Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens (German Edition)

Lebens auf uns wirkt. Wenn wir diese Prägung ins Licht unseres Bewußtseins rücken, dann tun wir den wichtigsten Schritt, um ihren Einfluß auf uns zu verringern.
    Wir können uns selbst von gesellschaftlicher Konditionierung befreien.

Innere Konflikte lösen
    Wir können die GFK anwenden, um innere Konflikte, die häufig zu Depressionen führen, zu lösen. In seinem Buch Revolution in Psychiatry beschreibt Ernest Becker Depressionen als „wissentlich eingesperrte Alternativen“. Das bedeutet, sobald wir ein verurteilendes Gespräch mit uns selbst führen, entfremden wir uns von dem, was wir wirklich brauchen, und wir können dann auch nicht entsprechend handeln, um unsere Bedürfnisse zu befriedigen. Eine Depression weist uns darauf hin, daß wir von unseren eigenen Bedürfnissen abgetrennt sind.
    Eine Frau, die die GFK lernte, litt immer wieder unter akuten depressiven Anfällen. Ich bat sie, auf ihre inneren Stimmen zu hören, wenn sie sich besonders depressiv fühlte, und sie in Dialogform aufzuschreiben, so als würden sie miteinander sprechen:
    Erste Stimme („Karrierefrau“): Ich sollte mehr aus meinem Leben machen. Ich vergeude meine Ausbildung und meine Talente.
    Zweite Stimme („verantwortungsvolle Mutter“): Du bist unrealistisch. Du bist Mutter von zwei Kindern und kannst nicht mal diese Aufgabe bewältigen, wie solltest du dann etwas anderes bewältigen können?
    Achten Sie darauf, wie diese inneren Aussagen getränkt sind von verurteilenden Formulierungen wie „solltest“, „meine Ausbildung und Talente vergeuden“ und „nicht bewältigen können“. Dieser Dialog hatte sich in verschiedenen Variationen seit Monaten in ihrem Kopf abgespielt.
    Ich bat sie dann, sich vorzustellen, daß die „Karrierefrau“ eine „GFK-Tablette“ einnimmt, damit sie die Aussagen folgendermaßen umwandeln kann: „Wenn a, dann fühle ich mich b, weil ich c brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne d.“
    Daraufhin übersetzte sie die Aussage: „Ich sollte mehr aus meinem Leben machen. Ich vergeude meine Ausbildung und meine Talente“ in: „ Wenn ich soviel Zeit zu Hause mit den Kindern verbringe wie im Moment, dann fühle ich mich deprimiert, weil ich die Erfüllung brauche, die ich einmal in meinem Beruf hatte. Deshalb möchte ich jetzt gerne einen Teilzeitjob in meinem Beruf finden.“
    Dann war die Stimme der „verantwortlichen Mutter“ an der Reihe. Auch sie wurde umgewandelt. Aus den Zeilen „Du bist unrealistisch. Du bist Mutter von zwei Kindern und kannst nicht mal diese Aufgabe bewältigen, wie solltest du dann etwas anderes bewältigen können?“ wurde: „Wenn ich mir vorstelle zur Arbeit zu gehen, bekomme ich Angst, weil ich die Sicherheit brauche, daß die Kinder in guten Händen sind. Deshalb möchte ich jetzt überlegen, woher ich eine wirklich gute Kinderbetreuung bekommen kann und wie ich genügend Zeit mit den Kindern verbringen kann, wenn ich nicht müde bin.“
    Sobald die Frau ihre inneren Äußerungen in die GFK übersetzt hatte, war sie sehr erleichtert. Es gelang ihr, hinter die entfremdenden Botschaften zu schauen, die sie sich immer wieder vorgesagt hatte, und sich selbst Empathie zu geben. Obwohl noch praktische Herausforderungen vor ihr lagen, wie z.B. eine gute Kinderbetreuung sicherzustellen und die Unterstützung ihres Mannes zu gewinnen, war sie nicht länger Opfer ihres verurteilenden inneren Dialogs, der sie davon abgehalten hatte, sich ihrer Bedürfnisse bewußt zu werden.
    Wenn es uns gelingt, unsere eigenen Gefühle und Bedürfnisse zu „er“hören und ihnen Empathie zu geben, kann uns das von Depressionen befreien.

In unserer inneren Welt gut für uns sorgen
    Wenn wir uns in kritische, vorwurfsvolle oder ärgerliche Gedanken verstricken, dann ist es schwierig, ein gesundes inneres Umfeld für uns selbst einzurichten. Die GFK hilft uns dabei, einen friedlicheren inneren Zustand zu kreieren; wir richten unsere Aufmerksamkeit auf das, was wir wirklich brauchen, statt auf das, was mit uns oder anderen nicht stimmt.
    Eine Seminarteilnehmerin berichtete einmal von einem grundlegenden persönlichen Durchbruch während eines dreitägigen Trainings. Eines ihrer Ziele für den Workshop war, für sich selbst besser zu sorgen; am zweiten Morgen wachte sie jedoch in der Dämmerung mit den schlimmsten Kopfschmerzen seit langem auf. „Normalerweise hätte ich als erstes mein Verhalten analysiert: Was habe ich falsch gemacht? Habe ich etwas Schlechtes gegessen? Habe ich mich