Gezähmt von sanfter Hand
Fels-spalte zu und hielt dort vor einer grob gezimmerten Hütte an. Auf Richards fragenden Blick hin antwortete sie: »Wenn wir früh genug losgeritten wären, dann hätten wir es an einem Tag geschafft, aber jetzt in der Dunkelheit können wir nicht mehr weiterreiten.«
Dem hatte Richard nichts entgegenzusetzen – der Pfad, dem sie folgten, war schließlich kaum mehr als eine schmale Rinne, die sich in die steinige Gebirgslandschaft gegraben hatte, und abgesehen von der Kälte gab es auch zahlreiche Wasserläufe und Fels-spalten, die dem Unvorsichtigen leicht zur Falle werden konnten. Richard schwang sich also von Donnervogels Rücken, dann hob er Catriona von ihrer Stute herunter und fragte: »Was ist das hier eigentlich für ein Ort?«
»Das ist nur eine alte Schäferhütte. Ich bezweifle, dass sie seit meinem letzten Besuch hier noch einmal benutzt worden ist.«
Richard schnürte ihre Taschen von den Tieren ab und warf Catriona einen raschen Blick zu. »Seit deinem letzten …? Du verlässt das Tal doch nie, dachte ich.«
Catriona nahm ihm die Taschen ab und verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Meine Ausflüge zum Kräutersammeln zähle ich nicht mit.«
»Ausflüge zum Kräutersammeln?«
»Mindestens ein Mal jeden Frühling und dann noch einmal im Spätsommer ziehe ich los, um Kräuter und Wurzeln zu sammeln, die nicht bei uns im Tal wachsen.«
Richard löste die Gurte von Donnervogels Sattel und schaute Catriona aus zu Schlitzen verengten Augen an. »Ich sehe da bei mir ein wachsendes Interesse an der Botanik aufkeimen.«
Catriona grinste. Sie ergriff die Taschen und warf ihm einen herausfordernden Blick zu. »Es gibt da in der Tat noch eine ganze Menge, das ich dir beibringen könnte.«
Richard zog die Augenbrauen hoch. »Ach, wirklich?« Dann hob er den Sattel von Donnervogels Rücken und schaute Catriona unverblümt an. »Warum gehst du nicht schon einmal vor und scheuchst die Spinnen hinaus, dann entzünde ich derweil schon einmal ein Feuer – und dann kannst du mir so viel beibringen, wie du willst.«
Catrionas Grinsen wurde noch breiter; als sie sich wieder abwandte, tanzten in ihren Augen Funken. »Warum nicht?«
Richard beobachtete, wie Catriona mit schwingenden Hüften zur Hütte hinaufkletterte, dann grinste er und wandte sich wieder den Pferden zu.
Die erste Lektion, die seine zauberhafte Hexe von Ehefrau ihm erteilte, hatte jedoch nichts mit Botanik zu tun. Das Erste, was er lernte, war nämlich, dass sie trotz ihrer zierlichen Erscheinung und ihres Zustands, in dem Frauen normalerweise verwöhnt und umsorgt werden, es durchaus mit dem erfahrensten Kavalleristen aufnehmen konnte, wenn die durchaus nicht leicht zu bewältigende Herausforderung galt, eine grobe Schäferhütte einladend und gemütlich zu gestalten. Aus dem, was sie in ihren Satteltaschen mitgebracht hatten, und aus den Wurzeln und Blättern, die Catriona noch rasch gesammelt hatte, ehe das Sonnenlicht erstarb, hatte sie eine heiße und nahrhafte Mahlzeit gekocht.
Damit schenkte sie Richard das wunderbare Gefühl der Entspannung und des Umsorgtwerdens.
Es war ein äußerst angenehmes Gefühl.
Catriona lächelte liebevoll und beobachtete, wie sich die schweren Muskeln in Richards Schultern langsam entspannten, sah, wie das Leuchten des Wohlbehagens seine Züge überstrahlte. Innerlich lächelte sie nur noch umso herzlicher.
Catriona war sich zunächst nicht sicher gewesen, ob sie ihn mitnehmen sollte auf diese Reise; nicht, bis er von sich aus gefragt hatte und ihr seine Gefolgschaft geschworen hatte. Dann aber hatte sie gewusst, dass es richtig war – dass Richard hier an ihrer Seite sein sollte, wenn sie Algaria in deren Hütte gegenübertrat und der Wahrheit hinter der Tat, welche auch immer dies sein mochte, begegnete.
Heute Nacht aber konnte Catriona in der Angelegenheit um Algaria nichts mehr ausrichten, und ungeachtet all dessen, was auch immer in Algaria vorgegangen sein mochte, würde ihr eigenes Leben doch in jedem Fall weitergehen – und sie hatte ihr Ziel, ihren persönlichen Ehrgeiz, und dieser war für sie von größter Bedeutung.
Catriona musste Richard zeigen, dass sie ihn liebte. Musste ihn einfach von dieser Tatsache überzeugen – musste sie in seinen Cynster-Schädel hineintrommeln, damit er eines Tages genügend Vertrauen besaß, um ihr offen auch seine Liebe zu ihr zu zeigen. Catriona erwartete nicht, dass dies im Handumdrehen vonstatten ging – sie wusste, dass dies einige Zeit brauchen
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