Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
dazuholen – sie ist der Physiker.«
»Das hatte ich erwartet.«
»Und dann?«
»Was meinst du?«
»Und was passiert dann, wenn wir dieses Zeugs identifiziert haben?«
»Dann gehe ich ins Leichenschauhaus und schneide es heraus.«
»Nett. Und wie willst du das hinkriegen?«
»Ich habe mich schon als Wus ›nächster Angehöriger‹ eingeführt, die Leute warten nur darauf, dass ich den Leichnam abhole. Das wird ein Kinderspiel.«
Ein langes, keuchendes Lachen erklang im Handy. »Mein Gott, Gideon, du bist schon eine Nummer, weißt du das?«
»Halt dich einfach bereit. Ich habe keine Zeit zu verlieren.«
Er legte auf und wählte Orchids Nummer. Hoffentlich freute sie sich, dass er die »Schwierigkeiten«, in denen er steckte, fast hinter sich gebracht hatte, und sich mit ihr treffen wollte. Wenn nicht morgen, dann sicherlich übermorgen.
Orchid hatte ihr Handy ausgeschaltet.
Er lehnte sich im Sitz zurück – und dachte verbittert, dass sie wohl bei einem Kunden war.
53
»Schönen guten Tag auch von mir«, sagte O’Brien und schaute zu, wie Gideon, wie üblich ohne anzuklopfen, die Wohnung betrat.
»Ist das der Typ, von dem du mir erzählt hast?«, fragte Epstein, halb sitzend, halb liegend auf einem kleinen Sofa, missgelaunt, weil sie zu so später Stunde aus dem Bett geholt worden war. Die Haare standen ihr wüst vom Kopf ab, und sie war besonders übellaunig, weil sie, wie O’Brien merkte, mit etwas ganz anderem gerechnet hatte, als er sie mitten in der Nacht anrief. Sie war immer bereit für eine gute Nummer, das musste man ihr lassen.
»Gideon, darf ich vorstellen, Epstein. Epstein, Gideon.«
»O’Brien hat dich Sadie genannt«, sagte Gideon und schüttelte ihr die Hand, die sie ihm schlaff hinhielt.
»Jeder, der mich Sadie nennt«, sagte sie gedehnt und schläfrig, »kriegt was auf die Löffel. Ich hoffe, die Sache ist wichtig.«
»Sehr wichtig sogar«, sagte O’Brien und begann das Lügenmärchen aufzutischen, das er sich ausgedacht hatte. »Du erinnerst dich sicherlich an diese Zahlen, die ich dir gegeben habe? Also, wir haben Röntgenbilder von diesem Schmuggler in Händen, er wurde in einen Unfall verwickelt, aber um durch den Zoll zu kommen, hatte er irgendwelche Schmuggelware in seinem Bein versteckt …«
Epstein schnitt ihm mit knapper Geste das Wort ab und wandte sich zu Gideon um. »Erzähl du mir, worum es bei der Sache geht.«
Gideon blickte sie an. Er sah dermaßen kaputt aus, dass er sie bestimmt nicht anlog. »Zu deiner eigenen Sicherheit ist es besser, du weißt von nichts.«
Sie wedelte mit der Hand. »Wie auch immer. Legen wir einfach los.«
Tom O’Brien rieb sich vor Aufregung die Hände. Eine Intrige, herrlich. »Zeig mal die Röntgenbilder.«
Gideon zog sie unter seinem Hemd hervor. O’Brien räumte einen kleinen Tisch frei, legte die Aufnahmen darauf und knipste eine Lampe an. Nach einem Augenblick erhob sich Epstein und beugte sich aus ihrer sitzenden Position über den Tisch. Sie warf einen Blick auf die Bilder und setzte sich wieder zurück. »Igittigitt.«
»Rekapitulieren wir«, sagte O’Brien und rieb sich wieder die Hände. »Der Mann hat irgendetwas in seinem Bein stecken, ein Stück Metall oder so, außerdem hat er die Verhältnisse der einzelnen Elemente auswendig gelernt, aus denen es besteht. Für die hält Epstein nämlich diese Zahlenreihe, die du uns gegeben hast. Richtig?«
Sie nickte.
»Gut. Jetzt haben wir also ein paar Röntgenaufnahmen und müssen herausfinden, bei welchem dieser Teile oder Stücke es sich um das Gesuchte handelt. Willst du dir die Aufnahmen näher ansehen, Epstein?«
»Nein.«
»Und wieso nicht?« O’Brien wurde langsam ärgerlich.
»Weil ich keine Ahnung habe, wonach ihr sucht. Handelt es sich um eine Legierung? Ein Oxid? Irgendeine andere Verbindung? Jede würde auf Röntgenstrahlen jeweils anders reagieren. Es könnte alles sein.«
»Na, für was hältst du es denn? Du bist hier doch der Festkörper-Physiker.«
»Wenn ihr beiden Kasper mir erzählen würdet, was hier läuft, könnte ich vielleicht ja mal raten.«
O’Brien seufzte und sah Gideon an. »Sollen wir es ihr sagen?«
Gideon schwieg einen Moment. »In Ordnung. Aber es handelt sich um eine Geheiminformation – und es würde dein Leben in Gefahr bringen, wenn andere herausfänden, dass du davon weißt.«
»Verschone mich mit diesem Spionage-Quatsch. Ich verrate schon nichts, außerdem würde mir sowieso niemand glauben. Sag’s mir
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