Gib mir deine Seele
Krankenhaus.«
»Es reicht. Der arme David hatte ein Drogenproblem und macht einen Entzug. Das finde ich sehr vernünftig. Das Feuer war ein Unglücksfall«, sagte Pauline mit mehr Überzeugung, als sie besaß. Doch davon musste Henry ebenso wenig wissen wie vom wahren Ausmaß seiner Besessenheit.
Sie stand auf und beugte sich über den Tisch, um Henry in die Augen zu sehen. »Dir mag mein Lebensstil nicht gefallen. Das ist dein gutes Recht. Aber diesen Hass habe ich nicht verdient. Ich liebe Constantin wie sonst nichts und niemanden auf der Welt, und eine wahre Freundin würde nie auf die Idee kommen, ihn einer Tat zu beschuldigen, für die sie keinerlei Beweise besitzt. Es tut mir leid, aber unsere Freundschaft endet hier.« Damit warf sie fünfzig Euro für das Essen auf den Tisch und verließ das Restaurant. Froh, dass ihr die Tränen erst kamen, als sie in ein Taxi stieg.
Im Mandarin Oriental fuhr sie mit dem Aufzug sofort in die Suite, die sie schon einmal mit Constantin bewohnt hatte. Dann schlug sie die Tür hinter sich zu. Das wollte wegen des automatischen Türschließers nicht funktionieren, was Pauline noch mehr in Rage brachte. Sie schleuderte ihre Schuhe in eine Ecke, ließ die Tasche hinterherfliegen, trat hinaus auf die Dachterrasse und blickte über die Stadt.
Es erregt mich zuzusehen, wie sich jemand unterwirft. Mir unterwirft , hatte ihr Constantin genau an diesem Ort vor kaum mehr als einem halben Jahr eröffnet und ihr das schockierende Angebot gemacht, seine Gefährtin in diesem Spiel aus Dominanz und Unterwerfung zu werden. Erst viel später hatte sie verstanden, dass nichts an den dazugehörigen Gefühlen spielerisch war. Es gehörte nun zu ihrem Leben, und Pauline war nie glücklicher gewesen als heute.
Bis zu einem gewissen Punkt konnte sie verstehen, dass besonders Frauen Probleme damit hatten, ihren Lebensstil zu akzeptieren. Zu schrecklich war die Geschichte ihrer Unterdrückung in allen Kulturen, und sie war noch lange nicht zu Ende. Selbst in aufgeklärten Ländern gab es kaum eine Frau, die noch nie sexuell belästigt worden war, und manchmal kam es sogar zu Übergriffen, wie Pauline sie am eigenen Leib hatte erfahren müssen. So etwas war absolut nicht hinnehmbar. Doch diese Form von Gewalt hatte nichts mit ihrer Beziehung zu tun.
Freiwillig unterwerfen würde sie sich nur einem einzigen Mann, und das war Constantin.
Seit ihrem Auftritt an der New Yorker Metropolitan Opera hatten sie wenig Gelegenheit gehabt, sich Zeit füreinander zu nehmen. Pauline war manchmal sogar zu erschöpft für leidenschaftliche Stunden, wie sie bis dahin an der Tagesordnung gewesen waren. Das heftige Sehnen, das ihren Körper in diesem Moment allein bei den Gedanken an ihre Begegnungen durchflutete, zeigte ihr wieder, wie sehr sie Constantin und den großartigen Sex mit ihm vermisste.
Noch eine Nacht , dachte sie und beschloss, den Nachmittag im Bett zu verbringen, um bei seiner Ankunft möglichst frisch und ausgeruht zu sein. Die dunklen Ringe unter ihren Augen waren nicht zu übersehen. Dagegen gab es zum Glück Make-up, und gegen ihre Kopfschmerzen würde hoffentlich eine Tablette helfen. Vorher wollte sie allerdings noch ein paar Runden im beheizten Pool schwimmen, der sich auf der obersten Dachterrasse befand. Diesen Luxus konnte sie sich einfach nicht entgehen lassen.
» Darling , bist du so weit?« Nicholas kam hereingeschlendert, nachdem Pauline ihm die Tür geöffnet hatte. Wegen der Gerüchte bewohnte er ein eigenes Zimmer, obwohl in der Suite genügend Platz gewesen wäre. Nun musterte er sie. »Du siehst erschöpft aus. Fehlt dir was?«
»Constantin.« Sie war selbst überrascht, als ihr die Tränen kamen.
Mitfühlend nahm er sie in den Arm. »Ist dein Treffen mit Henry nicht gut gelaufen?«
»Nein. Du hattest recht, sie ist eifersüchtig und hasst mich für alles, was ich erreicht habe. Stell dir vor, sie hat mich gefragt, ob ich auch mit der Band ins Bett ginge.«
»Warum nicht? Die anderen Mädels wollen das doch auch alle.« Der Versuch, sie mit diesem Scherz aufzuheitern, gelang.
»Himmel ja, Rockstar zu sein, hat definitiv seine Vorteile … sofern man Single ist.« Pauline dachte an die zahllosen Fans, die nach jedem Konzert hofften, wenigstens einige Worte mit den Musikern zu wechseln, die sich dieses Interesse recht gern gefallen ließen.
»Ich bin grün vor Neid«, gab Nicholas zu. »Wie bedauerlich, dass ich so unmusikalisch bin. Andererseits wäre Lilly sicher nicht
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