Gezeiten der Begierde - Jordan, N: Gezeiten der Begierde - To tame a dangerous lord/Courtship-Wars 5
sich auf die andere Seite neben Rayne. So absurd es sein mochte, verletzte es sie, dass die wunderschöne Französin sie so offensichtlich nicht als Rivalin wahrnahm. Dabei war Madeline doch lediglich hier, um eine Nebenrolle zu spielen.
Seine Rolle spielte Haviland hervorragend, wie Madeline feststellte. Er genoss die ungeteilte Aufmerksamkeit der Französin und fesselte sie mit jenem Lächeln, das alle Frauenherzen höher schlagen ließ.
Bei dem Anblick biss Madeline die Zähne zusammen. Sie war nicht eifersüchtig, ermahnte sie sich streng. Sie hatte einzig Bedenken, die Witwe könnte sich während der gesamten Lesung allein auf Rayne konzentrieren, weil es gegen ihren Plan ginge.
Entschlossen, jedwedes Misstrauen ihrer Gastgeberin im Keim zu ersticken, verbarg Rayne seine Langeweile und umschmeichelte die Witwe Sauville. Er hatte reichlich Übung darin, seine Verführungskünste taktisch einzusetzen, war es doch ein wichtiges Hilfsmittel während seiner Zeit als Spion gewesen.
Die schöne Madame Sauville allerdings war nicht minder talentiert, wie Rayne zugeben musste, als sie ihren zarten Seidenschal »versehentlich« zwischen ihren beiden Stühlen zu Boden rutschen ließ. Sie griff sich erschrocken an ihr Herz und lenkte so Raynes Aufmerksamkeit auf ihren weitestgehend entblößten Busen.
» C’est si gauche de moi! Wären Sie so freundlich, Mylord? «, bat sie ihn und blickte ihn kokett mit halbgesenktem Haupt an, so dass er ihre langen schwarzen Wimpern bewundern durfte.
Rayne antwortete galant: »Es wäre mir eine Freude, Madame.«
Als er ihr den Schal wieder umhängte, lehnte sie sich so zu ihm, dass er beinahe freien Blick in ihr Dekolleté hatte. Sie schaffte es sogar, ihre Finger auf seine zu legen und etwas näher an ihren Busen zu führen.
Rayne waren die Regeln dieses Spiels nur allzu vertraut. Er neigte sich ein wenig vor und ließ seinen Atem über ihren Nacken streichen, worauf sie zart erschauerte.
»Es ist eine Schande, solche Schönheit zu verbergen«,
raunte er, obwohl er bei ihrem schweren Parfum fast die Nase gerümpft hätte.
Die Witwe lachte trällernd und sah gekünstelt verschämt zu ihm auf. Diese Geste sollte ihn erregen, stieß ihn jedoch eher ab, was er geschickt überspielte.
Er misstraute schönen, verführerischen Frauen grundsätzlich, denn das hatte ihn Camille Juzet vor vielen Jahren gelehrt.
Andererseits konnte er ebenso gut die Herausforderung des Spiels und die Chance genießen, gegen eine würdige Gegnerin anzutreten.
Also gab er sich charmant interessiert und bat Madame Sauville, ihm von den Poeten zu erzählen, die sie für heute Abend geladen hatte.
Eine Stunde später endete der Vortrag, und alle Gäste erhoben sich. Die Witwe indes klammerte sich weiter an Rayne. Er überlegte, wie er sich am geschicktesten ihrer Belagerung entzog, als Madeline ihm den idealen Vorwand bot.
»Ich bin sehr durstig, Lord Haviland. Wären Sie wohl so gütig, mir eine Erfrischung zu holen?«
Er wollte ihr am liebsten gratulieren, weil sie die Bitte vollkommen unschuldig vorbrachte. »Mit Freuden, Miss Ellis.«
Die Witwe widersprach sofort. »Ich habe Bedienstete für derlei Aufgaben, Miss Ellis. Zudem wird das Buffet in Bälde bereit sein.«
»Oh, aber Lord Haviland macht es sicher nichts aus«, sagte Madeline freundlich, »und ich würde mich gern einen Moment mit Ihnen allein unterhalten, Madame Sauville. Ich wäre Ihnen sehr verbunden, würden Sie mir verraten, bei welchem Modisten Sie schneidern lassen, damit ich meinen Schülerinnen den Namen sagen kann. Ihr Kleid ist reizend und mit
solch einem überragenden Gespür für Mode gearbeitet. Ach ja, und Sie versprachen, mich Ihren Gästen vorzustellen, nicht wahr?«
Madeline hakte sich bei ihrer Gastgeberin ein und lenkte sie fort von Rayne. »Ich würde mich überdies freuen, die Dichter kennenzulernen. Mein Bruder hat sich früher das eine oder andere Mal an der Poesie versucht, doch ich muss gestehen, dass seine Erfolge leider sehr dürftig waren …«
Rayne war beinahe enttäuscht, musste aber dennoch schmunzeln, als Madelines Stimme in der Menge der Gäste unterging. Ihre Aufgabe war, die Witwe abzulenken, und er sollte sich nun auf die Suche nach den Briefen begeben.
Je mehr Zeit verstrich, desto ärgerlicher schien Madame Sauville ob der unerwünschten Aufmerksamkeit, wie Madeline feststellte. Doch sie weigerte sich, der intriganten Französin von der Seite zu weichen. Unterdes linste sie immer
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