Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)
zu bringen, uns zu mögen – und vermeiden andererseits Handlungen, die vielleicht dazu führen könnten, daß sie uns ablehnen oder bestrafen.
Ich finde es tragisch, daß wir uns so sehr dafür anstrengen, Liebe zu erkaufen, und daß wir davon ausgehen, wir müßten uns selbst verleugnen und tun, was andere von uns verlangen, um gemocht zu werden. Es ist vielmehr so: Handeln wir einzig und allein aus einer lebensspendenden Energie heraus, dann werden wir feststellen, daß andere Menschen uns Wertschätzung entgegenbringen. Ihre Wertschätzung ist jedoch nur ein Rückmeldungsmechanismus, der uns zeigt, daß unsere Bemühungen zum gewünschten Ergebnis geführt haben. Wir feiern die Wertschätzung für unsere Wahl, unsere ganze Kraft für das Leben einzusetzen, und daß uns das auch gelungen ist. Dieses Feiern schenkt uns eine so unverfälschte Freude, wie sie uns die Bestätigung anderer niemals geben kann.
3. Um einer Bestrafung zu entgehen
Manche Leute zahlen in erster Linie deshalb Steuern, weil sie einer Bestrafung entgehen möchten. Als Konsequenz daraus sehen wir diesem alljährlichen Ritual mit einem gewissen Widerwillen entgegen. Ich erinnere mich jedoch noch gut daran, wie anders mein Vater und mein Großvater zum Thema Steuern standen. Sie waren aus Russland in die Vereinigten Staaten eingewandert, und es lag ihnen sehr am Herzen, einen Staat zu unterstützen, von dem sie glaubten, daß er seine Bürger auf eine Weise schützt, wie es der russische Zar damals nicht tat. Wenn sie an die vielen Menschen dachten, deren Sozialhilfe von ihren Steuern bestritten wurde, dann waren sie tief beglückt, wenn sie der US-Regierung ihre Steuern bezahlten.
4. Um uns nicht zu schämen
Es kann sein, daß wir uns entscheiden, Aufgaben zu erledigen, damit wir uns nicht schämen. Erledigen wir sie nicht, dann wissen wir genau, daß es in heftigen Selbstvorwürfen enden wird; dann werden wir wieder unsere eigene Stimme hören, die uns sagt, was mit uns nicht stimmt oder wie blöd wir sind. Wenn wir einzig und allein aus dem Drang, uns nicht schämen zu wollen, etwas tun, werden wir es normalerweise letztendlich verabscheuen.
5. Um uns nicht schuldig zu fühlen
Bei anderen Gelegenheiten denken wir vielleicht „Wenn ich das nicht tue, ist man von mir enttäuscht.“ Wir haben Angst davor, uns im Endeffekt schuldig zu fühlen, weil es uns nicht gelungen ist, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob ich für andere etwas tue, damit ich mich nicht schuldig fühle, oder ob ich es aus einer klaren Bewußtheit heraus tue, daß ich damit mein Bedürfnis erfüllen möchte, zum Glück anderer Menschen beizutragen. Im ersten Fall leben wir in einer leidvollen Welt, im zweiten Fall in einer Welt voll spielerischer Freude.
6. Aus Pflichtgefühl heraus
Wenn unser Sprachgebrauch Wahlmöglichkeiten leugnet, z.B. durch Worte wie „solltest“, „müßt“, „du hast zu ...“ „dürfen“, „nicht können“, „es wird erwartet“ usw., dann wird unser Verhalten von einer vagen Empfindung von Schuld, Verpflichtung oder Gezwungensein bestimmt. Ich halte es für die gesellschaftlich gefährlichste und persönlich leidvollste Art zu handeln, wenn wir von unseren Bedürfnissen abgeschnitten sind.
Im zweiten Kapitel haben wir gesehen, wie die Vorstellung von einer „Amtssprache“ Adolf Eichmann und seinen Kollegen erlaubte, Zehntausende von Menschen in den Tod zu schicken, ohne davon emotional berührt zu werden oder sich einer persönlichen Verantwortung bewußt zu sein. Wenn wir uns in einer Sprache ausdrücken, die Wahlmöglichkeiten leugnet, dann opfern wir das Lebendige in uns für eine roboterhafte Mentalität, die uns von unseren eigenen Wurzeln abschneidet.
Dinge zu tun, „weil sie von uns erwartet werden“, führt zu den potentiell gefährlichsten Verhaltensweisen.
Wenn Sie die Liste überprüfen, die Sie erstellt haben, entscheiden Sie sich vielleicht dafür, bestimmte Dinge nicht mehr zu tun, aus derselben Energie heraus, die mich dazu bewog, von den Patientenberichten Abstand zu nehmen. So radikal es auch klingen mag, es ist möglich, nur aus spielerischer Freude heraus zu handeln. In dem Maß, wie wir uns von Moment zu Moment in der spielerischen Freude der Lebensbereicherung engagieren – einzig und allein motiviert durch diesen Wunsch, das Leben zu bereichern –, in dem Maß gehen wir auch einfühlsam mit uns selbst um.
Zusammenfassung
Die bedeutendste Anwendung der
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