Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
Männer versammelt hatten. Andere liefen herum oder reinigten ihre Waffen. Es waren so viele, dass Marisa sich verzweifelt fragte, wie sie alleine gegen sie ankommen sollte. Sie konnte schlecht ins Lager gehen und sagen: „Seid doch so nett und gebt mir eure Gefangenen.“ Vermutlich würde sie sofort erschossen oder zumindest gefangen genommen werden. Das wollte sie gerne verhindern.
Unter ihrer Hand spürte sie Angus’ angespannten Körper zittern. Vermutlich weil er die Hunde sah, die in der hintersten Ecke des Lagers an kurzen Pfählen angepflockt waren. Allerdings war sein Blick in eine ganz andere Richtung gerichtet. Marisa beugte sich vor und schlug die Hand vor den Mund, als sie die Käfige sah, die am Rand der Lichtung, möglichst weit von den Zelten entfernt, aufgebaut waren. In jedem waren etliche Berglöwen eingesperrt. Einige lagen auf dem Boden und rührten sich nicht, andere bewegten sich unruhig von einem Gitter zum anderen.
Ihr Herz krampfte sich zusammen, als sie die wunderschönen Tiere eingesperrt sah. Die Hand vor den Mund gepresst, um sich durch keinen Laut zu verraten, ließ sie ihren Blick über die Käfige gleiten und suchte nach Coyle. Sie hatte ihn nur das eine Mal ganz in Berglöwenform gesehen, es war schwierig, ihn auf diese Entfernung unter so vielen ähnlich aussehenden Tieren zu finden. Nach einer Weile merkte sie jedoch, dass sich die einzelnen Exemplare sehr voneinander unterschieden. Die Fellfarbe reichte von ganz hellem Beige bis zu dunkelgrauen Einsprengseln. Einige Gesichter waren rundlicher, andere lang gezogen, manche Nasen breiter. Auch die weißen Flecken an der Schnauze waren unterschiedlich groß. Wenn sie die etwas kleineren und weniger muskulösen Frauen abzog, blieben nur noch wenige Berglöwen übrig, die sie genauer betrachtete. Schließlich entdeckte sie Coyle in dem Käfig, der dem Lager am nächsten war. Er stand am Gitter und sah aufmerksam zu den Männern hinüber, sein Körper angespannt. Marisa musste einen Schrei unterdrücken, als sie das Blut auf seinem Fell sah. Er war verletzt! Hätte sie ein Gewehr gehabt, sie wäre aus der Deckung getreten und hätte die Mistkerle niedergemäht.
Dummerweise war sie aber völlig unbewaffnet und … Marisa schrak zusammen, als hinter ihr ein leises Rascheln erklang. Wie erstarrt blieb sie sitzen, nicht fähig, sich zu rühren. Dann wurde ihr bewusst, dass Angus neben ihr zwar sämtliche Muskeln angespannt hatte, aber keinen Laut von sich gab. Abrupt drehte sie sich um und sah den Adler-Mann hinter sich hocken. Erleichtert, ihn zu sehen, lehnte sie sich vor. „Gut, dass du da bist.“
„Ich bleibe nicht lange. Du brauchst etwas, womit du die Schlösser an den Käfigen aufmachen kannst.“
Marisa sah zu den Käfigen zurück und erkannte, dass er recht hatte. Sie waren mit dicken Vorhängeschlössern gesichert. Sofern sie nicht zufällig irgendwo einen passenden Schlüssel fand, würde sie die Berglöwen nicht befreien können. „Woher bekomme ich das passende Werkzeug?“
Er schwieg einen Moment und legte dann den Kopf schräg. „Ich hole es, warte hier.“
Marisa nickte und beobachtete, wie er sich vorsichtig zurückzog. Plötzlich fiel ihr etwas ein. „Warte!“ Er drehte sich um und sah sie fragend an. „Wie heißt du?“
Einen Moment lang sah es so aus, als würde er nicht antworten, doch dann hob er einen Mundwinkel. „Griffin.“
„Ich bin Marisa.“
Diesmal blitzten seine Zähne auf. „Ich weiß.“ Damit wandte er sich wieder um und verschwand im Unterholz.
Kopfschüttelnd drehte sich Marisa wieder zum Lager um. Woher kannte er ihren Namen? Hatte er etwa irgendwann in einem Baum gesessen und Coyle und sie belauscht? Das Blut schoss in ihre Wangen, als sie sich daran erinnerte, wie sie sich im Freien geliebt hatten. Beim nächsten Mal würde sie ganz sicher erst überprüfen, ob irgendwelche Tiere in der Nähe waren, die möglicherweise Wandler waren. Wenn es ein nächstes Mal gab. Angespannt beobachtete sie, wie sich die Männer die Zeit vertrieben, während die der Berglöwenmenschen langsam ablief. Zu gerne hätte sie Coyle ein Zeichen gegeben, dass sie da war und versuchen würde, ihnen zu helfen, doch sie traute sich nicht. Es wäre verhängnisvoll, wenn einer der Entführer oder die Hunde sie bemerken würde. So blieb sie bewegungslos in ihrem Versteck hocken, während die Sonne langsam unterging. Mit jeder Minute wurde es dunkler, und noch immer war der Adler nicht wieder aufgetaucht. Wie
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