Ghostwalker 01 - Ghostwalker 01
So schnell es sein geschwächter Zustand zuließ, stand Bowen auf und blickte an die Decke.
„Was ist los?“ Isabels Stimme ließ ihn zusammenzucken. Die Müdigkeit war aus ihren Augen verschwunden, dafür konnte er Angst darin erkennen.
„Ich höre Schritte über uns.“
„Wahrscheinlich mein Vater. Er verbringt normalerweise fast den ganzen Tag im Büro.“ Sie strich ihre wirren Haare zurück, die sich beim Schlafen aus ihrem Zopf gelöst hatten.
Bowen mochte ihr nicht sagen, dass ihr Vater aller Wahrscheinlichkeit nach tot war. „Vielleicht. Allerdings riecht es auch nach einem Berglöwen.“
Es dauerte einen Moment, bis Isabel verstand, was er damit sagen wollte. Ihre Augen weiteten sich. „Du meinst, es ist jemand von deinen Leuten da?“
Bowen neigte den Kopf. „Wenn mich nicht alles täuscht, ja.“
Isabel schloss die Augen. „Dann ist die Lieferung wohl angekommen.“
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass er alle hierherbringen lassen würde. Das Haus ist doch nicht besonders groß, oder?“
„Nein, ist es nicht.“
„Dann glaube ich …“ Bowen verstummte, als er eine laute Stimme hörte. Coyle! Die Gewissheit, dass er hier war, um ihn zu retten, brach sich Bahn.
„Was hast du?“ Isabels Frage drang kaum zu ihm durch.
„Schrei so laut du kannst!“ Damit lief Bowen zur Tür und drückte den Knopf der Sprechanlage.
Isabel starrte ihn einen Moment irritiert an, dann verstand sie, was er vorhatte. Sie folgte ihm und begann, laut in das Gerät zu rufen. „Hilfe! Hört mich jemand? Ich bin im Keller gefangen! Hallo!“
Auf sein Zeichen hin stoppte sie und gemeinsam lauschten sie auf die Geräusche von oben. So sehr Bowen sich auch anstrengte, er konnte nichts mehr hören. Hoffentlich war Coyle nicht wieder gegangen, weil er dachte, Bowen wäre nicht mehr da. „Noch einmal.“
Isabel schrie, bis sie heiser war.
„Hallo?“ Eine Frauenstimme drang durch den Lautsprecher. „Ist da jemand?“
Bowen nickte Isabel zu, die sich räusperte. „Ja, mein Name ist Isabel, ich bin hier im Keller gefangen.“
Einen Moment herrschte Stille. „Aber im Keller war niemand, da haben wir nachgesehen.“
„Dieser Teil des Kellers hat nur einen Zugang durch das Büro meines Vaters. Es gibt einen Schalter an der Wand, der wie ein Lichtschalter aussieht. Damit wird eine Geheimtür geöffnet. Unten ist eine Metalltür mit einem Riegel, dort bin ich gefangen.“
„Okay, wir sind gleich da.“ Damit herrschte wieder Stille im Raum.
Isabel sah Bowen an. „Kennst du die Frau?“
„Nein, ich habe die Stimme noch nie gehört.“ Er nahm ihre Hand in seine. „Aber sie sprach von ‚wir‘, ich hoffe, sie meint damit Coyle.“
„Coyle, wer ist das?“ Isabel schien gar nicht zu merken, wie fest sie seine Hand hielt.
„Ein Freund. Ich habe ihn vorhin gewittert.“
Isabel runzelte die Stirn. „Ich frage mich, wo mein Vater ist, wenn diese Leute durchs Haus laufen. Glaubst du, er ist weggefahren und hat uns alleine gelassen?“
Bowen überlegte, ob er ihr von dem Kampf und dem Geruch erzählen sollte, entschied sich aber dagegen. Er konnte sich auch irren, und er wollte ihr keinen unnötigen Kummer bereiten. „Möglich ist es.“ Zögernd legte er seine Arme um sie und zog sie an sich. „Egal, was passiert, ich möchte dir dafür danken, dass du so viel riskiert hast, um mich zu retten.“
Ihre blauen Augen wirkten riesig in ihrem blassen Gesicht. „Ich bin froh, dass ich dich gefunden habe, und es tut mir unendlich leid, was mein Vater dir angetan hat.“ Tränen glitzerten in ihren Augen. „Ich schäme mich für ihn.“
Bowen zog sie dichter an sich und legte sein Kinn auf ihren Scheitel. Beruhigend strich er über ihren Rücken. „Das musst du nicht, dich trifft keine Schuld daran, ganz im Gegenteil.“ Seine Finger gruben sich in ihre Haare. „Durch deine Anwesenheit habe ich nicht aufgegeben.“
Isabel hob ihren Kopf. „Du wusstest doch gar nicht, dass ich da war.“
Ein Lächeln hob seine Mundwinkel. „Doch, ich habe dich gewittert. Und ich habe gespürt, dass du da warst.“ Er berührte mit den Fingern ihre Stirn. „Hier.“ Bowen legte ihre Hand über sein Herz. „Und hier.“
Isabel strich über seine Brust. „Ich bin froh, dass du es so gut überstanden hast. Was …?“
Bowens Kopf ruckte hoch. „Ich höre sie.“ Er hob das Stuhlbein auf, das er abgebrochen hatte, um eine Waffe zu haben, und stellte sich neben die Tür. „Geh ein Stück zurück und lass sie
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