Ghostwalker 04. Fluch der Wahrheit
besonders gut, und er kann die Menschen auch nicht riechen wie wir.«
Marisa schlang ihre Arme um Coyle. »Er ist ein guter Wächter, er wird wissen, was er zu tun hat.«
Coyle rieb über seine Stirn. »Ich weiß. Ich ertrage es nur nicht, hier untätig herumzusitzen, während Keira dort draußen ist. Stell dir vor, sie liegt irgendwo schwer verwundet und es ist niemand bei ihr, der ihr hilft. Oder wer auch immer dort draußen ist, hat sie gefangen genommen und tut ihr in diesem Moment weh.«
Die Vorstellung ließ Marisa schaudern. »Ich ziehe es vor zu denken, dass sie gerade einem Verbrecher einen ordentlichen Schrecken einjagt.«
Ein schwaches Lächeln erschien auf Coyles Gesicht. »Ein netter Gedanke.« Er legte seine Wange an Marisas. »Was würde ich nur ohne dich tun?«
Marisas Herz zog sich zusammen. Mit Mühe hielt sie ihre Stimme ruhig. »Dich furchtbar langweilen?«
Coyle lachte. »Das auch. Schläft Isabel?«
»Ich bezweifle es, aber sie liegt oben im Bett.« Sie löste sich von Coyle. »Es ist nicht leicht für sie, die Nacht hier zu verbringen.«
Coyles Augen verdunkelten sich. »Ich hatte ihr versprochen, dass wir schnell wieder hier raus sind, und jetzt … «
Marisa ließ ihn nicht ausreden. »Es ist nicht deine Schuld, falls du das gerade sagen wolltest. Isabel weiß, dass die Beweise hier verschwinden müssen, und sie will das Haus auch verkaufen. Also wäre sie früher oder später sowieso hierhergekommen. Und stell dir vor, sie wäre alleine hier und jemand würde in das Haus eindringen … «
»Schon gut, ich habe verstanden.« Er trat wieder zum Fenster und sah hinaus.
Zögernd berührte Marisa seinen Rücken. »Meinst du, das ist so eine Situation, die Harken meinte?«
»Dass wir ihn anrufen sollen, wenn es Schwierigkeiten gibt?« Coyle blickte sie über die Schulter an.
»Ja. Zusammen mit der Tatsache, dass diese Autorin zu viel über euch zu wissen scheint, würde ich das als ein Problem beschreiben, das auch andere Wandler angeht.« Sie wusste, dass die Gruppe Harken nicht recht traute und man ihr insgeheim immer noch vorwarf, dass sie den mysteriösen Wandler – wenn auch unwissentlich – mit ins Lager gebracht hatte. Seltsamerweise vertraute sie ihm, obwohl sie so gut wie gar nichts über ihn wusste. Aber er hatte die Leopardenwandlerin Kainda in Escondido vor dem sicheren Tod gerettet und in ihre Heimat zurückgeschickt. Das rechnete sie ihm hoch an, denn das hätte er nicht tun müssen. Noch immer war sie nicht dahintergekommen, in welches Tier er sich verwandelte, aber er konnte sich definitiv unsichtbar machen, und das so effektiv, dass er nicht einmal von den anderen Wandlern wahrgenommen wurde. Wie auch immer das funktionierte. Nur Torik hatte ihn bemerkt und vor allem ihr Bloodhound Angus. Sie vermisste Angus, auch wenn sie erst einen Tag getrennt waren. Gott sei Dank hatte sie ihn zu Coyles Mutter Aliyah gebracht, bevor sie losgefahren waren. Wahrscheinlich hätte er zu Hause auf der Suche nach ihr inzwischen schon das Mobiliar auseinandergenommen.
»Hast du die Nummer dabei?«
Marisa ging zu ihrem Rucksack und suchte den Zettel mit Harkens Telefonnummer heraus. »Die habe ich immer mit, falls wieder etwas passiert.«
Coyle trat zu ihr und legte seine Hand an ihre Wange. »Du hättest den Angriff auf das Adlerlager nicht verhindern können. Harken wäre nie schnell genug da gewesen.«
Schon von Anfang an hatte er genau gewusst, was sie dachte. Als wären sie irgendwie geistig miteinander verbunden. »Vielleicht nicht, aber es wäre einen Versuch wert gewesen. Ich hätte euch sofort von meinem Zusammentreffen mit Harken erzählen müssen, aber in dem ganzen Durcheinander ist mir das völlig entfallen.« Dabei war es eine wirklich denkwürdige Begegnung: Harken war plötzlich nackt auf dem Beifahrersitz ihres fahrenden Autos aufgetaucht.
Coyle legte seine Stirn an ihre. »Nach deinem Besuch beim FBI hattest du anderes im Kopf. Niemand macht dir deswegen einen Vorwurf, Marisa. Davon abgesehen ist nicht gesagt, dass wir Harken überhaupt gerufen hätten, selbst wenn wir über ihn informiert gewesen wären. Das ist eine Entscheidung des Rates.«
»Dann solltest du sie jetzt wohl aus den Betten holen.«
13
Die Dunkelheit war ihr Freund, als Keira durch die karge Landschaft schlich. Nachdem sie den ersten Mann überwältigt hatte, war ihr bewusst geworden, dass sie sich erst nach Sonnenuntergang wieder sicher würde bewegen können, und hatte deshalb beschlossen zu
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