Gib's mir, Schatz!: (K)ein Fessel-Roman (German Edition)
Student, der sich etwas dazu verdiente. Er schrubbte die Stelle, wo die beiden Frauen stritten, besonders hingebungsvoll. Schließlich bekam man so eine Szene nicht alle Tage geboten: Auftritt der Kampfhennen! Zickenkrieg!
Auch die Gäste nahmen lebhaften Anteil an dem heftigen Streit. Ringsum an den Tischen verstummten die Gespräche. Aber den besten Platz hatte eindeutig der blutjunge Barmann. Er lehnte sich weit vor, um kein Detail zu verpassen.
»Was ist?«, fuhr Anne ihn an.
Beim Lauschen ertappt, machte er einen Schritt beiseite. »Äh, hallooo, kann ich euch was zu trinken bringen? Einen lecker Prosecco vielleicht?« Er sprach es »Prossetscho« aus.
»Ich glaub, ich brauch einen Schnaps«, ächzte Tess. »Meine Freundin hat irgendwas genommen, ich weiß bloß noch nicht, was.«
»Du kippst dir jetzt auf keinen Fall einen hinter den Kürbis!«, widersprach Anne, um sich gleich darauf den Barmann vorzunehmen: »Und du Komiker machst den Abflug, aber dalli!«
Eingeschüchtert huschte er davon. Annes Wut steigerte sich unaufhörlich. Sie ballte die rechte Faust und fuchtelte damit vor dem Gesicht von Tess herum. »Was du getan hast, ist unentschuldbar! Hörst du?«
Tess erholte sich nur langsam von ihrem Schock. Verständnislos sah sie erst die Faust, dann Anne an, die vor Zorn bebte und so wirkte, als schrecke sie selbst vor Tätlichkeiten nicht zurück.
»Komm mal runter«, sagte sie. »Erzähl mir lieber, worum es sich eigentlich dreht, bevor du mir eine reinhaust und das ganze Lokal gleich mit zerlegst.«
Anne stemmte die Hände in die Hüften. »Ich hatte mal eine Freundin. Dachte ich jedenfalls. Aber du musstest ja unbedingt die Puffmutter spielen und mich verkuppeln. Hast Marc verraten, wo ich arbeite, und – katschäng! – schlägt er in der Praxis auf. Mit roten Rosen! Und zwar genau in dem Moment, in dem Joachim mir ebenfalls rote Rosen überreichen will. Das ist meine Version. Jetzt bist du dran!«
»O Gott.« Tess schlug die Hände vors Gesicht.
Aber das reichte Anne nicht. Mit beiden Händen rütteltesie an den Schultern ihrer Freundin. »Du bringst meine Ehe in Gefahr, ist dir das eigentlich klar? War eine superknappe Kiste! Joachim dachte sogar, ich hätte mir die Strapse extra für Marc zugelegt!«
»O Gottogott.« Kraftlos sank Tess in sich zusammen. So, als hätte sie auf einmal keine Knochen mehr.
»Es gibt nur eine einzige andere Frau, die mich jemals so gemein hintergangen hat!«, rief Anne. »Warte mal, wie war noch ihr Name? Ich weiß nur noch, dass ich sie seitdem abgrundtief hasse. Ach, jetzt fällt’s mir ein: Sie heißt Mutti .«
Natürlich war Tess über Annes Dauerclinch mit ihrer Schwiegermutter im Bilde. Umso entsetzter war sie, mit dieser Giftspritze in einen Topf geworfen zu werden.
»Das ist gemein«, schluchzte sie. »Das hab ich nicht verdient.«
»Wo ist der Unterschied?«
Tess wischte sich eine Träne von der Wange. »Es war alles total harmlos, ehrlich. Gestern hat mich Marc beim Sport angehauen, ob ich ihm deine Handynummer geben kann. Hab ich abgeschmettert, was denn sonst? So bescheuert bin ich nun auch wieder nicht.«
»Wie man’s nimmt.«
»Jedenfalls ließ Marc nicht locker. Die Tresentante im Fitnessstudio hatte ihm schon deinen vollen Namen verraten. Fressen ihm ja alle aus der Hand, die Mädels. Ich sagte ihm nur, dass du verheiratet bist und bei einem Urologen arbeitest. Das ist alles.«
»Es gibt mindestens zwanzig Urologen in dieser Stadt! Du willst doch wohl nicht behaupten, dass er alle zwanzig Praxen abtelefoniert hat und …«
Anne brachte den Satz nicht zu Ende. Schlagartig wurde ihr klar, dass Marc genau das getan hatte.
»O Gottogottogott«, ächzte Tess.
»Kannst du bitte mal aufhören mit deinem Ohgottogott?«
Dabei wusste Anne ja selbst nicht, was sie sagen sollte. Noch nie hatte ihr ein Mann derart hartnäckig nachgestellt. Es war ein ganz kleines bisschen schmeichelhaft, allerdings, wie man gesehen hatte, auch brandgefährlich.
Tess rieb sich die Oberarme. »Mann, du hast einen stahlharten Griff. Wie ein Profi-Ringer. Ich dachte schon, du kugelst mir die Schulter aus. Wie wär’s übrigens mit einer Entschuldigung?«
Der überraschende Stimmungswechsel war Anne nicht gut bekommen. Sie musste sich am Tresen festhalten, so schwindelig war ihr plötzlich. Noch immer schoss das Adrenalin in Höchstgeschwindigkeit durch ihre Adern, ihr Herz schlug wie wild, ihre Beine waren weich wie Daunen.
»Tschuldigung«, hauchte sie.
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