Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
sah, dass gerade eine Lücke frei wurde, gab er Gas und schnitt einem anderen Wagen den Weg ab. Torik ignorierte das wütende Hupen und die Flüche des Fahrers und stieg aus. Ein Blick in sein finsteres Gesicht reichte aus, um dem Touristen klarzumachen, dass er ihn besser in Ruhe ließ. Er hätte sich gerne durch die Menge gedrängt, doch er wollte nicht mehr auffallen, als er das als schwarz gekleideter Halbindianer mit langen Haaren zwischen den in Shorts und bunte T-Shirts gekleideten Touristen ohnehin schon tat, deshalb schlängelte er sich durch die Menschenmassen. An einer Abzweigung folgte Caitlins Geruch nicht dem Besucherstrom, der direkt zum Rand des Canyons ging, sondern nahm den etwas weniger besuchten Weg parallel zum Canyon. Von der Schlucht und dem Wasser war von hier aus nichts zu sehen, aber er konnte das Rauschen hören.
Davon abgelenkt hätte er beinahe die Stelle verpasst, an der Caitlin den Pfad verlassen hatte. Torik runzelte die Stirn und fragte sich, warum sie so etwas tat. Hastig sah er sich um, bevor er ihr in die Wildnis folgte. Die Bäume schlossen sich um ihn, und er atmete erleichtert auf. Mit jedem Schritt, den er sich von der Zivilisation entfernte, wurde der Lärm leiser, und auch die Vielzahl der Gerüche belastete ihn nicht länger. Nun konnte er sich voll auf Caitlins einzigartigen Duft konzentrieren, der mit jedem Schritt üppiger wurde. Lautlos bewegte Torik sich durch den Wald aus Drehkiefern, deren Äste dort, wo sie im Schatten lagen, kahl waren. Dadurch konnte er weit sehen und es dauerte nicht lange, bis er Caitlin einholte. Er versteckte sich hinter einem Stamm und beobachtete, wie sie eine Decke auf dem Waldboden ausbreitete und sich draufsetzte. Sie sah sich prüfend um und legte sich dann mit einem Seufzer, den Torik bis in sein Versteck hörte, hin.
Es schien nicht so, als würde sie auf jemanden warten, aber dann verstand er erst recht nicht, was sie dort tat. Die Sicht auf den Canyon war durch die Bäume versperrt, und auch sonst gab es bis auf die Kiefern nichts zu sehen. Vorsichtig schlich Torik näher, bis ihn nur noch wenige Meter von der Decke trennten. Caitlin hatte die Arme unter den Kopf gelegt und die Augen geschlossen. Ihr Körper und auch ihr Gesichtsausdruck waren völlig entspannt. Sie sah so zufrieden aus, dass sich Toriks Herz schmerzhaft zusammenzog. Die Hände an einen Baumstamm gepresst, widerstand er der Versuchung, sich einfach dazuzulegen. Gierig glitt sein Blick über Caitlin, und er wünschte sich, auch einmal diese Ruhe zu empfinden, die sie ausstrahlte. Aber das war ein Wunsch, der nie in Erfüllung gehen würde.
Caitlin setzte sich ruckartig auf und blickte direkt in seine Richtung. Mit einem stummen Fluch zog Torik sich rasch hinter den Baumstamm zurück und presste sich mit dem Rücken gegen ihn. Er hielt den Atem an und bemühte sich, so unsichtbar wie möglich zu werden.
»Ist da jemand?« Caitlins Stimme drang klar zu ihm hinüber, und er schloss die Augen. »Kommen Sie heraus, ich habe Sie gesehen.«
Torik biss sich auf die Lippe, damit er nicht antwortete. Als ein Rascheln andeutete, dass Caitlin sich ihm näherte, riss er die Lider wieder auf. Wie verrückt musste sie sein, sich nach den gestrigen Erlebnissen überhaupt hier in die Wildnis zu setzen und dann auch noch auf einen Fremden zuzugehen, der ihr sonst was antun konnte?
»Hallo?« Das leichte Zittern in ihrer Stimme machte es Torik unmöglich, sich zurückzuziehen und sie im Ungewissen zu lassen.
Also trat er hinter dem Baum hervor und ging auf sie zu. Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn erkannte. Unwillkürlich trat sie einen Schritt zurück, als hätte sie plötzlich Angst vor ihm. Das schürte seine Wut.
»Was … was tun Sie hier?«
»Wonach sieht es denn aus?«
Die silbergrauen Augen verdunkelten sich, ihre Lippen pressten sich zusammen. »Sie verfolgen mich!«
Torik verschränkte die Arme über der Brust. »Aber nein, ich will mir nur den Park ansehen.« Er verzog den Mund. »Zusammen mit Millionen von Menschen.«
Caitlin drehte sich um und ging zu ihrer Decke zurück. Neugierig folgte Torik ihr. Als sie sich bückte, um die Decke aufzuheben, hielt er sie mit einer Hand auf dem Arm zurück.
»Was machen Sie da?«
Caitlin hatte ihr Kinn vorgeschoben. »Ich packe. Irgendwie ist mir der Spaß vergangen.«
Torik schüttelte den Kopf. »Ich bin Ihnen gefolgt, weil ich sichergehen wollte, dass Sie nicht noch einmal überfallen werden.«
»Warum haben Sie
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