Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)
bring dich zu Frau Landmann. Sie freut sich auf dich. Hat sie jedenfalls gesagt.«
Während er Lars an die Hand nahm und mit ihm zu einem der Stehtische ging, sahen die beiden Freundinnen ihm nach. Joachim hatte sich verändert. Das sah man schon an seiner Körpersprache, die geschmeidiger war als früher, nicht so zackig und verspannt.
»Ich muss dir was sagen.« Tess schluckte. »Ich bin schwanger.«
Mit offenem Mund sah Anne sie an. »Wie bitte? Benutzt du denn kein Kondom?«
»Wieso, du hältst doch auch nicht an jeder roten Ampel.« Es war Tess deutlich anzusehen, wie sie Annes Überraschung genoss. »War nicht geplant, doch jetzt finde ich es wahnsinnig aufregend. Marc wünscht sich Kinder. Und ich, naja, ich kann ja nicht jedes Mal Mozart auflegen, wenn ich meinen Moralischen habe. Mit dem Schnapstrinken ist es jetzt natürlich auch vorbei.« Anne umarmte Tess stürmisch. »Glückwunsch! Ich freue mich so! Dann bekommen wir unsere Kinder ja fast zur selben Zeit! Ist ja krass. Da kann sich Frau Landmann schon mal warm anziehen. Wir haben übrigens eine größere Wohnung gefunden, mit genug Platz für ein Atelier und ein Gästezimmer. Ihr könnt jederzeit bei uns übernachten.«
»Das Eigenheim ist vom Tisch?«, fragte Tess.
Erleichtert hob Anne die Hände. »Kein Eigenheim. Wir wollen unser Leben genießen, jeden einzelnen Tag.«
»Und deine Schwiegereltern? Heulen die jetzt?«
Anne dachte kurz an Mutti. Auch sie war auf eine Reise gegangen. Nachdem sich Joachim – für sie wie aus heiterem Himmel – abgenabelt hatte, war sie in eine tiefe Krise geraten. Anne hatte ihr einen Yogakurs empfohlen. Seitdem atmete sie eeeeeein und aaauuus und entdeckte jeden Tag ein neues Hobby. Zurzeit begeisterte sie sich fürs Töpfern.
»Es geht ihnen gut«, antwortete Anne. »Wann soll ich eigentlich mit meiner Rede anfangen?«
Tess sah auf die Uhr. »Warte noch ein bisschen, so zwei Minuten. Die Leute zerreißen sich alle das Maul über den Skandal. Die müssen erst mal ablästern, bevor sie sich auf deine Bilder konzentrieren können.«
Das stimmte, überall im Raum wurde je nach Temperament laut geredet oder verstohlen getuschelt. Es war Stadtgespräch, dass der Seniorpartner einer angesehenen Kanzlei geheime Sexpartys veranstaltete, bei denen Frauen, und nicht nur Frauen, gewaltsam zu sadomasochistischen Praktiken gezwungen wurden. Klaus von Bernstorff und sein Kompagnon, ein gewisser Robert Müller-Ellmann, waren in einer spektakulären Polizeiaktion verhaftet worden – bei einer Party in einer gewissen Villa, wo man jede Menge DVDs mit belastendem Material gefunden hatte.
»Du hast Ramon nicht nur ausgeatmet, du hast ihn ausgespuckt«, lächelte Anne. »Alle Achtung, das war mutig.«
»Du hättest sein Gesicht sehen sollen!« Tess schob energisch das Kinn vor. »Der dachte doch tatsächlich, ich rutscheauf Knien zu ihm zurück, als ich Anfang der Woche bei dieser dämlichen Blue-Monday-Party aufkreuzte. Er konnte ja nicht ahnen, dass ich nur da war, um seinen Abgang nicht zu verpassen. Die Party war in vollem Gange, im Ballsaal und im Folterkeller, als die Jungs vom Einsatzkommando reinrauschten. Mann, war das schön!«
Schaudernd dachte Anne an den Fürsten der Finsternis. »Und von Bernstorff, war der auch da?«
»Aber wie«, schnaubte Tess. »Der hatte sich gerade ein blutjunges Mädel vorgenommen, das überhaupt nicht wusste, wie ihm geschah. Und dann – klickten die Handschellen! Aber diesmal waren es Handschellen von der Polizei. Ich war dabei, als sie den Raum mit den ganzen Monitoren aufbrachen, wo Ramon die Videos speicherte. So ein Ekel. Er und von Bernstorff haben im großen Stil die Gäste erpresst.«
»Und die arme Leila. Aber du hast den Kerlen das Handwerk gelegt, ich bin stolz auf dich!«
Marc schnürte heran, mit seinem unwiderstehlichen Tigergang. »Spricht hier jemand von meiner wunderbaren Tess?«
Er begrüßte sie mit einem wilden Kuss. Die Anziehungskraft zwischen den beiden war mit Händen zu greifen.
»Ich lass euch mal allein«, sagte Anne und winkte Oma Brownie zu, die gerade das Foyer der Bankzentrale betrat.
Etwas wackelig vor Aufregung, aber mit federleichten Schritten durchquerte Anne den Raum. Alles hatte sich gefügt. Noch nie war sie so innig vertraut mit Joachim gewesen, und dass Tess und Marc sich gefunden hatten, konnte man nur als einen Sonderservice des Universums bezeichnen.
Anne freute sich auf diese Ausstellungseröffnung. Sie freute sich auf das Kind, das
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