Ghost Lover
irgendwo.“
„Warum um Himmelswillen solltest du den Brief hier in diesem Geheimversteck hinterlegt haben?“
„Als Beweis, dass die Heiratsurkunde existierte. Die Papiere entschieden über das Schicksal meines Sohnes.“
Er kam wieder hervor. Staub hing in seinem Haar.
„Ich habe kläglich versagt. Hätte ich doch nur meinem Bruder die Heiratsurkunde anvertraut. Stattdessen hielt ich es für besser, das Schicksal meines Sohnes in die Hände eines zornigen Greises zu legen.“ Er stand auf und Ella streichelte seinen Unterarm.
„Er war dein Vater, du wolltest das Beste für deinen Sohn und dein Vater tat, was er für das Beste für dich hielt.“
„Und wohin hat das geführt? Keiner von uns hat irgendetwas gewonnen.“ Er lachte rau auf. „Nun ja, die Torringtons haben ein lohnendes Geschäft geschlossen. Sie sind ihre altjüngferliche Tochter Katherine losgeworden und haben obendrein noch ihre Familie in Adelskreise befördert. Nach meinem Tod erbte Edwin den Titel, als scheinbar einziger legitimer Nachfolger meines Vaters.“
Ella seufzte. „Wie kompliziert.“ Dann stutzte sie. „Dann hatten doch die Torringtons durchaus Gründe dafür, dass du nie zurückkehrst und die Heiratsurkunde verschwindet. Oder?“ Sie rieb sich den Nacken. „Ziemlich vager Gedanke.“
„Das ist aber genau die Vorgehensweise, die ich Charles Torrington zutraue. Der Mann ging über Leichen, wenn es um seinen Vorteil ging.
Und die Wyndhams waren vielleicht nur Viscounts, aber wir standen der Königsfamilie schon immer sehr nahe. Was könnte lohnender sein für einen Emporkömmling als die Einheirat in eine solche Familie.“
„Dann hatte Steven also recht mit seiner Bemerkung, die Wyndhams seien mit dem Königshaus verbandelt?“
„Meine Rose, in jenem Sommer, bevor Henry VIII König wurde, soll er eine heimliche Affäre mit der reizenden Jocelyn Mantelieu gehabt haben.
Keine drei Monate später wurde das Mädchen mit dem Viscount Wyndham verehelicht, dem sie nur sechs Monate später einen gesunden Stammhalter schenkte.“
Ella starrte ihn fassungslos an. „Dann sind die Wyndhams also mit dem Königshaus verwandt?“
Marcus winkte ab. „Wer glaubt denn schon an solches Geschwätz.
Obwohl ich zugeben muss, dass mein Bruder Edwin erstaunliche Ähnlichkeit mit Henry hatte.“
Ella dachte an das Bild des stark übergewichtigen, verlebt aussehenden Monarchen und unterdrückte ein Schaudern. „Nun ja, ich bin erleichtert, dass du über keine derartige Ähnlichkeit verfügst.“ Marcus grinste. Plötzlich erstarb sein Lächeln. „Das Bett“, sagte er.
Er ging zum Kopfteil, besah sich die Schnitzereien und drückte auf eines der Blätter, woraufhin an der Seite eine Klappe geöffnet wurde.
Marcus griff hinein und zog ein Pergamentpaket hervor.
Vorsichtig faltete er es auf.
„Der Brief!“
In der Mitte lag eine Notiz.
„Im Bibelloch“, las Ella vor. Sie runzelte die Stirn.
„Wir Wyndhams sicherten uns stets ab. Im Herrenhaus gab es ebenfalls ein Versteck. Mein Vater hat die Urkunde also nicht hier versteckt.“
„In Ordnung“, sagte Ella langsam. „Und was geschieht weiter?“
„Wir müssen die Papiere besorgen und meinen direkten Nachfahren übergeben.“
„Und was können die damit anstellen?“, wollte Ella wissen.
„Ihr rechtmäßiges Erbe einfordern.“
„Irgendetwas sagt mir, dass Steven das gar nicht gefallen wird.“
„Was kümmert mich dieser Erbschleicher?“, gab Marcus den arroganten Adligen.
Ella schmunzelte. „Ich liebe es, wenn du den Aristokraten raushängen lässt.“
Ella reichte Marcus seinen Kaffee und setzte sich zu ihm an den Tisch.
„Ich bitte dich nur ungern darum, aber du musst mich zum Herrenhaus bringen.“
„Ich soll mich unter einem Vorwand einschleichen, damit du an die Heiratsurkunde gelangen kannst? Ich hatte mir vorgestellt, jemand wie du käme allein zurecht.“
Marcus blickte Ella finster an und einen Moment lang dachte sie, sie bekämen ihren ersten, richtigen Streit. „Zu Lebzeiten hätte ich mir eher sämtliche Gliedmaßen brechen lassen, als eine Frau, noch dazu meine Geliebte, in Gefahr zu bringen. Doch leider will das Schicksal zwar, dass ich durch Wände gehen kann, jedoch nur an Orten, an denen du dich befindest.“
Ella blinzelte ein paar Mal. „Du hast es versucht, oder?“ Marcus zuckte mit den Schultern. „Es scheint, dass ich an dich und dieses Haus gebunden bin. So wenig es mir gefällt, von dir diesen Gefallen zu erbitten, so muss
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