Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
sollte sie die Käfige ohne Werkzeug öffnen?
Die einzige Möglichkeit wäre, einen Schlüssel zu stehlen, aber sie bezweifelte, dass sie dazu geschickt genug war. Mal ganz davon abgesehen, dass sie nicht wusste, welcher der Männer den Schlüssel bei sich trug. Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung breiteten sich in Marisa aus. Irgendetwas musste ihr einfallen, sie war Journalistin, verdammt noch mal! Aber hier ging es nicht darum, halbwegs sinnvolle Sätze aneinanderzureihen, sondern um Menschenleben, und das war das Problem. Sie war hier in etwa so nützlich wie … Marisa warf sich verspätet zur Seite, als etwas mit einem dumpfen Schlag neben ihr landete. Als es nicht explodierte und sie nichts weiter hörte, richtete sie sich wieder auf. Ein Leinensack lag neben ihr. Mit zitternden Fingern öffnete sie ihn – und keuchte überrascht auf. Denn der metallene Gegenstand, den sie herauszog, war ein Bolzenschneider.
Griffin war wirklich zurückgekommen! Marisa sah nach oben, konnte ihn aber nirgends entdecken. Anscheinend meinte er es ernst, dass er sich nicht in die Sache einmischen konnte oder wollte. Auch wenn sie sich wünschte, er würde es sich noch einmal überlegen, war sie dankbar für das, was er ihr gegeben hatte. Ihre Finger schlossen sich fester um den Bolzenschneider, während ihre Augen wieder Coyle suchten. Sie würde ihn retten, egal, was es kostete. Den Gedanken, dass sie bei dem Versuch entdeckt und gefangen oder getötet werden könnte, schob sie energisch beiseite. Sie musste sich auf das Positive konzentrieren, sonst würde sie sich nur verrückt machen. Und als bibbernder Wackelpudding nützte sie niemandem.
Marisa richtete sich auf, als ihr etwas auffiel. Coyle stand bewegungslos in seinem Käfig und blickte in den Himmel. Als ein hoher Schrei ertönte, lächelte sie. Anscheinend hatte Coyle Griffin entdeckt, der über den Bäumen kreiste. Coyles Blick folgte dem Flug des Adlers und senkte sich dann, bis er ihr direkt in die Augen sah. Wie erstarrt blieb Marisa sitzen, während ihr Herz gleichzeitig schneller schlug. Hätte sie irgendwelche Zweifel gehabt, das Richtige zu tun, wären sie in diesem Moment ausgeräumt gewesen.
23
Er hörte ihre Schritte auf der Treppe und versuchte, die Aufregung zu unterdrücken. Die Kamera war weiterhin auf ihn gerichtet, und er konnte sich nicht leisten, den Folterer darauf aufmerksam zu machen, was hier vorging. Ihr Duft stieg ihm in die Nase, noch bevor sie die Tür öffnete. Bowen ballte die Hände zu Fäusten, konnte jedoch die Reaktion seines Körpers nicht verhindern. Wie war es möglich, dass er so etwas empfand, nach all dem, was er in den letzten Tagen erlebt hatte? Eigentlich hätte er nur an eine mögliche Flucht denken dürfen, daran, was ihn bewegte: die Hoffnung, dass das Mädchen ihn befreite. Zufrieden mit dieser Erklärung entspannte er sich wieder, so weit seine Lage es zuließ, und öffnete die Augen. Die Tür wurde langsam aufgezogen, und Bowen hielt den Atem an, um ihren süßen Duft abzublocken. Wieder sah sie ihn mit ihren großen blauen Augen an, die bis in seinen Kopf zu dringen schienen. Fast augenblicklich ließ der Druck nach, er empfand beinahe so etwas wie Ruhe.
Um sich davon abzulenken, dass er in einem Labor nackt auf einer Liege festgebunden war, betrachtete er die junge Frau genauer. Sie schien ungefähr in seinem Alter zu sein, ihre helle Haut war noch frisch und ohne Falten. Rotbraune Haare reichten fast bis zu ihrer Hüfte, einzelne kürzere Strähnen umgaben ihr Gesicht.
Sein Blick glitt tiefer. Diesmal trug sie ein T-Shirt und Shorts, die lange gerade Beine enthüllten. Als er die Wunden an ihren Knien sah, zuckten seine Augen wieder hoch. Wenn der Folterer sie auch verletzt hatte … Der Gedanke löste sich auf, als er den Zettel sah, den sie hochhielt.
Ich bin Isabel, ich will dir helfen.
Sie nahm das Blatt weg und steckte es hinter andere. Auf dem nächsten stand wieder etwas. Bowen blinzelte, um seine trockenen Augen zu befeuchten.
Wenn du mich verstehst, zwinkere einmal langsam.
Aufmerksam sah sie ihn an, ein kleines Lächeln spielte um ihren Mund, als er zwinkerte. Irgendetwas an ihr war heute anders. Beim ersten Mal hatte sie anscheinend nicht erwartet, ihn in dieser Lage vorzufinden, sie war kreidebleich geworden und geflohen. Jetzt gingen Energie und Entschlossenheit von ihr aus, die ihm Hoffnung gaben, sie würde das, was sie plante, auch ausführen können. Wieder zog sie einen neuen Zettel
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