Gier
vorn beginnen. Wo ist was los in Melbourne? Ich möchte die Namen der Orte. Denk jetzt sorgfältig nach.«
»Ich weiß nicht«, sagte der Fahrer. »Ich fahre nur Teilzeit.«
Bauer schüttelte den Kopf vor Ekel. »Du bist Student? Ich nehme an, du läßt dich vom Staat unterstützen? Ich nehme an, du wirst auch hierbleiben, wenn dein Visum abgelaufen ist? Du machst mich krank.« Er setzte sich zurück und zeigte nach vorn. »Los. St. Kilda.«
Er gab vor, schläfrig zu werden. Der Fahrer reihte sich wieder in den Verkehr ein und fuhr durch die Stadt. Als sie in St. Kilda waren, Fitzroy Street Ecke Esplanade, sagte Bauer: »Ich werde den Rest zu Fuß gehen.«
Er zahlte den Preis und zwanzig Dollar extra, sagte: »Du wirst nichts unternehmen. Du wirst das Geld nehmen und deine Klappe halten.« Er griff nach seiner Tasche auf dem Rücksitz, stieg aus und blieb abwartend auf dem Bürgersteig stehen.
Der Fahrer saß da, den Motor im Leerlauf. Dann öffnete er die Tür, setzte ein Bein auf den Bordstein, das andere ließ er im Taxi, und rief Bauer mit schriller Stimme zu: »Deine Schwester macht’s mit Negern.« Dann sprang er zurück auf den Sitz und fuhr mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Luna Park.
Bauer zuckte die Achseln. »Hab keine Schwester.«
Er zog den Riemen seiner Tasche über die Schulter und lief die Fitzroy Street entlang. Palmen, Rasenflächen und Bürogebäude auf der gegenüberliegenden Straßenseite, italienische Bistros, Eissalons, Buchhandlungen und Fußgänger auf dieser Seite. Junkies und Betrunkene blinzelten in die Wintersonne.
Er bog in eine Seitenstraße und begann den Aufstieg zu seinem mit Mauern umgebenen Haus. Er wohnte nicht gern in St. Kilda, aber er hatte keine Wahl. Das Syndikat in Sydney wollte ihn in der Nähe seiner Melbourner Quellen haben, seiner Clubs und anderer vordergründiger Aktivitäten, seiner Dealer und Spielsalons. Nicht, daß er viel zu tun hatte, er sollte nur sicherstellen, daß Leute wie Ivan Younger ihre Finger nicht in die Kasse steckten, jemandem Angst einjagen, wenn er sich aufspielte, und mit den Wocheneinnahmen nach Sydney fliegen.
Das Schlimmste war, mit Gesindel zu arbeiten. Er traf Sugarfoot vor dem Eingangstor an, das fleischige Gesicht perplex, während Placida laut über die Sprechanlage schimpfte.
Zehn
Sugarfoot grüßte mit einem Kopfnicken, spielte den Coolen, ließ Bauer wissen, daß er nicht beeindruckt war. Er nahm die dunklen Cordhosen wahr, den gerippten blauen Pullover unter der kurzen Lederjacke, das blasse Haar, raspelkurz geschnitten, die Furchen, die wie Risse in Bauers hohlen Wangen saßen.
Aber Bauer beachtete ihn nicht, tippte einen Zahlencode in eine Tastatur neben der Sprechanlage. Das elektrische Schloß öffnete sich. Bauer sagte: »Bitte, treten Sie ein, mein Freund.«
Beinahe hätte Sugarfoot höhnisch gegrinst. Bauer sah unberechenbar aus, bis man den albernen Akzent hörte. »Danke«, sagte er und betrat den Vorgarten.
Er ließ Bauer auf dem gepflasterten Pfad bis zur Haustür vorangehen. Sie war schlicht und solide, ohne Klopfer oder Klingel, statt dessen ebenfalls mit einer Tastatur ausgestattet. Eine kaum spürbare Bewegung, er sah hoch. Eine Kamera war auf ihn gerichtet. Er warf einen Blick auf die Fenster neben der Tür. Sie waren verriegelt, aber Sugarfoot hätte wetten können, daß es auch da irgendwo elektronische Augen gab. In dieser Beziehung war Bauer wahrscheinlich wie Ivan – er hatte einen verschwenderischen Sinn für Sicherheit und Überleben. »Nettes Zuhause«, sagte er. Bauer ignorierte ihn und gab einen Nummerncode ein. Die Haustür klickte auf, er trat zurück und sagte wieder: »Bitte, treten Sie ein, mein Freund.«
Sugarfoot betrat das Haus. Der Flur war kalt und roch nach Möbelpolitur. Er hatte kaum zwei Schritte gemacht, als er das Geräusch von Krallen auf dem Holzboden vernahm und ein Hund aus dem Schatten auftauchte. Das Tier duckte sich, völlig lautlos und beobachtete ihn. Sugarfoot hielt den Atem an. Neben vielen anderen Dingen hatte Ivan ihn vor Bauers Kampfhund gewarnt, ein rhodesischer Ridgeback. Instinktiv rutschte seine Hand unter den Mantel.
»Nicht bewegen«, sagte Bauer sanft. Dann schärfer: »Runter!«
Sugarfoot wollte in die Hocke gehen.
»Nicht Sie«, sagte Bauer, dann sah Sugarfoot den Hund flach und ergeben auf dem Fußboden liegen.
»Kein schlechter Hund«, sagte Sugarfoot.
Bauer sah ihn einen Moment ausdruckslos an, und Sugarfoot fragte sich, ob er den Mann damit
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