die Angesprochenen negativ auf ihren schwachen Versuch, von der Position aus zu argumentieren, was sie von den anderen bekommen „sollte“ oder „verdient“. Am Ende ist die Betreffende wieder überzeugt davon, daß ihre Bedürfnisse nicht zählen. Sie merkt nicht, daß sie ihre Bedürfnisse auf eine Weise zum Ausdruck gebracht hat, die zu einer positiven Reaktion wenig beiträgt.
    Wenn wir unsere Bedürfnisse nicht ernst nehmen, tun andere es auch nicht.
    Meine Mutter war einmal in einem Workshop, wo andere Frauen darüber sprachen, wie beängstigend es immer war, die eigenen Bedürfnisse auszudrücken. Plötzlich stand sie auf, ging aus dem Raum und kam lange nicht wieder. Als sie schließlich wiederkam, sah sie sehr blaß aus. Vor der Gruppe fragte ich sie: „Mutter, geht es dir gut?“ „Ja“, sagte sie, „aber mir ist plötzlich etwas klar geworden, und es fällt mir sehr schwer, das anzunehmen.“ „Was ist es?“ „Mir ist gerade klar geworden, daß ich mich 36 Jahre lang über deinen Vater geärgert habe, weil er meine Bedürfnisse nicht erfüllt hat, und jetzt merke ich, daß ich ihm nicht ein einziges Mal klar gesagt habe, was ich brauche.“
    Was meine Mutter da offenbarte, war richtig. Ich kann mich nicht erinnern, daß sie meinem Vater auch nur einmal klar ihr Anliegen gesagt hatte. Sie druckste immer herum und machte alle möglichen Anspielungen, aber bat nie direkt um das, was ihr wichtig war.
    Wir versuchten zu verstehen, warum ihr das so schwergefallen war. Meine Mutter wuchs in einer verarmten Familie auf. Sie erinnerte sich, daß sie als Kind um dies und jenes gebeten hatte und von ihren Geschwistern immer ermahnt wurde: „Darum darfst du nicht bitten! Du weißt doch, daß wir arm sind. Glaubst du, du bist die einzige, die etwas haben möchte?“ So bekam sie immer mehr Angst davor, daß ihre Bitten um das, was sie brauchte, nur zu Ablehnung und Verurteilung führten.
    Dazu fiel ihr noch eine Geschichte aus ihrer Kindheit ein. Eine ihrer Schwestern hatte eine Blinddarmoperation und bekam danach von einer anderen Schwester eine wunderschöne, kleine Geldbörse geschenkt. Meine Mutter war damals vierzehn. Oh, wie gerne hätte sie auch so ein wunderschön besticktes Täschchen gehabt, aber sie traute sich nicht,

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