Gib mir deine Seele
überlegte kurz, dann rief sie die Rezeption an und bat um Unterstützung.
Eine halbe Stunde später lag sie auf einer Massageliege und ließ sich von erfahrenen Händen verwöhnen. Sie öffnete erst wieder ihre Augen, als es klopfte und Nicholas vorbeischaute.
»Darling , das hätte ich doch auch tun können!«, sagte er und gähnte.
»Ich habe geglaubt, du hättest etwas Besseres zu tun.«
»Besser nicht, aber bunter. Lass dich mal ansehen …« Er hob vorsichtig ihr Kinn an. »Du bist bleich wie ein Gespenst. Geht es dir immer noch so schlecht?«
»Unsinn«, schwindelte sie. »Das ist meine Winterfarbe.«
»Wenn du meinst.« Unschlüssig sah er sie an. »Ich bringe Lilly zum Flughafen und hole den Boss ab. Sieh zu, dass du bis dahin weniger ›winterlich‹ wirkst.«
Es war ihr klar, dass er nicht für sie lügen würde, falls Constantin wissen wollte, ob etwas vorgefallen war. »Danke. Lass dir ruhig Zeit. Renovierungsarbeiten dauern oft länger als ein Neubau.«
Lachend verabschiedete er sich. »In Ordnung, ich werde mir einen schönen langen Stau suchen. Ach ja, Lilly lässt grüßen, und die Band auch. Du hast gestern eine ziemlich gute Party verpasst.«
Pauline sagte ihm, sie werde alle anrufen, sobald sie in Hamburg sei. Dann schloss sie erneut die Augen, um ihre Massage weiter zu genießen.
»Sie haben heilende Hände.« Nachdem die junge Frau zwei Stunden später ihre Blässe mit einem zarten Make-up kaschiert hatte, gab ihr Pauline ein großzügiges Trinkgeld. »Hätten Sie gegen sechs Uhr noch einmal Zeit, das Make-up aufzufrischen und mir die Haare zu machen? Ich fürchte, mein Mann gehört zu den Bilderstürmern. Er wird Ihr Kunstwerk in Sekundenschnelle verwüstet haben, und wir müssen am Abend noch zu einer offiziellen Veranstaltung.«
Als das geregelt war, bestellte sie ein vegetarisches Mittagessen für zwei Personen und sah auf die Uhr. Constantins Maschine war vor einer halben Stunde gelandet. Höchste Zeit, sich anzuziehen.
Kaum hatte sie den Sitz des Kleides vor dem großen Spiegel in ihrem Schlafzimmer geprüft, war zu hören, wie sich die Tür öffnete. Schnell zog sie ihre Schuhe an und lief ihm entgegen.
Constantin ließ seine Tasche fallen und schloss sie in die Arme. Hungrig danach, sie zu besitzen, presste er seine Lippen auf ihren Mund, verlangte herrisch, dass sie sich ihm ergab, und Pauline erfüllte widerstandslos seine Forderungen.
Doch es dauerte nicht lange, da wurden die Berührungen zärtlicher, der Mund weicher, und schließlich schob er sie ein Stück von sich, um ihr Gesicht zu betrachten. »Dir geht es nicht gut. Was ist passiert?«
»Ich …« Da waren sie, die verräterischen Tränen. Die Stimme versagte ihr den Dienst, und Pauline lehnte sich an Constantins warmen Körper, vertraute sich seinem Schutz an und weinte.
»Komm her, ma p’tite chatte .«
Behutsam führte er sie zum Sofa, hielt sie wortlos, bis ihr Schluchzen leiser wurde, und reichte ihr schließlich ein weiches Tuch, mit dem sie die Augen trocknete und sich zuletzt ziemlich undamenhaft geräuschvoll schnäuzte, was Constantin ein Lächeln entlockte.
»Also willst du mir jetzt sagen, was los ist?« Sorgenvoll legte er die Stirn in Falten. »Du hast dich mit all den Terminen übernommen. Habe ich recht?«
»Die vergangenen Wochen waren anstrengend. Das stimmt schon. Aber gestern kam alles zusammen. Der Tag war wie verhext. Von diesem Alpenföhn habe ich Kopfschmerzen bekommen, mittags mit Henry gestritten, am Abend wollte uns dann so ein blöder Türsteher nicht reinlassen, und ich wäre fast zu meinem eigenen Auftritt zu spät gekommen. Kris war sauer, und das ausgerechnet beim letzten gemeinsamen Gig.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass er ernsthaft verärgert war. So etwas passiert, es war ja nicht deine Schuld. Mich würde aber interessieren, warum du mit Henriette aneinandergeraten bist. Ihr seid doch Freundinnen.«
Bisher hatte Pauline nichts von ihren Streitigkeiten erzählt, doch nun führte kein Weg mehr daran vorbei. »Ich war so blöd, ihr von der Art unserer Beziehung zu erzählen. Schon vor einiger Zeit. Sie war entsetzt. Eigentlich dachte ich, inzwischen hätte sie sich beruhigt. Deshalb bin ich mit ihr essen gegangen.« Die zärtliche Geste, mit der er ihr eine Locke aus dem Gesicht strich, hätte sie beinahe abermals zum Weinen gebracht.
»Ich habe dir gesagt, dass es ein Fehler sein kann, mit Leuten darüber zu sprechen, die man nicht gut genug kennt.«
»Ich
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