Gib mir deine Seele
in ihrem Nacken, verdeckt vom Haaransatz und für Uneingeweihte nicht zu erkennen.
Vielleicht deshalb hatte Constantin in all der Zeit nie die Zuversicht verloren. Selbst als es Rückschläge gab, nachdem er Pauline hierhergebracht hatte. In ihr Zuhause , wie sie heute sagte.
Die Pflege hatte er sich mit Nicholas und Marguerite geteilt, die darauf bestand, ebenfalls nach Mas La Roseraie zu kommen. »Es ist doch mein Kind«, sagte sie entschlossen.
Constantin überließ ihr ein Haus im Dorf. Inzwischen war klar, sie würde bleiben, auch wenn Pauline nun vollständig wiederhergestellt war. Nahezu jedenfalls, denn ihre große Stimme, mit der sie die Opernwelt erobert hatte, fand sie nicht mehr. Geblieben war ihr jedoch das Talent, die Menschen mit ihrem Gesang zu verzaubern. Kris, der sich immer wieder nach ihr erkundigt hatte, war kürzlich hier gewesen und hatte ihr den Vorschlag gemacht, einige Songs gemeinsam aufzunehmen.
Einen Versuch sei es wert, fand Pauline. Doch ihre leuchtenden Augen bewiesen, wie sehr sie sich über das Angebot freute.
Nicholas kam aus dem Haus und setzte sich zu ihm. Beiläufig drehte er ein in kostbares Edelholz gefasstes Stundenglas zwischen den Fingern. Es funktionierte nicht mehr. Wie man es auch drehte und wendete, kein Sandkorn fand den Weg durch die haarfeine Öffnung zwischen den beiden Glastrichtern. »Das ist hin«, sagte er fröhlich.
»Ich wäre dir verbunden, wenn du nicht daran rühren und es zurück in den Safe legen würdest.« Constantin sah ihn warnend an.
»Ich wollte mich nur vergewissern … Du hast recht, ich bringe es gleich zurück.« Nicholas stellte Eratos furchtbare Sanduhr behutsam auf den Tisch. »Hast du es ihr schon gesagt?«, fragte er leise und schenkte Wein aus dem irdenen Krug nach, der kühl genug war, um die Gläser beschlagen zu lassen.
»Morgen.« Vielleicht. Er nahm die Füße vom gegenüberliegenden Sessel.
Gestern war ein Umschlag gekommen. Constantin freute sich nicht darauf, ihr erklären zu müssen, dass sie nun selbst eine Muse war. Jemand, der die Künste zur Perfektion brachte, jemand, der nie alterte und dessen gleichbleibende Jugendlichkeit den Menschen verborgen blieb, ein Geheimnis so unbegreiflich wie das Leben selbst.
»Warum muss es ausgerechnet David sein?«
Der Fotograf hatte sich einer Therapie unterzogen, und als er hörte, dass Pauline auf dem Wege der Besserung war, einen langen Brief geschrieben, in dem er seine Verblendung eingestand und sie um Verzeihung bat. Constantin, der ein Auge auf ihn hatte, wusste, die Therapeutin war zuversichtlich, dass David seine Fixierung, wie sie es nannte, überwinden würde.
Nicholas hob fragend eine Augenbraue. »Artemis ist halt nachtragend. Hast du ein Problem damit?«
»Damit nicht. Aber sie ist noch nicht so weit.«
»O doch, das ist sie. Sieh sie dir an. Ihre Aura knistert vor Lebenslust. Ewig kannst du sie ohnehin nicht vor der Welt verstecken.«
Pauline stand vor ihnen. »Wer will hier etwas verstecken?« Mit dem Sonnenlicht im Rücken hätte sie ebenso gut nackt sein können.
»Na, du sicher nicht.« Nicholas lachte, warf einen Blick auf Constantin und leerte sein Glas. »Bis später.« Er griff nach der Sanduhr und schlenderte davon.
»Komm her, ma petite chatt e !«
Mit anmutiger Grazie ließ sie sich auf seinem Schoß nieder, hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen und flüsterte: »Liebe mich, meine Muse.«
Einige persönliche Worte zum Schluss …
Es dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass ungeschützter Sex außerhalb einer vertrauensvollen Beziehung keine gute Idee ist. Gegen unangenehme, zuweilen sogar lebensgefährliche Infektionen hilft auch keine heiße Herdplatte, und nicht jeder attraktive Verführer ist eine unsterbliche Muse. Gib mir deine Seele ist, das sollte bitte niemand vergessen, ein Roman und keine Gebrauchsanleitung. Weder für das Leben allgemein noch fürs Schlafzimmer.
Eine Geschichte wie diese schreibt sich nicht im luftleeren Raum. An der Entstehung von Gib mir deine Seele waren viele Menschen, Wesen, Dinge beteiligt, bewusst oder unbewusst. Zuallererst selbstverständlich meine Muse. Ein spezieller Dank gilt aber auch Johanna für ihre endlose Geduld und Inspiration, Frank für die Freude am Lesen und wertvolle Tipps, ebenso wie Tina, Catherine und Steffi; Gentledom für seine einschlägige Beratung und ganz vielen Bücher-, Theater- und Musikmenschen für ihre wichtige fachliche Hilfe und für die Einblicke in die faszinierende
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