Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
einfach.«
»Seit einigen Jahren«, sagte Gideon, »arbeiten die Chinesen an einem Top-Secret-Projekt in einer ihrer Nuklearanlagen. Die CIA glaubt, dass es sich um irgendeine Art neue Waffe handelt, aber was ich erfahren habe, stimmt damit nicht überein. Stattdessen scheint es sich um irgendeine Art technologische Entdeckung zu handeln, die angeblich China in die Lage versetzt, den Rest der Welt zu dominieren.«
»Klingt unwahrscheinlich«, sagte Epstein. »Aber sprich weiter.«
»Ein chinesischer Wissenschaftler hat diese geheime Information in die Vereinigten Staaten eingeschmuggelt – nicht, um sie uns zu geben, sondern aus anderen Gründen.«
Epstein hatte sich endlich aufgesetzt und zeigte ein gewisses Interesse. »Und handelt es sich bei dieser Geheiminformation um das Objekt, das in seinem Bein steckt?«
»Genau. Das Geheimnis besteht aus zwei Teilen: aus dem Objekt in seinem Bein und den Zahlen, die wir dir gegeben haben. Wie du vermutlich erraten hast, gehört beides zusammen. Man kann das eine nicht ohne das andere lösen. Der Wissenschaftler ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Das hier sind die Röntgenbilder aus der Notaufnahme.«
Epstein betrachtete die Röntgenaufnahmen mit neu erwachtem Interesse. »Die Nummern lassen darauf schließen, dass wir es mit einem Verbundwerkstoff aus mehreren komplexen chemischen Verbindungen oder Legierungen zu tun haben.« Sie drehte sich zu O’Brien um. »Hast du ein Vergrößerungsglas?«
»Ich habe eine Juwelierlupe.« O’Brien kramte in einer Schublade und fischte sie schließlich heraus. Er warf einen Blick aufs Glas, verzog das Gesicht und wischte es am Hemdzipfel sauber, bevor er die Lupe Epstein reichte.
Sie klemmte sie sich in die Augenhöhle, beugte sich abermals über die Röntgenbilder und begutachtete die kleinen weißen Partikel. »Er ist echt übel zugerichtet. Seht euch mal den ganzen Mist in seinem Bein an.«
»Es war ein übler Unfall«, sagte Gideon.
Langsam ging sie ein Teilchen nach dem anderen durch. Die Minuten verstrichen. Nach einer, wie es schien, endlosen Zeit wechselte sie zur zweiten Aufnahme über, dann zur dritten. Fast augenblicklich hielt sie inne, untersuchte im Besonderen ein Partikel. Sie betrachtete es lange, dann richtete sie sich auf und ließ die Lupe aus dem Auge fallen. Sie strahlte übers ganze Gesicht – eine derart vollständige Wandlung, dass O’Brien unwillkürlich einen Schritt zurücktrat.
»Was ist es?«, fragte er.
»Unfassbar«, hauchte sie. »Ich glaube, ich weiß, womit wir es zu tun haben. Plötzlich ergibt alles einen Sinn.«
»Was ist es?«, fragten beide Männer gleichzeitig.
Sie lächelte breit. »Wollt ihr das wirklich wissen?«
»Nun mach schon, Epstein, keine Spielchen.« O’Brien sah, dass ihre Augen funkelten. Er hatte sie noch nie so erregt gesehen.
»Es ist nur eine Vermutung, aber eine
begründete.
Die einzige Antwort, die zu den Fakten passt, von denen ihr mir erzählt habt – und zu diesem sonderbaren Etwas, das ich auf dem Röntgenbild erkenne.«
»Was ist es?«, fragte O’Brien wieder, drängender.
Sie reichte ihm die Lupe. »Seht ihr das Objekt dort, dasjenige, das wie ein kurzes, gebogenes Stück Draht aussieht?«
O’Brien beugte sich vor und betrachtete es. Es war ungefähr neun Millimeter lang, ein mittelkalibriges Stück Draht, unregelmäßig gebogen.
»Sieh dir mal die Enden des Drahts an.«
Er betrachtete die Enden. Zwei schwarze Schatten mit diffusen Enden. »Ja?«
»Diese Schatten? Das sind Röntgenstrahlen, die aus den Enden des Drahts austreten.«
»Was bedeutet …«
»… dass der Draht auf irgendeine Weise die Röntgenstrahlen absorbiert und kanalisiert oder durch seine Enden umgeleitet hat.«
»Und?« O’Brien blickte auf und nahm die Lupe in die Hand.
»Es ist beinahe unglaublich. Ein Material, das Röntgenstrahlen einfangen und kanalisieren beziehungsweise bündeln kann. Mir fällt nur ein Material ein, das möglicherweise dazu imstande ist.«
O’Brien wechselte einen Blick mit Gideon.
Epstein lächelte verschmitzt. »Ich möchte eure Aufmerksamkeit auf den Umstand lenken, dass es sich um einen
Draht
handelt.«
»Mann, Epstein«, rief O’Brien. »Bei dir kriegt man noch einen Nervenzusammenbruch! Was soll denn an einem Draht so besonders sein?«
»Was ist die Funktion eines Drahts?«, fragte sie.
O’Brien holte tief Luft und blickte erneut zu Gideon. Er wirkte ebenso ungeduldig, wie O’Brien sich fühlte.
»Drähte leiten
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