Ghostbound (German Edition)
ab. In den letzten drei Tagen waren einige zusammengekommen, und es würde eine Weile dauern, alle durchzugehen.
Natürlich stammten die ersten, immer dringlicheren Nachrichten, von Riley und Wood, und zwar von jenem Abend, als sie auf dem Yard verhört und anschließend entführt worden war. Außerdem hatten Jennifer und Vivian mehrere Nachrichten hinterlassen. Beide klangen sehr besorgt, deshalb nahm Elizabeth sich vor, ihnen gleich eine SMS mit der neuen Nummer und einer Entwarnung zu schicken. Sie wusste, dass sie den beiden eigentlich mehr schuldig war, aber sie würde es so schnell wie möglich wiedergutmachen.
Eine weitere Nachricht stammte von Kim, die wie versprochen von dem erfolgreichen Ritual Samstagnacht berichtete und fragte, ob sie sich nicht noch einmal zum Tee treffen wollten, bevor sie wieder nach Hause nach Guildford fuhr. Auch ihre Mutter hatte angerufen. Seltsamerweise klang sie weniger verärgert als in Sorge. Sie zu beruhigen würde Elizabeth mehr kosten, als nur eine SMS.
Und schließlich war da auch noch eine Nachricht von Sir Thomas, dessen Stimme noch immer furchtbar schwach klang. Er fragte nach, wie weit sie mit der Überarbeitung des Artikels war, und kündigte eine ganz wunderbare Neuigkeit an.
Elizabeth sah auf die Uhr. Es war fast neun, zu spät, um den alten Herren zurückzurufen. Sie würde das morgen früh als Erstes erledigen. Leider war es jedoch noch nicht zu spät, um sich bei ihrer Mutter zu melden.
Also schickte sie schnell die Textnachricht an ihre Freundinnen ab und wählte dann die Nummer ihrer Eltern.
Nachdem sie sich fünf Minuten lang eine Strafpredigt darüber angehört hatte, dass sie sich, nach allem was passiert war, über eine Woche lang nicht gemeldet hatte und sich dann zwei Tage Zeit ließ, um einen Anruf zu erwidern, erzählte sie ihrer Mutter die gleiche Geschichte, die sie auch Jennifer und Vivian per SMS aufgetischt hatte, nämlich dass sie ihr Handy verloren und erst jetzt ein neues Telefon gekauft hatte. Das beschwichtigte ihre Mutter tatsächlich ein wenig, doch sie rang Elizabeth das Versprechen ab, sich von nun an einmal pro Woche zu melden.
„Du belügst deine Mutter also doch“, raunte es in ihr Ohr, sobald sie den Anruf beendet hatte.
Elizabeth fasste sich vor Schreck an ihr kurzzeitig aussetzendes Herz. „Irgendwann schaffst du das doch noch mit dem Herzinfarkt“, keuchte sie und wandte sich zu Daniel um, der frech grinsend hinter dem Rattansessel hockte, die Arme auf der Rückenlehne überkreuzt. „Was hätte ich ihr deiner Meinung nach sagen sollen? Dass ich an einer Neuauflage von Einer flog über das Kuckucksnest arbeite?“
„Zum Beispiel.“ Er legte den Kopf schief, und sein Grinsen wurde noch breiter. „Ist jetzt später?“
„Wer weiß, vielleicht ja sogar zu spät“, entgegnete Elizabeth mit einem gezierten Schulterzucken und drehte sich demonstrativ nach vorne.
„Es ist niemals zu spät.“ An ihrem Hinterkopf kitzelte es, als hätte ein Windhauch ihre Haare erfasst. „Gerade du solltest das wissen.“ Plötzlich war er nicht mehr hinter dem Sessel, sondern kniete vor ihr, die Arme zu beiden Seiten abgestützt, und lehnt sich ihr langsam entgegen.
„Hast du heute Nacht nichts Besseres zu tun?“, hielt sie ihn lächelnd noch etwas hin. „Die Aussicht auf dem Mount Everest genießen vielleicht, oder den Grand Canyon durchwandern. Oder die Umkleidekabine der Damenfußballmannschaft ausspionieren …“
„Was könnte es Besseres geben, als das hier?“, flüsterte er gegen ihre halb geöffneten Lippen. „Was hältst du davon, wenn wir auf der Terrasse bleiben?“
„Können uns die anderen dann nicht zusehen? Ich meine … mir zusehen?“
Seine Lippen begaben sich auf eine von ihrem Mundwinkel ausgehende Reise. „Tony und Sue unterhalten sich bestimmt noch eine Weile in der Küche.“ Ein luftiger Kuss auf ihre Schläfe. „Riley sitzt vor dem Fernseher.“ Ein sanftes Streifen über die Stirn. „Und die Liege dort ist nur von deinem Zimmer aus zu sehen.“
„Überredet.“ Bereitwillig folge sie Daniel, der rückwärts auf die breite und sehr bequem wirkende Sonnenliege zusteuerte. Sobald er aus dem warmen Kerzenschein der Windlichter in das blasse Licht des zunehmenden Mondes trat, strahlte sein weißes Hemd silberblau, beinahe fluoreszierend, und sein Gesicht wirkte wie aus poliertem Marmor geformt. Zum ersten Mal sah er richtiggehend gespenstisch aus. Aber auch überirdisch schön.
„Du musst nur leise
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