Ghost Lover
sah Ella an. „Haben Sie sich verletzt? Haben Sie irgendwas hier angefasst?“
Ella schüttelte resolut den Kopf. „Natürlich nicht.“ Der Polizist griff nach dem Holz. „Das nehmen wir mit. Vielleicht können wir damit jemandem die Sachbeschädigung nachweisen.“ Ella stand am Fenster und beobachtete den Glaser und seinen Gesellen, wie sie die Scheiben im Gewächshaus ersetzten. Sie seufzte. Sie hatte gleich am Morgen bei Beth angerufen und auf deren Empfehlung hin waren keine zwei Stunden später die beiden Handwerker vor der Tür gestanden. Bis dahin hatten sie und Marcus die Schäden am Pavillon so weit wie möglich beseitigt.
Ella kehrte an den Tisch zurück und zog eine Tasse zu sich.
„Reichst du mir den Kaffee?“
Marcus griff nach der Kanne, die ihm Ella hinhielt. Die Glaskanne fiel krachend auf den Tisch und zersprang in Dutzende Scherben. Sonnenlicht glitzerte auf der Kaffeepfütze und wurde von den Splittern reflektiert. Ein pervers anmutender Lichterreigen fiel auf Decke, Tisch und Wand. Der Duft von Kaffee schwängerte die Luft und die braune Flüssigkeit tropfte unbeachtet auf den Boden.
Marcus und Ella starrten entsetzt auf die Bescherung. Erst nach einigen Atemzügen wagten sie es, sich anzublicken.
Marcus war durchsichtig wie Rauch.
Ella streckte die Hand nach ihm aus, doch er wich zurück.
„Es ist nicht aufzuhalten“, sagte er mit tieftrauriger Stimme.
„Ich will dich nicht gehen lassen. Ich kann dich nicht gehen lassen“, sagte Ella mit Tränen in den Augen. Sie stand auf und ging um den Tisch herum zu Marcus. Er erhob sich ebenfalls und machte Anstalten, den Stuhl zwischen sich und Ella zu bringen.
„Weich mir nicht aus“, bat sie, während ihr Tränen über die Wange kullerten. Sie hob die Hand und ließ sie über Marcus’ geisterhafterWange schweben. „Wenn du mich jetzt verlassen musst, dann ist es so. Aber ich werde niemals wieder einen Mann so sehr lieben können wie dich.“ Sie schloss die Augen und verharrte regungslos.
„Ich kann dich spüren“, sagte sie schließlich. „Mein Körper kann deinen vielleicht nicht berühren, doch meine Seele kann die deine fühlen.“
„Weil deine Seele Teil meiner ist“, entgegnete Marcus.
So standen sie beieinander, bis Ella irgendwann tatsächlich meinte, Marcus’ Berührungen wahrzunehmen. Es dauerte eine ganze Weile, ehe sie merkte, dass sein Körper Substanz gewonnen hatte.
„Es ist wieder vorbei“, sagte Marcus, als Ella die Augen vorsichtig öffnete und sich vergewisserte, dass er wieder feste Gestalt hatte.
Er hatte nicht den Mut, ihr zu sagen, dass er sich ganz anders fühlte als sonst. Ihm war, als befände er sich in beiden Welten gleichzeitig. Und wäre es nicht Ella gewesen, die ihn ins Hier und Jetzt zog, hätte er keine Kraft gehabt, dem Sog ins Geisterreich zu widerstehen.
Erst behutsam und dann mit zunehmender Erleichterung tastete Ella ihn ab. Ließ ihre Finger durch sein Haar gleiten, streichelte über sein Gesicht, seine Schultern, berührte seinen Bauch, griff nach seinen Händen, hob sie an ihre Lippen und hauchte unzählige Küsse darauf.
„Ella“, stöhnte Marcus schließlich.
Sie war dazu übergegangen, sein Gesicht mit Küssen zu übersehen.
„Ich liebe dich“, murmelte sie. „Ich liebe dich so sehr.“ Marcus zog sie fest an sich und erwiderte ihren Kuss mit verzehrender Leidenschaft.
„Ich werde noch die Farbe deiner Augen wissen, wenn die Welt deinen Namen vergessen hat.“
„Mein poetischer Galan“, lachte Ella mit feuchten Augen an seinen Lippen.
Marcus schreckte aus seinem Traum hoch.
Der Mond schien ins Schlafzimmer. Ella hatte sich an seine Schulter gekuschelt und schlief.
Er starrte an die Zimmerdecke. Ein unbestimmtes Gefühl quälte ihn. Ein Jucken in seiner Erinnerung, an das er nicht herankam.
Der Gedanke hielt ihn gefangen. Da war etwas, an das er sich erinnern wollte.
Es dauerte lange, bis er über dieser Grübelei Schlaf fand.
„Überraschung!“ Sofie betrat nach kurzem, energischem Klopfen an der Hintertür die Küche. „Sofie! Hattest du nicht gesagt, deine Arbeit erstickt dich diese Woche?“
Sie stellte ihre Handtasche auf die Arbeitsfläche der Anrichte.
„So war das vorgesehen“, gab sie kopfnickend zu. „Doch dann gab mittags mein Notebook den Geist auf und so musste ich notgedrungen einen Reparaturdienst dafür suchen.“
„Setz dich“, forderte Ella sie auf. „Möchtest du einen Kaffee?“ Sofie nahm Platz, schlüpfte aus ihren Pumps
Weitere Kostenlose Bücher