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Gibraltar

Gibraltar

Titel: Gibraltar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Reh
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die Entwicklungshilfe gar nicht notwendig wäre, wenn unsere Wirtschaft so fair wäre, wie sie behauptet.«
    »Ich werde keine Debatte über Nachhaltigkeit und Fairness auf diesem Niveau führen.«
    »Dann eben auf einem anderen Niveau. Deine Interpretation der unsichtbaren Hand gründet auf einem Rezeptionsfehler.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Für den Kapitalismus sind nicht die egoistischen Interessen wesentlich, sondern die gemeinsamen: Produzent und Konsument brauchen sich gegenseitig.«
    »Das ändert nichts daran, dass jeder Staat für seinen eigenen Haushalt verantwortlich ist, genauso wie jeder Mensch für seinen Haushalt selbst verantwortlich ist. Wenn ich mich beschwere, nichts zu essen zu haben, aber drei Schachteln Zigaretten am Tag rauche, habe ich ein Glaubwürdigkeitsproblem.«
    »Das ist ein bisschen   BILD -Zeitungs–«
    »Nichts da, nur weil Zusammenhänge auf der Hand liegen, heißt das nicht, dass sie erfunden sind. Zweitens … wo war ich stehen geblieben?«
    »Bei erstens.«
    »Zweitens, die Fairness von Unternehmen steht und fällt mit ihrer Wirtschaftlichkeit. Keine Wirtschaftlichkeit, keine Arbeitsplätze. Keine Arbeitsplätze, keine Fairness.«
    »Ich glaube, dass diese Kampfbegriffe niemandem weiterhelfen. Wenn ihr einen Zirkel habt für ehrbare Kaufleute, dann ist das sicher lobenswert und so weiter –«
    »Ich verbitte mir diese gönnerhafte Süffisanz. Wirklich, Stefanie. So nicht. Da stehen verdiente Leute dahinter. Leute, die wirklich etwas bewegt haben in diesem Land.«
    »Okay, Entschuldigung. Ich meine nur, jeder macht es eben anders. Du siehst es so, Thomas sieht es durch seine Brille. Ihr glaubt eben an unterschiedliche Ideale. Aber vielleicht entscheiden nicht die Ideale, wer recht hat.«
    »Ich werde das Gefühl nicht los, dass du Wasser predigst und Wein trinkst.«
    »Nein. Ich trinke Wasser. Der mit dem Wein bist du.«
    »Jeder hat Ideale. Und wenn ich sage, dass durch den Erfolg von wenigen ein   benefit   für viele herausspringt, dann hat das nichts mit einem Ideal zu tun, dann ist das eine Tatsache.«
    »Es mag eine Tatsache sein, dass von deinen Steuern das Gemeinwohl finanziert wird. Aber genauso wird dieses Geld in Wirtschaftsberater investiert, die Entwicklungsländern überteuerte Kredite aufschwatzen für Strukturmaßnahmen, die nicht ihnen, sondern nur den Kapitalgebern helfen, und in die Sicherung der Schengen-Grenzen, die man ebenso wenig bräuchte, wenn man die Menschen in ihren Heimatländern nicht auspressen würde, und in Banken, die ihren Beitrag zum Gemeinwohl gleich wieder als Einsatz für die nächste spekulative Wette in den Topf werfen. Und das sind ebenfalls Tatsachen.«
    »Stefanie, Stefanie.«
    »Oh, nicht dieses herablassende Lächeln bitte.«
    »Nein, nein, ich mein’s ernst. Hast du das alles in deinem Debattierclub gelernt?«
    »Nein, der Debattierclub lernt es von mir.«
    »Ich bin sehr beeindruckt.«
    »Du sitzt vor einer Deutschen Meisterin.«
    »Der Studenten.«
    »Natürlich der Studenten. Hast du schon mal gehört, dass Vorstandsvorsitzende bei einem Debattierclub mitmachen?«
    »Trotzdem, diese ewige Bankenschelte kann ich nicht gutheißen. Es ist Unsinn zu sagen, Bankenrettung ginge auf Kosten der Einzahler. Wenn man die Banken nicht stützt, dann verlieren private Anleger ihre Ersparnisse. Das sind Leute wie du und alle.«
    »Ein Zirkelschluss. Wenn die Banken anständig mit dem Geld der Kunden umgingen, müssten sie nicht gerettet werden.«
    »Zugegeben. Unbestritten. Trotzdem ist es nicht richtig, uns pauschal zu verurteilen. Nicht nur jetzt, schon immer. Es ist doch bezeichnend, dass die Fortschritte der Menschen fast immer den Unternehmern, manchmal vielleicht auch den Politikern oder Sozialrevolutionären, aber nie den Bankern zugeschrieben werden. Die Leute sagen dann, oh, dieser Thomas Edison, wirklich eine tolle Idee, die Sache mit der Glühbirne. Großen Dank übrigens auch an Alexander Bell und Henry Ford. Nur: Wer hat diesen Leuten eigentlich das Geld für ihre Experimente und Telegrafen und Fließbänder gegeben? Woher hatten sie das Geld, um zu forschen? Wer hat ihnen über ihre ersten Fehlschläge hinweggeholfen, hat zu ihnen gehalten, wenn der Erfolg auf sich warten ließ, wer hat sie unterstützt, als es darum ging, ihre Idee in die Welt hinauszutragen? Es sind immer die Bankiers gewesen.«
    »Dass die Bankiers dasselbe auch gern mit Raketenwerfern und Splittergranaten machen, wolltest du bestimmt gerade sagen,

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