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Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Titel: Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marshall B. Rosenberg
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die Krankenschwestern ihre Kollegin nach ihrer Zauberformel: Die ältere Patientin hatte angefangen zu essen und ihre Medikamente zu nehmen, und sie war offensichtlich besserer Laune. Obwohl die Krankenschwestern versucht hatten, ihr mit Ratschlägen und Beschwichtigungen zu helfen, hatte die Patientin erst im Gespräch mit der ehrenamtlichen Kollegin das bekommen, was sie wirklich gebraucht hatte: Kontakt mit einem menschlichen Wesen, das ihre tiefe Verzweiflung hören konnte.
    Es gibt keine unfehlbaren Regeln, was das Wiedergeben mit eigenen Worten angeht, aber als Faustregel können wir relativ sicher davon ausgehen, daß Menschen, die sich sehr intensiv emotional äußern, gerne unsere Wiedergabe ihrer Gefühle hören möchten. Wenn wir selbst sprechen und deutlich signalisieren, ob wir unsere Worte wiedergegeben haben möchten oder nicht, dann macht es das dem Zuhörer möglicherweise leichter.
    Geben Sie Aussagen wieder, die emotional stark geladen sind.
    Es gibt Situationen, in denen wir uns u.U. dafür entscheiden, die Aussagen einer Person aus Respekt vor bestimmten kulturellen Normen nicht verbal wiederzugeben. Es nahm z.B. einmal ein Chinese an einem Workshop teil, der lernen wollte, wie er die Gefühle und Bedürfnisse hinter den Bemerkungen seines Vaters heraushören konnte. Weil er die Kritik und die Angriffe, die er ständig aus den Worten seines Vaters heraushörte, nicht mehr ertragen konnte, fürchtete sich der Mann davor, seinen Vater zu besuchen, und ging monatelang nicht mehr zu ihm hin. Zehn Jahre später kam er zu mir und berichtete, daß seine Fähigkeit, auf Gefühle und Bedürfnisse zu hören, die Beziehung zu seinem Vater radikal umwandeln konnte, und daß sie jetzt viel Freude an ihrem nahen und liebevollen Kontakt hatten. Auch wenn er auf die Gefühle und Bedürfnisse seines Vaters hört, gibt er nicht wieder, was er aufnimmt. „Ich sage es nie laut“, erklärte er. „In unserer Kultur sind es die Menschen nicht gewohnt, direkt auf ihre Gefühle angesprochen zu werden. Aber dank der Tatsache, daß ich das, was er sagt, nicht mehr als Angriff höre, sondern als seine eigenen Gefühle und Bedürfnisse, ist unsere Beziehung unglaublich schön geworden.“
    Geben Sie die Worte des anderen nur dann wieder, wenn es zu größerem Mitgefühl und Verständnis beiträgt.
    „Sie werden ihn also nie direkt auf seine Gefühle ansprechen, aber es hilft, daß Sie sie hören können?“ fragte ich. „Nein, ich glaube, jetzt bin ich bereit für ein direkteres Ansprechen“, antwortete er. „Jetzt, wo wir eine so stabile Beziehung haben, wenn ich da zu ihm sagen würde, ,Papa, ich würde auch gerne mit dir über das sprechen, was wir fühlen‘, glaube ich, daß er einfach auch bereit dazu sein könnte.“
    Wenn wir mit unseren eigenen Worten etwas wiedergeben, ist der Ton, in dem wir das tun, von großer Bedeutung. Wenn sie ihre eigenen Aussagen hören, reagieren die Leute besonders sensibel auf den kleinsten Anflug von Kritik oder Ironie. Genauso negativ wirkt ein bestimmender Ton, der impliziert, daß wir den anderen erklären, was in ihnen vorgeht. Wenn wir jedoch bewußt auf die Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen hören, dann vermittelt unser Ton, daß wir fragen, ob wir sie verstehen – und nicht beanspruchen, daß wir verstanden haben.
    Wir sollten auch auf die Möglichkeit vorbereitet sein, daß die Absicht hinter unserer Wiedergabe mißverstanden wird. „Laß mich mit diesem Psychomist in Ruhe!“ sagt dann vielleicht jemand zu uns. Wenn das passiert, stimmen wir uns weiterhin auf die Gefühle und Bedürfnisse der anderen Person ein; vielleicht merken wir dann, daß sie unseren Motiven nicht vertraut und ein besseres Verständnis unserer Absichten braucht, bevor es einen Wert für sie hat, unsere Wiedergabe zu hören. Wie wir gesehen haben, verschwinden alle Kritiken, Angriffe, Beleidigungen und Urteile, sobald wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, die Gefühle und Bedürfnisse hinter einer Äußerung zu hören. Je mehr wir uns darin üben, desto deutlicher wird uns eine einfache Wahrheit: Hinter all diesen Botschaften, bei denen wir uns eingeschüchterte Gefühle erlaubt haben, stehen einfach Menschen mit unerfüllten Bedürfnissen, die sich an uns wenden, damit wir zu ihrem Wohlergehen beitragen. Wenn wir mit diesem Bewußtsein die Äußerungen anderer Leute aufnehmen, dann fühlen wir uns durch das, was sie zu uns sagen, nie gedemütigt. Wir fühlen uns nur dann gedemütigt,

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