Gezähmt von sanfter Hand
untergraben. Catriona hatte ihn beim Wort genommen – sie vertraute ihm, dass er diesen Schwur unter allen Umständen auch einhalten würde. Und ihr diese Kontrolle zu entreißen wäre gleichbedeutend damit, den Schwur zu brechen. Und das auf die übelste und zerstörerischste Weise.
Es gab nur wenige Dinge, derer sich Richard in ihrer Ehe sicher war, doch er wusste mit unumstößlicher Sicherheit, dass er niemals den Ausdruck in Catrionas grünen Augen ertragen könnte, wenn er sie auf diese Weise betröge.
Was wiederum bedeutete …
Richard befand sich – bildlich gesprochen – gerade auf einem sehr schmalen Pfad. Einem Pfad hoch oben in den Bergen mit festem Fels auf der einen Seite und einem gähnenden Abgrund auf der anderen. Er konnte nun entweder einen Schritt nach vorn treten – oder sich wieder zurückziehen.
Richard seufzte einmal tief, schlug die Bettdecke zurück und stand auf.
Ein Cynster trat niemals einfach den Rückzug an.
Diese Möglichkeit war Richard vollkommen fremd – allein der Gedanke daran erschien ihm auf einer gewissen Ebene bereits als eine Beleidigung. Also wartete er und fing Catriona dann ein zweites Mal in ihrem Büro ab – zu einem Zeitpunkt, an dem er wusste, dass er ihr zumindest zwei Minuten aus ihrem vollgestopften Tagesplan entlocken konnte.
Nachdem er betont gelassen in den Raum geschlendert war und mit ihr einige belanglose Worte über das Wetter gewechselt hatte, blickte Richard direkt auf Catriona hinab und fragte: »Sag mal, mein Schatz, gibt es irgendetwas, bei dem du meine Hilfe gebrauchen könntest?«
Richard wollte diese Frage bewusst ganz offensiv vortragen – wollte Catriona zeigen, wie sehr sie ihn damit verletzte, dass sie ihn einfach aus ihrem Leben ausschloss und ihm die Chance versagte, ihr das zu geben, was er ihr doch nur zu gerne gegeben hätte. Doch er brachte es einfach nicht über sich; er durfte Catriona einfach nicht sehen lassen, wie erbärmlich verletzlich er durch ihr Handeln geworden war. Also behielt er seine für die Öffentlichkeit bestimmte Maske auf und stellte seine Frage lediglich ganz beiläufig und lässig. Als ob die Antwort darauf ohnehin keine große Bedeutung für ihn hätte.
Und genau so verstand Catriona Richards Frage auch – als eher belanglos. In ihren Ohren klang sie lediglich nach dem Auftakt für die Ankündigung, dass Richard bald abreisen wollte – klang nach dem höflichen Geplänkel des Henkers, bevor er das Beil niedersausen ließ.
Also behielt auch Catriona ihre Maske der Ruhe und Gelassenheit auf, hielt sie wie einen Schutzschild vor ihr weinendes Herz und blickte mit einem matten Lächeln zu Richard auf. »Nein. Es gibt hier wirklich nichts für dich zu tun.«
Dann senkte Catriona ihren Blick wieder und zwang sich, weiterzumachen, zwang sich, nun jene Rolle zu spielen, die sie schon stundenlang geprobt hatte – die Rolle der fügsamen Ehefrau. »Ich vermute, dass du nun bald nach London aufbrichst – Huggins hat diesen Morgen gehört, dass die Straßen Richtung Süden jetzt alle wieder passierbar sein sollen; zumindest bis nach Carlisle hinunter.«
In Catrionas Kopf dröhnte pochend der Schmerz, ihr Magen drehte sich schier um, doch fuhr sie in demselben, leicht distanzierten Tonfall fort: »Ich schätze, du freust dich sicherlich schon sehr darauf, deine Familie wiederzusehen. Deine Stiefmutter wartet bestimmt schon auf dich …« Sie wäre beinahe an ihren eigenen Worten erstickt, schluckte jedoch gerade noch rechtzeitig. »Und dann werden da natürlich auch noch die ganzen Bälle und Gesellschaften sein.«
Catriona fuhr fort, die Zahlen zu addieren, die sie zuvor von losen Zetteln in ein Hauptbuch übertragen hatte – und blickte dabei doch nicht ein einziges Mal zu Richard auf. Das wagte sie nicht – denn wenn sie es täte, würden die Tränen, die sie im Augenblick gerade noch zurückhalten konnte, über ihre Lider quellen, und dann würde Richard die Wahrheit erkennen.
Dann würde er wissen, was er nicht wissen sollte. Würde wissen, dass Catriona nicht wollte, dass er fortging, sondern dass sie sich vielmehr sehnlichst wünschte, er bliebe hier an ihrer Seite – für immer.
Doch all das war Catriona in Gedanken bereits sehr sorgfältig durchgegangen. Sie musste Richard – unbedingt – die Freiheit zugestehen, sie zu verlassen. Es wäre völlig sinnlos, ihn gewaltsam an sie zu binden – ihn an das Tal zu binden – mit Banden, die ihn nur schmerzen würden.
Wenn Catriona gekonnt hätte,
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