Ghostwalker - Raven, M: Ghostwalker
erste Mann, den sie in der Realität nackt gesehen hatte. Wärme stieg in ihre Wangen und ein Kribbeln lief durch ihren Körper.
Isabel verzog den Mund. Das Problem war nur, dass sie bei diesen lebhaften Erinnerungen Schwierigkeiten hatte, andere Jungen überhaupt wahrzunehmen. Im Moment konnte sie sich nicht vorstellen, bei einem normalen Menschen jemals das Gleiche zu empfinden. Ihr fehlte die mühsam gebändigte Kraft, diese Wildheit, die sie in Bowen gespürt hatte. Wie so oft zuvor beschloss sie, Bowen zu vergessen, doch sie wusste schon jetzt, dass es ihr wieder nicht gelingen würde. Zu tief war er in ihr Inneres vorgedrungen. Aber damit würde sie leben müssen und sie sah nicht mehr ein, ihr Leben nach anderen Personen auszurichten. Weder nach Bowen noch nach ihrer Mutter. Entschlossen wischte sie die Tränen ab und hob das Kinn. Sollte dieser Caruso noch da sein, würde sie sich seine Adresse und Telefonnummer geben lassen und dann in Ruhe entscheiden, ob sie mehr über ihn erfahren wollte oder nicht. Erleichtert, einen Plan zu haben, drehte Isabel sich um und ging auf das Motel zu.
Ohne Vorwarnung fiel ein rauer Stoff über ihren Kopf und etwas umschlang eng ihren Körper. Nach einer Schrecksekunde begann Isabel sich zu wehren, aber sie war hoffnungslos unterlegen. Sie erreichte nur, dass sich der Stoff enger um ihr Gesicht legte und sie kaum noch Luft bekam. Ihre Arme waren an ihren Seiten gefangen, ihre Rippen schmerzten unter dem Druck.
»Keira! Hilfe!« Über dem Rauschen in ihren Ohren und dem Stoff vor ihrem Mund war ihr Schrei kaum zu hören.
Isabel versuchte, sich herumzuwerfen, aber auch das vereitelte ihr Angreifer. Verzweifelt trat sie um sich, traf aber nur Luft. Schließlich verlor sie den Boden unter den Füßen – sie wurde hochgehoben. Mit aller Kraft bockte sie und wand sich in dem brutalen Griff, doch mehr als ein schmerzerfülltes Grunzen ihres Angreifers und einen Rippenstoß als Strafe brachte ihr das nicht ein. Vor allem aber wurde der Sauerstoff immer knapper und sie stand dicht vor der Bewusstlosigkeit. Das durfte nicht passieren! Egal was dieser Kerl auch von ihr wollte, wenn sie ohnmächtig war, konnte sie nicht handeln und sich retten.
Mit Mühe zwang sie sich, stillzuhalten und auf eine Gelegenheit zur Flucht zu warten. Ihre Atmung wurde gleichmäßiger, etwas mehr Sauerstoff drang durch den Stoff in ihre Lunge. Während sie im Dunkeln ausharrte, versuchte sie, mit ihren anderen Sinnen etwas zu spüren, doch da war nichts. Ein wenig erleichtert, dass der Angreifer zumindest nicht Dave Caruso war, überlegte sie, was sie nun tun konnte. Vermutlich wurde sie irgendwo hingebracht, denn der Verbrecher wollte sicher nicht riskieren, dass einer der anderen Motelgäste bemerkte, wie er sie entführte. Auf jeden Fall musste sie verhindern, von hier fortgeschafft zu werden.
Keira war in der Nähe, sie würde merken, dass etwas vor sich ging, und sie befreien. Schwach konnte Isabel Sorge und kurz darauf Wut bei der Wandlerfrau spüren, doch dann brach ihre Konzentration, weil sie unvermittelt auf ein Polster geworfen wurde und sie mit dem Kopf gegen etwas Hartes stieß. Schmerz zuckte durch ihren Schädel, helle Punkte flimmerten vor ihren Augen. Ihr Aufschrei drang nicht durch den Stoff. War sie wieder in ihrem Motelzimmer? Nein, das konnte nicht sein, um es zu erreichen, waren sie noch nicht lange genug unterwegs gewesen. Isabel versuchte sich aufzurichten, wurde aber unsanft wieder zurückgestoßen.
»Was wollen Sie von mir? Lassen Sie mich gehen!«
Schweigen antwortete ihr und Isabels Wut kehrte zurück. Sie schnellte hoch und griff gleichzeitig mit den Händen nach dem Stoff über ihrem Kopf. Es war ihr egal, ob sie sich damit Haare ausriss, sie wollte nur endlich wieder frei atmen können und vor allem sehen, wo sie war und wer sie angegriffen hatte.
»Verdammt, halt sie fest!«
Rohe Hände griffen nach ihr und hinderten sie daran, sich zu befreien. In einem Teil ihres Gehirns registrierte sie, dass anscheinend mehrere Männer an ihrer Entführung beteiligt waren, doch sie hatte nur einen Gedanken: zu entkommen. Sie trat so kräftig zu, wie sie konnte, und erntete dafür einen weiteren Fluch. Der feste Griff an ihren Armen lockerte sich etwas, und sie schöpfte neuen Mut. Sie bockte und trat um sich, soweit es die Umklammerung und die engen Platzverhältnisse zuließen.
»Beendet die Sache endlich, wir können nicht ewig hier stehen. Irgendwann wird jemand auf uns
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