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Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)

Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)

Titel: Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Berg
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von Villa.
    Bemüht munter schwenkte er die mitgebrachte Brötchentüte. »Frühstück!«
    Damit war die Diskussion erst mal beendet.
    Der Tag verlief quälend langsam. Vor dem Date im Schlafzimmer, wenn es denn überhaupt stattfand, lagen die immer gleichen Sonntagsrituale. Sie frühstückten ausgiebig, machten einen Spaziergang zum Spielplatz und standen rechtzeitig zum Kaffeetrinken vor der Tür von Joachims Eltern. Daran gab es nichts zu rütteln: Sonntagnachmittags musste Anne ihre Schwiegereltern ertragen.
    Sie waren, nun ja, eigensinnig. Die Könige der guten Ratschläge. Die Weltmeister der Besserwisser. Was Anne im Gegensatz zu Joachim regelmäßig auf die Palme brachte. Aber schlimmer noch: Joachims Mutter »liiiebte« es zu backen. Leider verstand sie überhaupt nichts davon – Marmorkuchen mit Wasserstreifen, sandige Streuselkuchen und matschige Sahnetorten inklusive.
    »Da seid ihr ja!«, begrüßte Frau Westheimer senior ihre Gäste und sah ungehalten auf die Uhr. »Fünf Minuten zu spät.«
    »Danke, mir geht’s auch gut«, erwiderte Anne.
    Das war mal wieder typisch. Kein Sonntag ohne Vorwürfe und Ermahnungen. Und immer diese naturtrübe Stimmung, diese sterile Atmosphäre. Wenn Anne in die Wohnung ihrer Schwiegereltern kam, hatte sie das Gefühl, einen Operationssaal zu betreten. Alles war penibel aufgeräumt. Kein Stäubchen, nirgends. Nur kalte Perfektion. So wohnten Menschen, die ihre Gefühle rückstandslos abgetötet hatten. Wie die Bakterien, die sie dauernd mit irgendwelchen Desinfektionssprays bekämpften.
    Anne war ganz anders aufgewachsen, im kunterbunten, quicklebendigen Chaos einer Hippie-WG. Ihre Mutter hatte es mit dem Weltfrieden sehr genau genommen, mit Ordnungund Sauberkeit weniger. Diese Wohnung hingegen war so etwas wie ein Hygiene-Museum. Und ein Altar für den geliebten einzigen Sohn. Kein Zimmer, in dem einem nicht Joachims Konterfei von großformatigen Fotos entgegenlächelte. Joachim in allen Altersstufen, in allen Lebenslagen: als Kleinkind im Spielhöschen, als Erstklässler mit der Schultüte, als Zehnjähriger auf einem Pony, als Absolvent der juristischen Fakultät samt Urkunde.
    Anne und Lars suchte man vergebens auf den Fotos. Sie kamen einfach nicht vor.
    Joachim, der Wunderbare, der Unvergleichliche, hätte was Besseres haben können als Anne, davon war seine Mutter überzeugt. Wäre es nach ihr gegangen, hätte es mindestens eine Nobelpreisträgerin mit Modelmaßen und Kochdiplom sein müssen. Das ließ sie ihre Schwiegertochter auch spüren. Keiner dieser grässlichen Sonntagnachmittage verging ohne kleine Spitzen.
    »Du siehst aber gar nicht gut aus, Anne«, legte Joachims Mutter prompt los, als sie sich an den Tisch gesetzt hatten. »Rot steht dir nun gar nicht, so blass und abgespannt, wie du bist. Joachim braucht eine Frau, mit der er repräsentieren kann. Fehlt dir was?«
    Ja, dachte Anne, Sex. Und eine Schwiegermutter, die nicht dauernd auf meinen Gefühlen rumtrampelt.
    »Ist wohl die Frühjahrsmüdigkeit«, nuschelte sie, den Mund voller penetrant süßer Dosenpfirsiche. Joachims Mutter hatte sie auf einen brettharten Hefeteig gepappt und mit Sprühsahne verziert. »Tarte Chantilly« nannte sie diese Kreation.
    Joachim zwinkerte Anne neckisch zu. Nun sei doch nicht so, sagten seine Augen. Heute Abend …!
    Aber Joachims Mutter, die Anne seit ihrer Hochzeit Mutti nennen musste, ließ nicht locker. »Stimmt alles bei euch? Muss ich mir wegen irgendwas Sorgen machen?«
    Anne warf einen schnellen Blick auf Lars, der gebannt auf seinen Nintendo schaute und kleine, grüne, piepsende Wesen ins Jenseits kickte. Gottlob bekam er nichts mit von dieser nervtötenden Befragung.
    »Nein, nein, alles in Ordnung«, versicherte Joachim. »Wir sparen übrigens auf ein Haus. Alles läuft bestens in der Kanzlei. Spätestens in zwei Jahren haben wir ein Eigenheim, mit einem großen Garten für Lars.«
    »Vergesst nicht ein schönes, geräumiges Gästezimmer«, mischte sich Joachims Vater ins Gespräch, ein ehemaliger Prokurist, der in kotbraunen Strickwesten herumlief und den Muff einer ungelüfteten Krämerseele verbreitete. »Mindestens zwanzig Quadratmeter, besser wären dreißig. Dann können wir immer das Wochenende zusammen verbringen.«
    Anne stöhnte innerlich auf. Das klang nach einem Ticket in die Hölle. Reichte es denn nicht, dass sie Sonntag für Sonntag diese Kaffeetafeln durchstehen mussten? Und überhaupt. Wilde Sexspiele, Wand an Wand mit den

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