Gib dich hin (German Edition)
Grund auf geändert hätten. Sie würde nicht mehr lange hier sein.
Die Straßen waren glatt, und die Leute schlidderten über die Bürgersteige. In den Händen Tüten mit Geschenken, die sie auf den letzten Drücker gekauft hatten. Bald war Heiligabend. Dieses Jahr würde das Fest ein Desaster werden. Cynthia würde der Dämonin nachgeben, es gab keine andere Lösung. Sie hatte sich die ganze Nacht darüber den Kopf zerbrochen. Vielleicht war es dumm, aus Liebe ein so großes Opfer zu bringen. Aber sie konnte nicht anders. So war sie nun mal. Doch bevor sie ging, gab es noch etwas, das sie unbedingt erledigen musste, das ihr so sehr auf dem Herzen lag, dass sie anders keinen Frieden mehr finden konnte. Wenn sie heute Nacht mit Ovida ging, würde sie Nick niemals wiedersehen. Und dann wären sie im Streit auseinandergegangen. Sie musste sich mit ihm aussprechen, versöhnen, falls er dies zuließ. Vielleicht verstand er ihre Motive ja doch? Sie nahm den Scheck und steckte ihn in ihre Manteltasche, dann stieg sie aus und ging die Straße hinunter, vorbei an all jenen, die sich vom Weihnachtsstress aus der Ruhe bringen ließen. Schon aus der Ferne sah sie ihren Lichterbaum im Schaufenster von Nicks Zooladen. Als sie das Geschäft betrat, stand er nicht hinter der Kasse, wie sie es erwartet hatte.
»Hallo?«, rief sie erst vorsichtig, dann etwas lauter, aber niemand reagierte.
Stattdessen hörte sie eigenartige Geräusche aus seinem Büro. Es war das lustvolle Stöhnen einer Frau. O nein. Maddy war zurück, schoss es ihr durch den Kopf. Wie konnte sich Nick nur ein zweites Mal auf diese Person einlassen? Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, ganz ruhig und sachlich zu bleiben, aber diese Dummheit regte sie so sehr auf, dass sie ihren guten Vorsatz vergaß und in das Büro stürmte.
Die braunen Haare gehörten nicht Maddy! Doch zumindest was den männlichen Part dieses Intermezzos betraf, hatte sie sich nicht geirrt.
Nick stand in eindeutiger Pose völlig unbekleidet vor seinem Schreibtisch, auf dem eine ihr unbekannte Frau lag.
»Entschuldigung!«, rief Cynthia aufgeregt und drehte sich noch einmal um, um ganz sicherzugehen, dass Maddy sich nicht einfach nur die Haare gefärbt hatte. Die junge Frau blickte sie nicht minder erschrocken an. Jetzt erkannte Cynthia sie. Ohne die Brille hätte sie Klara Nibel fast nicht wiedererkannt.
Cynthia war nun völlig verwirrt, wollte schnell verschwinden, stattdessen blieb sie wie erstarrt stehen und blickte das nackte Paar an. Nick streifte sich ein Hemd über, hustete und machte eine Handbewegung in ihre Richtung, die aussah, als versuchte er, Fliegen zu verscheuchen. Aber Cynthia stand auf dem Schlauch. Sie schaffte es gerade noch, den Blick auf den Boden zu richten. Zu mehr war sie im Moment nicht in der Lage.
Auf dem Fußboden entdeckte sie einen geöffneten rosafarbenen Umschlag, den sie nun äußerst interessiert musterte.
»Cyn … würdest du bitte rausgehen?«, forderte Nick sie auf.
»Ja … natürlich.«
Sie wandte sich um, verließ das Büro und schlug die Tür hinter sich zu. Noch immer etwas durcheinander, lief sie durch die Aquariengasse, knetete ihre Hände und konnte nicht glauben, was sie gerade gesehen hatte. Ausgerechnet Klara Nibel! Und dann so kurz nach der Trennung von Maddy. Nick hatte die Nibel doch nie gemocht. Er musste sehr verzweifelt sein. Aber so hatte er merkwürdigerweise gar nicht ausgesehen.
In der Tat war Nick überhaupt nicht verzweifelt, sondern höchst erregt und glücklich, ja wirklich glücklich. Vor kurzem noch hätte er es nie für möglich gehalten, dass er sich jemals zu diesem Frettchen hätte hingezogen fühlen können. Nun war das völlig anders. Sie war eine sehr hingebungsvolle, zärtliche Frau. Nicht die Schönste, aber schön war Nick auch nicht. Und ohne ihre Brille verlor sie das Frettchenhafte auf fast magische Weise. Sie war hübsch, in seinen Augen. Ihr Körper zwar zierlich, aber an den richtigen Stellen hatte sie kleine Rundungen, die er nur zu gern berührte. Es war merkwürdig. Plötzlich empfand er ihre Nähe als aufregend, und das Gefühl ihrer Hände auf seinem Rücken löste wahre Schauer aus. Vorsichtig legte er sie auf den Boden, und als sie einen unsicheren Blick zur inzwischen geschlossenen Bürotür warf, schüttelte er sanft den Kopf. »Keine Sorge, sie wird uns nicht noch mal stören.«
»Aber es wird doch etwas Wichtiges sein.«
»Ein paar Minuten wird sie
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